Thaddaeus Ropac zählt zu den bedeutendsten Galeristen zeitgenössischer Kunst. Im Gespräch erzählt er von seinem Praktikum bei Joseph Beuys, prägenden Momenten in seiner Karriere und warum ihm das Vertrauen der Künstlerinnen und Künstler so wichtig ist
ShareDas Aufregendste ist der Kontakt zu den Künstlern. Künstlern so nahe zu sein, die zu den wichtigsten unserer Zeit zählen, ist einfach ein enormes Privileg, das schätze ich jeden Tag. In Ateliers zu gehen und zu sehen und zu diskutieren, wie ein Werk entsteht, habe ich nach wie vor am liebsten an meinem Job. Wenn so ein Unternehmen sich dann über fünf verschiedene Länder erstreckt, verbringt man leider viel Zeit mit Administration, mit Meetings. Diese Stunden würde ich lieber anders einsetzen, aber das ist notwendig.
Wir haben ein Programm mit Künstlerinnen und Künstlern, die mit uns groß geworden sind und die wir bis heute wunderbar begleiten können. Man sollte aber nie aufhören, an junge Talente zu glauben und aktiv nach ihnen zu suchen. Das ist sehr wichtig. Es vergeht kein Jahr, in dem wir nicht einen ganz jungen Künstler oder eine ganz junge Künstlerin in die Galerie aufnehmen und versuchen, sie mit unserer Infrastruktur und mit persönlichen Hilfestellungen aktiv zu fördern.
Das passiert bei uns im Team häufig, vor allem was das Internet, Social Media und künstliche Intelligenz betrifft. Da sind die meisten im Team viel schneller, viel versierter und viel erfahrener als ich. Manche lächeln darüber, dass ich meine ganzen Termine noch immer in ein kleines Büchlein schreibe.
Ich kann gut mit Menschen, das ist ganz wichtig. Das betrifft ja viele Seiten, Künstler, Kuratoren und Museumsdirektoren, Sammler und auch mein Team. Das war ein Lernprozess, früher ist mir das nicht so gut gelungen. Ich bin ungeduldig, und oft tut es mir leid, wenn ich das zu schnell zeige.
Kunst machen.
Ein Buch, das mich in den vergangenen Jahren besonders beeindruckt hat, ist die Biografie von Charles I., dem englischen König des 17. Jahrhunderts. Er hat mit seiner französischen Frau Henrietta eine Sammlung aufgebaut, mehr als 1600 wichtige Kunstwerke. Er hat Rubens nach London gebracht und van Dyck, er konkurrierte mit Wien, Madrid und Paris und hat die Künstler auch zur eigenen Weiterbildung an dem Hof geholt. Das ist faszinierend, und man kann daraus so viel über das Sammeln, die Begeisterung, den Kontakt zu den Künstlern lernen. Er wurde später enthauptet und die Sammlung wurde auf einer großen Auktion verkauft und verstreut. Sein Sohn, Charles II., hat die englischen Adeligen dann verpflichtet, die Werke zurückzuschenken. Aber Wien und Madrid hatten sich natürlich erstklassige Werke gesichert und sie behalten, die sind heute im Kunsthistorischen Museum und im Prado.
Die nach Düsseldorf mit dem Kontakt zu Beuys. Dann Berlin mit der „Zeitgeist”-Ausstellung und New York, wo ich Andy Warhol, Jean-Michel Basquiat und viele andere Künstler kennengelernt habe. Diese drei Reisen waren alle im Jahr 1982.
Hautnah war es Leo Castelli. Und ich habe damals natürlich auch die Biografie von Kahnweiler, dem Galeristen von Picasso, gelesen und ihn sehr bewundert.
Zuerst das eigene Auge zu prüfen, ob man in der Lage ist, die Kunst zu erkennen. Und dann fest und leidenschaftlich an das glauben, was sie in den Künstlern, die sie zeigen wollen, sehen. Und das Wichtigste ist, das Vertrauen der Künstler zu gewinnen und das nie aufs Spiel zu setzen.
Ich lebe meinen Traumjob. Ich konnte jetzt jahrzehntelang eine Welt mitgestalten, die ganz wichtige Künstler hervorgebracht hat, die Teil des Kanons wurden. Irgendwann wird sich die Frage stellen, wie sich diese Jahre einmal abrunden und darstellen. Ich gehe nicht davon aus, dass meine Galerie per se als solches überleben wird. Die nächste Generation soll dann entscheiden, wie Kunst gesehen und vermittelt wird. Die Kunst dieser 50 oder 60 Jahre einmal zu präsentieren, das wird der nächste große Schritt.
Ich würde vielleicht in der Musik- und Opernbranche eine Rolle finden. Nicht als Sänger, aber in anderen Bereichen. Die klassische Musik ist meine zweite große Leidenschaft geworden.
Mit Musik. Nicht nur in Salzburg, sondern auch in Paris und London. Es ist zu aufregend, als dass man dabei wirklich entspannt, aber es öffnet spannende neue Horizonte.
Das Interview erschien am 29. Juli 2025 in unserem E-Mail-Briefing WELTKUNST INSIDER.