Kunstherbst München

Skulpturen und Kunstkammerobjekte im Messeherbst

Auf unserem Rundgang durch die Münchener Messen blicken wir heute auf Skulpturen und Kunstkammerobjekte. Sowohl im Postpalast als auch in der Residenz pflegen die Aussteller der „Kunst & Antiquitäten“ und der „Highlights“ die alte Kunst und das Handwerk in feinsten Ausführungen

Von Gloria Ehret
18.10.2016

Eine Reihe österreichischer Händler auf der „Kunst & Antiquitäten“ im Postpalast hat sich entgegen dem Trend der älteren Kunst und den klassischen Antiquitäten verschrieben. Der Allrounder Markus Strassner aus Schärding etwa verweist auf eine ganze Sammlung gotischer Skulpturen zu Preisen zwischen 10.000 und 40.000 Euro.

Bei den Highlights sind frühe Kunstkammer-Objekte am Gemeinschaftsstand der Kunstkammer Georg Laue mit der Kunsthandlung Dr. Julius Böhler und dem New Yorker Partner Tony Blumka vereint. Ein kunstvoll aus Knochen, Edelholz- und Zinneinlagen gearbeiteter Kamm aus dem Frankreich des 16. Jahrhunderts könnte aus dem berühmten Pommerschen Kunstschrank stammen (38.000 Euro, Blumka). Wohl von Frans van Bossuit stammt ein Paar Elfenbein-Reliefs mit Bathseba im Bad sowie Lot und seinen Töchtern aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts (250.000 Euro). Die typische Mechelner Figur eines zauberhaft vollrund geschnitzten, segnenden Jesuskindes mit leicht geöffneten roten Lippen um 1500, das den Betrachter direkt anblickt. trägt auf dem Sockel die Umschrift „SALVA NOS OMNES SALVATOR MUNDI“ (35.000 Euro, beide Florian Eitle-Böhler). Augsburg war im 17. Jahrhundert das Zentrum für Silbermöbel und kostbare Kistlerarbeiten. Georg Laue offeriert eine unglaublich reich gestaltete höfische Hochzeitsschatulle, die als Gemeinschaftsarbeit des Kistlers Heinrich Eichler d.Ä. und dem Goldschmied Johann Andreas Thelot um 1685/95 in Schildpatt, Elfenbein, Silber und mit Gemälden geschmückt, entstand. Ein prachtvoll geschnitzter Elfenbeinhumpen verfügt über eine feuervergoldete Silbermontierung des Berliner Goldschmieds Johann Jacob Staude um 1680 (Abb.). Troger-Figuren, deren Körper aus Elfenbein mit Gewändern aus Holz geschnitzt sind, wurden zum Gattungsbegriff. „Echte“, wie der „Heilige Hieronymus“ um1730/40, den Laue offeriert, erkennt man an der virtuosen Qualität und dem reichen Anteil an Elfenbein im Verhältnis zum Nussbaumholz. Denn der bayerische Kurfürst stellte seinem Hofbildhauer Simon Troger das exotische Elfenbein-Material zur Verfügung.

 

Johann Jacob Staude, Elfenbeinhumpen mit Silbermontierung, um 1680, H.20cm (Foto: Kunstkammer Georg Laue)
Johann Jacob Staude, Elfenbeinhumpen mit Silbermontierung, um 1680, H.20cm (Foto: Kunstkammer Georg Laue)

Christian Eduard Franke präsentiert ebenfalls bei den Highlights die erotisch angehauchte venezianische Bleifigur einer „Venus mit Amor“ mit originaler Lackpatina, die um 1600 wohl in der Werkstatt des Niccolò Roccatagliata entstanden ist (27.500 Euro). Einer der Brüder Georg oder Johann Brenck schnitzte um 1640 in Bad Windsheim das virtuose Lindenholz-Relief einer „Taufe Christi im Jordan“, dessen ebenfalls alte Patina es zu einem wahren Sammlerstück macht (18.500 Euro, V. Puch, Postpalast).

Museale Barock- und Rokoko-Plastiken sind die Domäne des Skulpturen-Spezialisten Dr. Rainer Jungbauer (Highlights). Heuer legt er seinen Schwerpunkt auf Skulpturen aus dem Wiener Kunstkreis. Dazu zählt ein Blei-Kruzifix aus der Werkstätte des Balthasar Ferdinand Moll (12.000 Euro), des Sohnes von Nikolaus Moll. In den 1750ern war er Akademie-Professor in Wien. Berühmtheit erlangte er durch die im Auftrag des Hofes und des Adels geschaffenen Grabmäler und Porträtplastiken. In unmittelbarem Bezug nicht nur zu den Habsburgern, sondern zum Kaiser selbst steht eine Alabaster-Büste von Leopold II. (1747–1792), Erzherzog aus dem Hause Habsburg-Lothringen, Großherzog von Toskana sowie 1790 bis 1792 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, König von Böhmen, Kroatien und Ungarn. (25.000 Euro).

Brigitte Martini verweist auf ihre ausdrucksstarke Marmorgruppe einer „Amazone“ von Carlo Fontana (18.000 Euro, Postpalast). Die Grenzen zur guten Volkskunst sind bei Schnitzarbeiten fließend, wie die Skulpturen bei Roderich Pachmann ebenflls im Postpalast veranschaulichen. Darunter befindet sich ein Tiroler „Callot-Zwerg“ mit originaler Fassung (6000 Euro) sowie ein alpenländischer Widderkopf aus dem 18. Jahrhundert (4500 Euro). Das blumenverzierte Tiroler Melchertrühlein aus dem 18. Jahrhundert mit originaler Farbfassung und Schublädchen im Inneren ist ein allerliebstes Zeugnis schönster sammelwürdiger Volkskunst (2300 Euro).

 

Service

Abbildung oben:

Frans van Bossuit zugeschrieben, „Bathseba im Bad“ und „Lot und seine Töchter“, Elfenbein, 2. Hälfte 17. Jh., angeboten von Julius Böhler Kunsthandlung auf der „Highlights“ (Foto: Julius Böhler Kunsthandlung)

Messen:

Kunst & Antiquitäten, Postpalast, München, 22. bis 30. Oktober

Highlights – Internationale Kunstmesse, München, Residenz, 26. bis 30. Oktober

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