Thaddaeus Ropac zählt zu den bedeutendsten Galeristen zeitgenössischer Kunst. Im Gespräch erzählt er von seinem Praktikum bei Joseph Beuys, prägenden Momenten in seiner Karriere und warum ihm das Vertrauen der Künstlerinnen und Künstler so wichtig ist
ShareGeboren 1960 in Klagenfurt, gründete Thaddaeus Ropac 1983, inspiriert von einer Begegnung mit Joseph Beuys, seine erste Galerie in Salzburg. Heute hat die Galerie mehr als 100 Mitarbeitende und sechs Ausstellungsorte in London, Paris, Salzburg und Seoul, im September eröffnet eine weitere Dependance in Mailand mit einer Schau zu Georg Baselitz und Lucio Fontana. Ropac hat die Karrieren wichtiger Künstler wie etwa Anselm Kiefer oder Baselitz maßgeblich befördert und vertritt unter anderem den Nachlass von James Rosenquist und Joseph Beuys. Zu den Salzburger Festspielen zeigt die Galerie in der Villa Kast aktuell Werke von Daniel Richter.
Lehrer. Daran habe ich schon lange nicht mehr gedacht!
Kunst war nicht das, was meine Eltern sich vorgestellt hatten. Da gab es großes Misstrauen, vor allem gegenüber der zeitgenössischen Kunst, teilweise einfach aus Unverständnis, manches hat sie sogar schockiert. Sie haben das am Beginn zwar unterstützt, aber einfach nur weil sie mich unterstützen wollten.
Nicht wirklich. Literatur hat bei uns eine große Rolle gespielt, mein Vater war sehr belesen, auch die Religion war sehr wichtig. Wir sind nie ins Theater oder die Oper gegangen und auch nicht in Ausstellungen.
In Österreich war in den späten Siebzigerjahren die Kunstgeschichte bei Kokoschka, Schiele und Klimt zu Ende, die zeitgenössische Kunst hat keine Rolle gespielt. Umso größer war der Schock, als ich in Wien im Museum der Moderne eine Installation von Joseph Beuys gesehen habe. Das war ein Heureka-Moment. Beuys hat mich völlig in den Bann gezogen, seine Arbeit hat ebenso Ärger und Unverständnis wie Faszination ausgelöst, ich wollte die Bedeutung dahinter verstehen. Er hat dann einen Vortrag gehalten einige Wochen später, ich bin dafür extra wieder nach Wien gefahren. Dabei habe ich Beuys das erste Mal gesehen, in einem völlig überfüllten Vortragssaal. Er hatte ja diesen Slogan: Jeder Mensch ist ein Künstler, das hat mich sehr angesprochen. Ich habe zum Glück schnell erkannt, dass ich selbst nicht die Kunst produzieren kann, die ich mir vorgestellt habe. Es musste ein Ausweg her, ich wollte diese Welt nicht mehr verlassen. Ich war dann Praktikant bei Beuys bei der Documenta 1982 und habe geholfen, die Bäume zu pflanzen, und bei der „Zeitgeist“-Ausstellung in Berlin. Ich wollte unbedingt bei Beuys bleiben, aber er brauchte niemanden mehr im Atelier. Dann ist mir nichts Besseres in den Sinn gekommen, als zu sagen: Gut, dann gehe ich zurück nach Österreich und mache eine Galerie auf.
Als Galerist ist man hautnah am Kunstgeschehen beteiligt und macht viel mehr, als nur die Kunst zu verkaufen. Es geht darum, das Werk von Künstlern wirklich zu vermitteln, egal ob über Publikationen, die Medien oder mithilfe von Ausstellungen in den eigenen Galerien oder den Institutionen. Der Job wurde im Laufe der Jahre immer breiter, immer anspruchsvoller. Die ganze Infrastruktur, die Galerien ihren Künstlern heute anbieten, ist eine völlig andere als noch vor 30 oder 40 Jahren. Wobei sich letztendlich der Beruf nicht verändert hat. Wenn ich heute mit jungen Leuten spreche und sehe, wie sie Galerien eröffnen, denke ich, das ist im Grunde genommen das Gleiche. Nur die medialen Möglichkeiten, Social Media und das Internet, haben das alles extrem beschleunigt.
Ja, die braucht man. Man braucht Glück und wirklich einen extremen Einsatz, und man braucht auch Menschen, die an einen glauben. Ich hatte das Glück, dass Leo Castelli, der damals weltweit wichtigste Galerist in New York, aus einer österreichisch-italienischen Familie kam, was ich am Beginn gar nicht wusste. Aus Triest. Er hat mir damals sehr geholfen, einige der wichtigen amerikanischen Künstler für Ausstellungen in meiner kleinen Galerie in Salzburg zu gewinnen, ob das Robert Rauschenberg war, Andy Warhol, James Rosenquist oder Donald Judd. Und Beuys war letztendlich auch ein Förderer, er hat mich mit Warhol verbunden, und er hat mir eine Ausstellung mit seinen eigenen Zeichnungen ermöglicht, zu einem Zeitpunkt, als die Galerie noch wenig anbieten konnte.
Mein einziges war das für das Praktikum bei Beuys. Ich bin einfach nach Düsseldorf gefahren und habe versucht, ihn zu überzeugen, dass ich in dem Team mitarbeiten darf. Ich war sehr aufgeregt und wollte das unbedingt, das waren unbezahlte Praktika. Ich durfte dann in der Documenta-7-Gruppe mitarbeiten und noch einmal im Gropius Bau, wo ich auch Norman Rosenthal kennengelernt habe, der war damals Kurator. Das ist eine Freundschaft, die bis heute anhält, seit 43 Jahren.
Natürlich braucht es auch Wissen oder bestimmte Erfahrungen, aber ich glaube, was mich nach wie vor überzeugt, ist, wenn jemand so richtig brennt für seine Aufgabe.
Ich denke schon, zumindest habe ich mir das angeeignet. Das ist notwendig, vor allem bei der Größe, die wir angenommen haben.
Auf Risiken, die ich eingegangen bin. Vor allem damals nach Paris zu gehen war ein enormes Risiko. Viele haben mir davon abgeraten und gemeint, ich sollte nach Wien oder nach Berlin gehen, wenn ich schon ins Ausland will. Ich kannte niemanden in Paris und habe kein Französisch gesprochen. Ich freue mich heute noch, dass ich das damals gewagt habe. Nur die Künstler haben mich unterstützt. Die fanden das ganz toll.
Ich habe einige große Künstler versäumt, die ich gerne in der Galerie gehabt hätte, bei denen ich zu spät erkannt habe, wie wichtig sie waren.
Ich wollte eigentlich immer noch etwas anderes tun, aber ich fürchte, dass es jetzt zu spät ist. Ich werde das also mit großer Begeisterung noch ein paar Jahre weitermachen.