Vom Israel Museum zum Damaskustor

Vom Ölberg fällt ein erster Blick auf die Stadt, im Israel Museum warten archäologische Höhepunkte sowie Meisterwerke aus Moderne und Gegenwart

„Die Geschichte Jerusalems ist die Geschichte der Welt.“ So beginnt der Historiker Simon Sebag Montefiore seine große „Biografie“ der heiligen Stadt. Den besten Blick auf die Stadt und also auf die Welt hat man vom Ölberg. Oberhalb des großen jüdischen Friedhofs gibt es eine Aussichtsplattform, die ein überwältigendes Panorama eröffnet. Man blickt auf den Tempelberg und die ihn umfriedende östliche Mauer von Süleyman dem Prächtigen, sieht die goldene Kuppel des Felsendoms und die graue der Al-Aqsa-Moschee. Dahinter drängt sich dicht die Altstadt mit der Erlöser- und der Grabeskirche, während in der Ferne die Hochhäuser des modernen Westjerusalem in den strahlend blauen Himmel ragen.
Wenn wir uns sattgesehen haben, gehen wir ein Stück den Hügel hinunter zum Garten Gethsemane, jenem Olivenhain, in dem der Bibel zufolge Jesus die Nacht vor seiner Verhaftung verbrachte. Seit dem 4. Jahr­hundert gibt es hier eine Kirche, der jetzige Bau, die Kirche aller Nationen von 1924, ist eine wunderschöne Basilika mit blauen Mosaiken, in der man in Stille der Leiden Christi gedenkt.

Straßenszene im Viertel Nahalat Shiva’a in Westjerusalem (Foto: Stefan Gnatzy)
Straßenszene im Viertel Nahalat Shiva’a in Westjerusalem (Foto: Stefan Gnatzy)

Jerusalem ist ein heiliger Ort für drei Weltreligionen, und kein Besucher, ob gläubig oder nicht, kann sich der geballten Spiritualität hier entziehen. Doch fürs Erste verlassen wir die religiöse Sphäre und fahren in den Westen der Stadt, ins Israel Museum. Das Nationalmuseum des Landes, 1965 vom legendären Bürgermeister ­Teddy Kollek gegründet, verfügt über eine herausragende Sammlung aus den Bereichen Archäologie, jüdischer Kunst und Kultur sowie moderner und zeitgenössischer Kunst. Hier könnten wir Tage verbringen, allein um die Sammlung anzuschauen – von den hochkarätigen Ausstellungen ganz zu schweigen. Wir durchstreifen zunächst den von Isamu Noguchi entworfenen Skulpturengarten mit Werken von Künstlern wie Henry Moore, James Turrell oder Magdalena Abakanowicz. Von dort führt der Weg zum Schrein des Buches, ein Museum im Museum mit avantgardistischer Architektur, das für die Qumran-Rollen errichtet wurde. Die 2000 Jahre alten, zum Teil fast vollständig erhaltenen Schriftrollen, die ein Beduinenjunge 1947 in einer Höhle im Westjordanland fand, gehören zu den ältesten Bibelhandschriften überhaupt.

 

Schrein des Buches - ein Flügel des Israel-Museums (Foto: wikimedia)
Schrein des Buches - ein Flügel des Israel-Museums (Foto: wikimedia)

Gegenüber vom Israel Museum liegt die Knesset, das israelische Parlament, wo mehrmals täglich Führungen stattfinden. Sehenswert sind hier unter anderem die großen Chagall-Wandteppiche, die der Künstler ab 1963 für den jungen Staat schuf. Danach steigen wir in den Bus, der uns zum Damaskustor bringt, dem schönsten Tor zur Altstadt. Hier, an einem der bekanntesten Plätze Ost­jerusalems, kam es in jüngster Zeit wiederholt zu Messerattacken auf israelische Grenzpolizisten. Wir betreten die Altstadt mit ihren engen Gassen und bahnen uns den Weg durch das Gewusel der Händler, um bei Abu Shukri auf der Al-Wad Street einzukehren und das zu essen, was Israelis und Palästinenser gleichermaßen lieben: Hummus und knusprige Falafel.

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