Ausstellung in Berlin

„Ich weiß nicht, ob ich noch dieselbe Sharon Stone bin“

Die Hollywoodikone Sharon Stone ist Schauspielerin, Model, Autorin und eine viel beachtete Malerin. Nun sind ihre Gemälde in Berlin zu sehen. Ein Gespräch über Acrylfarben, Dreharbeiten mit Martin Scorsese, die Zeit nach ihrem Schlaganfall und die Stimme von Lauren Bacall

Von Christoph Amend
14.02.2024

Als Sie den Film gedreht haben, hatten Sie eine Ahnung davon, was „Basic Instinct“ für Ihre Karriere bedeuten würde?

(denkt lange nach) Ich erinnere mich nicht.

Wenn Sie jetzt nach Berlin kommen, werden Sie auch auf eine Veranstaltung mit Martin Scorsese gehen, der mit dem Ehrenpreis der Berlinale geehrt wird. 1995 haben Sie mit ihm „Casino“ gedreht, für die Rolle haben Sie einen Golden Globe gewonnen. Wie waren die Dreharbeiten?

Anstrengend. Wir konnten ja nur in die Casinos, wenn die Spieler nicht da waren. Tagsüber haben wir unsere anderen Szenen gedreht, und dann bekamen wir einen Anruf, dass wir in die Casinos kommen können. An manchen Tagen haben wir 20, 22, manchmal 26 Stunden lang gedreht. Ich bin zwischendurch auf mein Zimmer gegangen und habe mich aufs Bett gelegt, in den Kleidern, in den Schuhen. Meine Katze hat sich um meinen Kopf gelegt, weil sie wusste, dass ich einen Nervenzusammenbruch bekommen würde. 

Oh.

Ich kannte Mick Jagger, und ich habe ihn gefragt, wie er all diese Nächte übersteht. Und er sagte, ich ziehe in mein Hotelzimmer und klebe die Fenster mit Folie ab, damit kein Licht reinkommen kann. Das habe ich dann auch gemacht. So lag ich auf dem Bett, bis das Telefon fünf oder sechs Stunden später geklingelt hat: „Du musst wieder zum Casino kommen.“ Ich bin also aufgestanden, immer noch angezogen, habe kurz geduscht, bin wieder in die Kleider geschlüpft und habe weitergearbeitet. Wir waren alle so erschöpft, wir hatten Autounfälle, wir sind hin- und auseinandergefallen. Das waren wirklich harte Dreharbeiten, fünf Monate lang. Es war ein großer, komplizierter Film, der immer noch größer wurde, weil er so gut war. Nach etwa vier Monaten bekam ich einen Anruf vom Studio. Ich war ja immer die Person am Set, die von den Studios angerufen und gefragt wurde: „Ihr fangt gerade an, das Budget zu überziehen, was denkst du?“

Ah ja?

Ich habe immer die Wahrheit gesagt. Bei manchen Filmen habe ich gesagt, diese Produktion ist ein einziges Chaos, der Regisseur ist high, kommt vorbei und setzt dem Ganzen ein Ende. Was dann auch passiert ist. In Martys Fall habe ich gesagt: „Das ist die Arbeit eines Genies. Ihr werdet einen Film bekommen, der seine Zeit überdauern wird. Gebt ihm alles, was er braucht, gebt ihm das Geld, ihr macht ein Meisterwerk.“ Die Studioleute sind also nach Las Vegas gekommen und haben mich noch einmal gefragt: „Bist du sicher, Share?“ „Ja“, habe ich geantwortet, „absolut sicher.“ Aber bei anderen Produktionen habe ich schon mal gesagt: „Dieser Film ist lächerlich, macht den Laden dicht.“

Und das haben die Studioleute dann gemacht?

Das haben sie gemacht.

Keine Namen, nehme ich an.

Keine Namen.

Der zuerst skeptische New Yorker Kritiker Jerry Saltz ist heute begeistert von Sharon Stones Kunst. Hier ihr „Portrait of my Boyfriends from Foreign Countries
Der zuerst skeptische New Yorker Kritiker Jerry Saltz ist heute begeistert von Sharon Stones Kunst. Hier ihr „Portrait of my Boyfriends from Foreign Countries", 2023, Acryl auf Leinwand, Diptychon, 152 x 183 cm © courtesy of Galerie Deschler, Berlin

Sie sind auch bekannt dafür, früh das Talent bei jungen Schauspielern zu entdecken. Leonardo di Caprio hat einmal erzählt, dass Sie 1995 für Ihren gemeinsamen Film „Schneller als der Tod“ sogar seine Gage übernommen haben, weil außer Ihnen niemand an ihn geglaubt hat. Er war 21 und noch ziemlich unbekannt.

Das geht mir bis heute so. Bei Russell Crowe war es auch so. Ich habe sie dazu gebracht, Russell Crowe aus Australien nach Hollywood zu holen. Ich hatte ihn in dem australischen Film „Romper Stomper“ gesehen. 

Was haben Sie bei den beiden gesehen, was andere nicht sahen?

Ich wusste, dass sie große Filmstars werden würden.

Haben Sie jemals darüber nachgedacht, selbst als Regisseurin Filme zu drehen?

Ja, sehr oft. Aber die Studios haben mich nicht gelassen.

Warum nicht? Die Studios haben Ihnen offenbar bei den Budgets vertraut, Sie haben junge Talente für Hollywood entdeckt. Was war der Grund, warum Sie nicht durften?

Dieses ärgerliche Ding namens Vagina.

Sharon Stone liebt es, schnelle Entscheidungen zu treffen und hat auch deshalb eine künstlerische Vorliebe für Acryl, hier ihr Gemälde „Ghosts
Sharon Stone liebt es, schnelle Entscheidungen zu treffen und hat auch deshalb eine künstlerische Vorliebe für Acryl, hier ihr Gemälde „Ghosts", 2023, Acryl auf Leinwand, 244 x 183 cm © courtesy of Galerie Deschler, Berlin

Vor Kurzem haben Sie in einem Interview erzählt, dass Sie bereits in den 1990er-Jahren einen Film über Barbie drehen wollten. 

Ja.

Und die Studiobosse haben Sie ausgelacht?

Sie empfanden mich als beleidigend. Und haben darum gebeten, dass ich gehe.

Beleidigend? Inwiefern? Was haben sie gesagt?

Warum ich eine Firma wie Mattel zerstören wolle.

Entschuldigen Sie, dass ich jetzt lachen muss. Was haben Sie gedacht, als Sie mitbekamen, dass Greta Gerwig und Margot Robbie „Barbie“ drehen? Der Film hat bis heute 1,45 Milliarden Dollar umgesetzt.

Greta ist ein Genie. Und Margot Robbie? Ich würde mir wünschen, dass sie meine Tochter spielt. Endlich bekommt jemand etwas hin. Die Studio-Leute von früher sind jetzt alt und sterben, und endlich gibt es einige junge Leute, die geradeaus denken können.

Ich habe Margot Robbie einmal interviewt, als sie den Film über die Eiskunstläuferin Tonya Harding gedreht hatte …

… was für ein genialer Film. Sie ist herausragend! Sie ist schlau, sie weiß, was sie macht, und ihr Mann führt ihre gemeinsame Produktionsfirma auf so brillante Art und Weise. Sie ist mein absoluter Liebling, ich hoffe, sie bekommt alles hin, was sie machen will. Ich habe das Gefühl, dass sie zu Ende bringt, was ich versucht habe zu erreichen.

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