Nachruf

Fernando Botero ist gestorben

Er war einer der wichtigsten Maler und Bildhauer Lateinamerikas: Mit 91 Jahren ist der kolumbianische Künstler Fernando Botero verstorben

Von Weltkunst News
16.09.2023

Dicke Frauen und überproportionierte Skulpturen waren sein Markenzeichen – die üppigen Formen für ihn ein Ausdruck von Sinnlichkeit. Jetzt ist der kolumbianische Maler und Bildhauer Fernando Botero tot. Er sei am Freitag im Alter von 91 Jahren in Monaco gestorben, sagte seine Tochter Lina Botero im Radiosender Caracol. „Er hatte ein außergewöhnliches Leben und jetzt war der richtige Zeitpunkt für ihn, von uns zu gehen.“

In seiner kolumbianischen Heimat trauerten viele Menschen um den außergewöhnlichen Künstler. „Fernando Botero, der Maler unserer Traditionen und Fehler, der Maler unserer Tugenden, ist gestorben. Der Maler unserer Gewalt und des Friedens“, schrieb der kolumbianische Präsident Gustavo Petro im Netzwerk X, das früher als Twitter bekannt war. Seine Geburtsstadt Medellín ordnete eine siebentägige Trauerzeit an.

„Sein Leben ist das Zeugnis eines Mannes, der sich schon in jungen Jahren dazu entschloss, seiner Berufung nachzugehen und einen Stil zu schaffen, der bereits Teil der Kunstgeschichte ist“, schrieb Kulturminister Juan David Correa bei X.

Botero galt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Künstler Lateinamerikas. Seine Ausstellungen erzielten Rekordzahlen: Seine Werkschau im Palast der Schönen Künste in Mexiko-Stadt sahen 300 000 Besucher. Berühmt war er vor allem für seine üppigen Menschen- und Tierbilder sowie seine überproportionalen Skulpturen.

«Ich habe nie eine dicke Frau gemalt», sagte er einmal ironisch. Dabei hat er es gerade mit seinen üppigen Damen zu Weltruhm gebracht. Für ihn aber waren es keine dicken Frauen, sondern der künstlerische Ausdruck einer Verherrlichung der Sinnlichkeit und des Lebens. „Ich gebe allem Volumen: einem Tier, einem Mann, einem Pferd, einer Landschaft, was es auch sei. Großzügigkeit und Üppigkeit stehen für mich in enger Verbindung mit der Sinnlichkeit.“

Botero wurde 1932 in Medellín geboren. Der Vater starb früh und hinterließ der Familie nur wenig. Ein vom Stierkampf begeisterter Onkel schickte Botero mit 15 Jahren in die Torero-Schule. Doch anstatt mit den Stieren zu kämpfen, zeichnete der Junge sie. Er fand Arbeit als Illustrator bei der Zeitung El Colombiano und gewann einen Kunstpreis in Bogotá. Mit dem Geld reiste er nach Europa, wo er vor allem in Italien die Künstler der Renaissance studierte.

In Mexiko beschäftigte er sich später mit den Wandgemälden von Diego Rivera und José Clemente Orozco. Auch die lateinamerikanische Tradition der indianischen Kirchenmalerei in ihrer Farbenpracht sowie das Werk von Pablo Picasso und Georges Braque hatten Einfluss auf Botero. Seinen unverkennbaren Stil begann er 1956 zu entwickeln, als er eine Mandoline malte. „Als ich das Loch im Musikinstrument malte, sah ich, dass es sehr klein war und die Mandoline dadurch größer wirkte. Da sagte ich mir: hier ist etwas geschehen. Ich begann hierüber nachzudenken“, erzählte er in Mexiko-Stadt bei einer Retrospektive über sein Erweckungserlebnis.

In New York entdeckten ihn 1969 zwei deutsche Kunsthistoriker und Kuratoren, Dietrich Mahlow und Klaus Gallwitz, die den noch recht unbekannten Künstler nach Deutschland einluden und dort Ausstellungen mit seinen Werken organisierten. Von da an ging es bergauf mit seiner Karriere. Seine über 3000 Bilder und 300 Skulpturen stehen in Museen und auf öffentlichen Plätzen in 60 Städten und erreichen Rekordpreise.

Obwohl er vor allem in Monte Carlo und im norditalienischen Pietrasanta lebte, blieb er seiner Heimat stets verbunden. In Bogotá gibt es das größte Museum mit seinen Werken. In seiner Geburtsstadt Medellín schmücken 23 seiner Bronzefiguren die nach ihm benannte Plaza Botero. In Bamberg wurde 1998 die Skulptur „Liegende mit Frucht“ als erste Plastik des Skulpturenweges erworben.

Botero machte auch mit politischen Werken von sich reden: In seinem unnachahmlichen Stil stellte er in überproportionalen Formen mit der „Abu Ghraib-Serie“ die Folterpraktiken der US-Soldaten im Irak nach, zudem setzte er sich mit dem Konflikt in seinem Heimatland Kolumbien auseinander. Nach dem Abschluss des Friedensvertrags mit der linken Farc-Guerilla überreichte er dem damaligen Präsident Juan Manuel Santos eine typische Botero-Skulptur: eine ziemlich dicke Friedenstaube. (dpa)

 

Zur Startseite