Auktionen in New York

Frauen von Welt

Im Mai trumpfen die New Yorker Auktionen mit klassischer Moderne und den Zeitgenossen auf. Daneben locken Rubens und eine frühe Bibel

Von Barbara Kutscher
11.05.2023
/ Erschienen in Kunst und Auktionen Nr. 8/23

Nach der sensationell erfolgreichen Versteigerung des Nachlasses von Paul Allen im vergangenen November, bei der an nur zwei Tagen für 155 Kunstwerke 1,62 Milliarden Dollar und 27 Rekorde realisiert wurden, überrascht Christie’s am 11. Mai mit einem zweiten Akt. Die letzte Tranche aus der Sammlung des Microsoft-Mitgründers soll am „20th Century Evening“ nochmals mindestens 30 Millionen Dollar für wohltätige Zwecke erwirtschaften.

Insgesamt sieben Landschaftsgemälde von Edward Hopper, David Hockney und Georgia O’Keeffe kommen zum Aufruf, wobei Letztere mit zwei ihrer oft erotisch interpretierten Blüten lockt. Es ist ihr wichtigstes Sujet, das sie schnell zur bekanntesten Malerin der USA machte. Die „White Calico Rose“ aus dem Jahr 1930 soll jetzt mindestens 6 Millionen Dollar einbringen. Mit derselben Taxe war im November O’Keeffes „White Rose with Larkspur No. I“ angetreten und sprang damals auf 23 Millionen Dollar. Die weltweite Zugkraft des Computerpioniers Allen, vor allem auf Tech-Kreise in Asien, hatte selbst die Experten von Christie’s überrascht. Doch bleibt man jetzt bei der zweiten Auktion mit der Taxe auf dem Boden. David Hockneys „The Gate“ aus dem Jahr 2000 soll mindestens 8 Millionen Dollar einspielen. Vergleichsweise moderate 600.000 Dollar werden für Edward Hoppers aquarellierte Maine-Landschaft „Coast Guard Cove“ von 1929 erwartet. Allen hatte das Blatt 2014 bei Sotheby’s unterhalb der Taxe für 900.000 Dollar ergattert.

Alice Neel Betty Homitzky
Alice Neel malte die schwangere Betty Homitzky 1968. Christie’s ruft das Werk zur Taxe von 1,5 bis 2 Millionen Dollar auf. © Christie’s Images Limited 2023

Christie’s wird am 17. Mai auch erste Werke aus dem auf insgesamt 270 Millionen Dollar geschätzten Nachlass des Bostoner Immobilientycoons Gerald Fineberg anbieten. Er starb im Dezember im Alter von 88 Jahren. Die Finebergs hatten seit den frühen Achtzigern zunächst trendige New Yorker Namen wie David Salle oder Julian Schnabel gejagt, verlegten sich dann aber auf die damals noch erschwinglichere Pop-Art, auf Minimalismus, Zero und Fotografie. Aus ersten Kunstkäufen, die nur zur schnellen Dekoration ihres Wohnsitzes erfolgten, wurde eine lebenslange Sammelleidenschaft. Offeriert wird beispielsweise Alice Neels Akt der schwangeren Betty Homitzky aus dem Jahr 1968, der auf 1,5 Millionen Dollar geschätzt ist. Zu den Highlights der Abendauktion gehört ein frühes Gemälde von Gerhard Richter, „Badende“ von 1967, für das 15 Millionen Dollar erwartet werden. Sollte Barkley Hendricks’ ganzfiguriges Bildnis „Stanley“ von 1971 die Taxe von 5 Millionen Dollar realisieren, würde das einen neuen Rekord für den inzwischen als wegweisend anerkannten afroamerikanischen Maler bedeuten.

Die Nordkalifornier Jan und Maria Manetti Shrem haben bei Sotheby’s 17 Gemälde und Plastiken eingeliefert. Der erwartete Gesamterlös von über 30 Millionen Dollar ist ebenfalls für wohltätige Zwecke bestimmt. „Wir sind entschlossen, unser Vermögen noch zu Lebzeiten zu verteilen“, erklärte Manetti Shrem. Die Shrems, er ein ehemaliger Unternehmer mit jüdisch-libanesischem Hintergrund, steuerten bereits 2011 10 Millionen Dollar zum Neubau des Museums der University of California in Davis bei – es trägt nun ihren Namen. Allein Picassos Großformat „Liegender weiblicher Akt mit Katze spielend“ aus dem Jahr 1964 soll 20 Millionen Dollar einbringen.

Gustav Klimt Insel im Attersee
Die auf 45 Millionen Dollar geschätzte Landschaft „Insel im Attersee“ Gustav Klimts entstand zwischen 1901 und 1902. © Sotheby’s

Angeführt wird die Auktion am 16. Mai von einem marktfrischen Gemälde Gustav Klimts. Die auf 45 Millionen Dollar geschätzte Landschaft „Insel im Attersee“ entstand zwischen 1901 und 1902, als Klimt die Sommerzeit im österreichischen Salzkammergut verbrachte. Eine ähnliche und frühere Ansicht des Attersees befindet sich im Leopold Museum in Wien.

Erneut nutzt Sotheby’s die große Bühne der Moderne-Auktionen, um Aufmerksamkeit auf ein kostbares Manuskript zu lenken: den „Codex Sassoon“, benannt nach dem legendären David Solomon Sassoon (1880 – 1942). Der Spross einer irakischen Händlerdynastie gilt bis heute als bedeutendster privater Sammler von Judaica und Hebraica. Nach jüngsten Forschungen lässt sich die fast komplett erhaltene hebräische Bibel ins späte 9. oder frühe 10. Jahrhundert datieren. Eingeliefert wurde sie vom Schweizer Investor und Großsammler Jacqui Safra, der damit mindestens 30 Millionen Dollar erlösen möchte. Und auch das Highlight der New Yorker Altmeistersammlung Fisch Davidson, aus der bereits im Januar erfolgreich zehn Gemälde aus dem Barock unter den Hammer gekommen waren, wurde bis zur Mai-Auktion zurückgehalten. Rubens’ um 1620 entstandenes „Porträt eines Mannes als Gott Mars“, das zuletzt als Dauerleihgabe im Metropolitan Museum hing, könnte jetzt geschätzte 30 Millionen Dollar einbringen. Wie Julian Dawes, Chef der Abteilung für impressionistische und moderne Kunst in Amerika, erklärt, rechtfertigt Rubens’ Bedeutung „als radikaler Innovator seiner Zeit“ diesen für ihn ungewöhnlichen Kontext.

Service

Auktionen

Christie’s, New York,

20th/21th Century, 11. bis 18. Mai,

christies.com

Sotheby’s, New York,

Moderne, 16./17. Mai,

Zeitgenossen/The Now, 18./19. Mai,

sothebys.com

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