Wir entdecken besonderes Kunsthandwerk, genießen das städtische Flair in Husum und bewundern zum Abschluss unserer Reise durch Nordfriesland große Kunst in kleiner Kate in Halebüll
3. Tag
ShareDeiche und Meer, Wiesen und Windräder sind die Begleiter zu den Reußenkögen, einer Gemeinde, zu der der Sönke-Nissen-Koog gehört. Hier fertigt die Handweberin Birgit Peters flauschige Wolldecken und Ponchos in Regenbogenfarben. Die angegliederte Galerie stellt Arbeiten anderer Kunsthandwerkerkollegen aus, und das Café ist ein guter Ort für ein zweites Frühstück.
Danach erwischt einen in Husum städtisches Flair. Der Dichter Theodor Storm hat seiner Heimatstadt den Ruf „graue Stadt“ verpasst, der ihr nicht gerecht wird. Die „Metropole“ Nordfrieslands hat einen hübschen alten Kern rund um Hafen, Markt und Marienkirche. Erhaben, aber kühl wirkt das Gotteshaus des dänischen Architekten Christian Frederik Hansen. Innen stellen das Renaissance-Epitaph und die Bronzetaufe von 1643 einen Bruch mit der klassizistischen Formensprache dar und sind die einzigen Reste des imposanten gotischen Vorgängerbaus.
Das Highlight der Stadt ist das Schloss vor Husum. Als Nebenresidenz vom Gottorfer Herzog Adolf 1577 bis 1582 erbaut, wurde der Dreiflügelbau später in einen Witwensitz umgewidmet. Umbauten verstümmelten die niederländische Renaissance bis ins Unkenntliche. Das Schlossmuseum macht königliche Repräsentationssalons aus der dänischen Epoche, die Kapelle und möblierte Wohnräume zugänglich.
Wer mehr vom Meer, den Sturmfluten und dem Deichbau verstehen will, kann sich ins Nordfriesland Museum vertiefen, auch Nissenhaus genannt. Es geht existenziellen Fragen nach wie etwa: War die Grote Mandränke der Tsunami von 1362? Wie wehrten Menschen sich früher gegen den „blanken Hans“, die tosende See? Was hat es mit dem Mythos der Rungholt-Sage auf sich? Zur Sammlung zählen maritime Ölgemälde, etwa von Hans von Petersen und Richard von Hagn, die zeitweise präsentiert werden.
Die Nordsee beeindruckt auch Lucia Figueroa. Für das Kunstprojekt „Husum kunstumschlungen“ schuf die im argentinischen Córdoba geborene Bildhauerin das Betonrelief „Watt“, das neben Objekten wie „Sitzrohre“ des Husumer Designers Rolf Krüger oder „Windhosen“ der Kielerin Julia Bornefeld an der Badestelle Dockkoogspitze aufgestellt ist. Menschen und Tiere inspirieren sie jedoch weit mehr. Ihre fantasievollen, teils vogelartigen Geschöpfe berühren und versenden Botschaften, die jene empfangen, die sie hören wollen. Die Großplastikerin arbeitet in Ton, Bronze und Papier, versteht sich aber eher als Keramikerin. Ihr Atelier öffnet sie Interessierten gern.
Zwischendurch sollte man wieder ans leibliche Wohl denken. Da kommt das Nordfriesische Lammkontor mit seinen regionalen Spezialitäten richtig. Keine leichte Entscheidung, zwischen Carpaccio aus der Lammkeule, Tartar vom Nordfriesischen Weiderind oder Geschmorter Salzwiesenlammhaxe zu wählen.
Große Kunst in kleiner Kate – das ist die Galerie Lüth im Ortsteil Halebüll. Es ist kein lichtdurchfluteter Kunsttempel, den Hans-Heinrich Lüth betreibt. Nicht regionale Kunst stellt er aus, sondern regionale Künstler, deren Ruf über Schleswig-Holstein weit hinausreicht. So versammelt er in seinem 250 Jahre alten Bauernhaus Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen von Künstlern wie Otto Beckmann, Falko Behrendt, Cora Korte, Manfred Korte oder Peter F. Piening. Was an den Wänden hängt, ist ausgewählt ungewöhnlich. Darauf legt der Galerist wert. Die Ausstellungen wechseln fast alle sechs Wochen. Dieser ebenso eigenwillige wie typisch nordische Kunstort ist ein schöner Ausklang für unsere Reise nach Nordfriesland.