Kunstherbst München

Tafelzier im Messeherbst

Auf unserem Rundgang durch die Münchener Messen blicken wir heute auf die klassischen Sammelgebiete des alten Kunsthandwerks wie Silber, Porzellan, Fayence, Glas und Vitrinenobjekte des 18. Jahrhunderts

Von Gloria Ehret
25.10.2016

Edle schimmernde Silbergegenstände sind nicht nur als Tafelzier unübertroffen. Auf den Highlights präsentiert die Spezialistin Dr. Eva Toepfer frühes deutsches Sammler-Silber, darunter eine reich verzierte vergoldete Augsburger Schraubflasche von Johann Jebenz um 1689/92. Auch bei den Generalisten Peter Mühlbauer oder Christian Eduard Franke gehört kostbares Silbergerät zum festen Programm. Bei Franke verdient ein ungewöhnlich großer, aufwendig dekorierter feuervergoldeter Kulmbacher Deckelpokal, des Meisters „EB“ (wohl Elias Behringer) aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (34.500 Euro) besondere Aufmerksamkeit. Im Postpalast baut  Roderich Pachmann ein veritables Silberbüffet mit einer Anzahl vergoldeter Münzhumpen auf. Der Silberspezialist Peter Rauch hat sich ganz der historischen Tafelzier verschrieben. Er verweist auf seine schön gravierte Augsburger Empire-Kaffeekanne mit Innenvergoldung des Christian Gottlieb Schu(h)mann II (4800 Euro).

 

 

Schraubflasche, Augsburg 1689-1692, Meisterzeichen Johann Jebenz, Silber, teilvergoldet, H.14,5cm (Foto: Kunsthandel Dr. Eva Toepfer, Luxemburg)
Schraubflasche, Augsburg 1689-1692, Meisterzeichen Johann Jebenz, Silber, teilvergoldet, H.14,5cm (Foto: Kunsthandel Dr. Eva Toepfer, Luxemburg)

August der Starke war der „maladie de porcelaine“ regelrecht verfallen. Er sammelte nicht nur ostasiatische Porzellane, sondern setzte alles daran, in seinem Herrschaftsgebiet Sachsen selbst Porzellan zu produzierten. Er gründete die Meissener Manufaktur, deren Erzeugnisse früher als Statussymbole an den Höfen Europas präsent waren und bis heute in alle Welt gehen.
Die Porzellanexpertin Friedel Kirsch (Langeloh) bereichert die Highlights um ihre durchwegs museale Porzellanofferte. Dazu gehört eine Meissener Kakiemon-Schale um 1730 aus dem Besitz Augusts III., die exakt nach einem japanischem Vorbild gefertigt worden ist. Die zarte Bemalung zeigt die fernöstlichen Symbole des langen Lebens. Das äusserst seltene eingeschnittene AR-Monogramm neben der emailblauen Schwertermarke verweist auf das Jahr 1734 (60.000 Euro). Ansonsten sind es vielfach die kleinen Manufakturen, die oft nur kurze Zeit bestanden haben, deren Erzeugnisse Sammlerherzen höher schlagen lassen. Nur 151 Ottweiler Porzellane waren bisher bekannt, nun sind es 154! Eine kleine Sensation: denn Friedel Kirsch offeriert drei Ottweiler Déjeuner-Teile um 1770. Sie stammen aus dem ehemaligen Besitz Ludwigs von Nassau Saarbrücken und sind reich mit polychromen Szenen bemalt, die den Fürsten höchstpersönlich zu Pferd mit seinen Jagdhunden zeigen (65.000Euro).
Das Porzellanfieber hatte ganz Europa ergriffen. Und die europäischen Höfe übertrafen sich im 18. Jahrhundert gegenseitig, indem sie die an sich schon kostbaren Porzellanobjekte zusätzlich auch noch mit Goldbronze-Montierungen veredelten, wie ein Paar Sèvres-Potpourri-Vasen um 1770 (39.000 Euro) bei Gierhards in der Residenz zeigt.
Im Postpalast füllen Ewa & Rainer März ihre Contemp-Art-Vitrinen mit einer Vielzahl attraktiver Porzellane. Darunter fällt ein Paar zauberhafter Meissener Spargelterrinen um 1750 ins Auge, die ganz in der Manier der Schaugerichte, als Spargelbündel mit Schleifchen zusammengehalten sind (28.500 Euro). Fayence-Sammler aufgepasst: Beim Krüge-Spezialisten Herold Neupert fällt ein prächtiger melonenförmiger, vertikal godronierter Habaner Fayencekrug um 1680 mit leuchtend ockergelber Schaffeuerfarbe und Silbermontierung ins Auge (7.900 Euro, Postpalast).
Esch (Düsseldorf) bespielt zusammen mit Peter Mühlbauer  einen Gemeinschaftsstand bei den Highlights, den er vor allem mit seinen dekorativen Fayence-Schaugerichten des 18. Jahrhunderts bestückt (Residenz). Zur Messe erscheint sein „Bestiarium“-Katalog, aus dem ein herrliches Straßburger Wildschwein (18.000 Euro) auf der Messe ebenso Liebhaber anlocken wird wie ein zartgliedriges Sintenis-Bronze-Pferd (10.500 Euro). Zudem sind bei Esch japanische Exortlackarbeiten aus dem 17. Jahrhundert zu bestaunen.

Birnkrug aus Goldrubinglas, Böhmen, um 1700, H. 19cm, (Foto: Sylvia Kovacek, Wien)
Birnkrug aus Goldrubinglas, Böhmen, um 1700, H. 19cm, (Foto: Sylvia Kovacek, Wien)

Unverständlich, dass altes Glas, das Jahrhunderte lang zu den klassischen Sammelgebieten zählte, gegenwärtig auf wenig breites Interesse stößt. Um so verdienstvoller, dass sich die Wiener Galerie Kovacek neben Gemälden konsequent diesem Sammelgebiet widmet: Als Highlight für die Highlights hat sie einen böhmischen Goldrubinglas-Birnkrug mit wohl Nürnberger Vermeilmontierung um 1700 ausgewählt (18.000 Euro). Glas des 20. Jahrhunderts, auch aus Murano, ist häufiger anzutreffen.
Unter Tom Tavcars verführerischen Vitrinenobjekten des 18. Jahrhunderts ragen eine deutsche Gold-Tabatiere mit der Schlacht auf der Milvischen Brücke und weiteren Kampfszenen in Perlmutt à cage (28.500 Euro) und sechs, van Blarenberghe zugeschriebene Miniaturen mit Ansichten, Architektur- und Marinedarstellungen in Mischtechnik auf Papier vom Ende des 18. Jahrhunderts (8800 Euro) heraus .Vitrinenobjekte sind die Domäne von Dr. Birbaumer& Eberhardt sowie von Josip Kutnjak (alle Postpalast).

Service

Abbildung oben:

Teile eines Dejeuners, Ottweiler um 1770 (Foto: Langeloh Procelain, Weinheim)

Messen:

Kunst & Antiquitäten, Postpalast, München, 22. bis 30. Oktober

Highlights – Internationale Kunstmesse, München, Residenz, 26. bis 30. Oktober

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