Sammlung Hauser

Aus dem Vollen geschöpft

Der Unternehmer Erwin Hauser hat dem Lentos Kunstmuseum in Linz fast 3000 Werke überlassen. Damit transformiert er das Museum und stärkt die österreichische Kunstszene außerhalb Wiens. Eine Ausstellung gewährt erste Einblicke in die enorme Schenkung

Von Nina Schedlmayer
13.08.2025

Erwin Hauser hätte seine Kollektion anderen Museen vermachen können, sie wäre auch in größeren Häusern willkommen gewesen. Wieso hat er sich für das kleine Lentos, fernab der Kunstmetropole Wien entschieden? Hauser betont gern, dass er sein Unternehmen in Linz aufgebaut hat, dass in seiner Sammlung zahlreiche Künstlerinnen und Künstler aus Oberösterreich vertreten sind, neben Valie Export etwa Dietmar Brehm und Helmuth Gsöllpointner. Daher passe sie gut hierher. Zudem hätte sie, lässt sich hinzufügen, in einem Bundesmuseum mit extensiven Sammlungen eher more of the same als eine substanzielle Ergänzung geboten. Insofern lässt sich Hausers Entscheidung auch als starkes Zeichen für das Kunstgeschehen abseits von Wien deuten.

Im Lentos ist die Freude über das – laut Kuratorin Elisabeth Nowak-Thaller mit 16,5 Millionen Euro konservativ geschätzte – Konvolut naturgemäß riesig. Seit Langem engagierte sich Erwin Hauser im Freundesverein, auch als Vizepräsident. Nowak-Thaller erzählt: „Seit über zehn Jahren arbeiten wir sehr aktiv zusammen. Auch bei vergangenen Themenausstellungen konnten wir unkompliziert auf seine Sammlung zurückgreifen.“ Sie kannte die Bestände gut, hatte bereits öfter das Lager besichtigt: „Hier schlummerte eine riesige Sammlung im Verborgenen.“ Dabei fiel es nicht schwer, die Bestände in die des Museums zu integrieren: „Die Sammlung war bereits inventarisiert und digitalisiert. So konnten wir die Daten in unser Onlinearchiv übernehmen und schon jetzt alles öffentlich stellen.“

Zudem muss das Lentos keine neuen Depotflächen errichten: Es übernimmt das bestehende Magazin. Für dessen weiteren Betrieb stellen die Stadt Linz und die Republik Österreich eine Finanzierung bereit. Die Schenkung selbst erfolgt, vertraglich abgesichert, auf Hausers Todesfall – genau genommen ist dann die Stadt Linz Eigentümerin, das Lentos das dafür zuständige Museum. Aktuell hat die Kollektion den Status einer Dauerleihgabe. Dafür verpflichtet sich das Haus, wesentliche Bestände der Sammlung permanent zu zeigen. Zudem benannte es seinen großen Ausstellungsraum in „Erwin-Hauser-Saal“ um. Bis Oktober gibt eine Ausstellung erste Einblicke in den erfreulichen Zuwachs, 2026 wird die Kollektion wesentlich in die Neuhängung der Dauerausstellung einfließen. „Viele Museen machen lieber Wechselausstellungen“, sagt Direktorin Hemma Schmutz. „Unser Anspruch ist, dass immer auch – auf 1500 von 2500 Quadratmetern im Obergeschoss – die Sammlung zu sehen ist. Wir wollen dem Publikum ermöglichen, die Kunstgeschichte zu begreifen. Und je mehr Werke wir haben, um sie zu exemplifizieren, desto besser.“

Auch kann das Museum ab sofort mit einer weitaus höheren Anzahl an potenziellen Leihgaben aufwarten, ein großer Vorteil. „Wenn wir großzügig leihen, können wir das umgekehrt auch von den Leihnehmern erwarten“, erklärt Nowak-Thaller. „Das zeigen uns die sehr guten Erfahrungen, die wir mit internationalen Häusern gemacht haben. Für unsere Ausstellungen ist das sehr wichtig.“

Dass Erwin Hauser seine Werke überhaupt hergibt, ist auch seiner Tochter zu verdanken. Sie wollte von ihm wissen, was nach seinem Ableben damit geschehen solle. Einige seiner Bekannten hätten ihm, erzählt Hauser, vorgeworfen, dass er seinen Kunstschatz im Verborgenen hüte. Ganz stimmte das freilich nicht, in halböffentlichen Ausstellungen in seinem Bauernhaus bei Linz zeigte er immer wieder Werke. Einer größeren Öffentlichkeit war die Sammlung bis dato freilich unbekannt. Die Entscheidung zur Schenkung traf er mit Bedacht – aber nicht nur mit lachendem Auge. „Am Anfang habe ich schon ein wenig daran gekiefelt“, gibt er zu. Im Katalog spricht er gar davon, einen Nachmittag lang „wie ein Schlosshund“ geheult zu haben.

Wäre ein eigenes Museum eine Option gewesen? Häuser privater Sammler und Sammlerinnen sind fester Teil des internationalen Kunstgeschehens – traditionelle wie die Londoner Wallace Collection, die New Yorker Frick Collection und die Baseler Fondation Beyeler oder neuere Gründungen wie das Museum Barberini in Potsdam oder in Österreich die Wiener Heidi Horten Collection. Unweit von Linz, in Thalheim bei Wels, betreibt der Sammler Heinz Josef Angerlehner ein Museum. Doch was dieser für sein Museum ausgebe, erzählt Hauser, „konnte ich in die Kunst investieren. Daher stellte sich für mich die Frage nach einem eigenen Museum nie.“

Das Museum in Linz übernimmt neben Hausers Kunstwerken des 19. bis 21. Jahrhunderts auch gleich sein Depot
Das Museum in Linz übernimmt neben Hausers Kunstwerken des 19. bis 21. Jahrhunderts auch gleich sein Depot © Violetta Wakolbinger

Hausers umfangreicher Bestand definiert die Gewichtung der bestehenden Sammlung neu. Besaß das Lentos zuvor mehr deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts als österreichische, dreht sich das Verhältnis nun um. Freilich kann kein noch so großes Konvolut die Kunst einer Epoche ganz abdecken: Die das 20. Jahrhundert und die Gegenwart prägenden konzeptuellen und performativen Ansätze sind eher wenig vorhanden, ebenso wie Videokunst und Fotografie. Auch der Anteil an Künstlerinnen ist sehr niedrig – trotz vieler jüngerer Positionen wie Anna Jermolaewa, Elke Krystufek und Deborah Sengl. Stattdessen stößt man in der Datenbank auf konservative Dorfansichten und brave Landschaftsaquarelle von nur regional bekannten Künstlern. Doch auch solche Bilder gehören zum Profil einer Sammlung – und finden sich, egal ob privat oder öffentlich erworben, in jedem Museum.

Nicht alles, was Erwin Hauser gesammelt hat, übergab er dem Lentos. Manches behielt er, anderes hängt bis heute in seinem Unternehmen. Das Vorhaben, nach der Übergabe mit dem Kunsterwerb aufzuhören, scheiterte bald. Doch erwarb er zuvor rund 180 Werke pro Jahr, hält er sich nun zurück, berichtet er. „2024 habe ich nur fünf Werke gekauft. Ich kann bestenfalls noch etwas an die Decke hängen.“

Service

Ausstellung

„Cool. Sammlung Erwin Hauser“

Lentos Kunstmuseum Linz

bis 5. Oktober 2025

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