Kunstmesse in München

Gelungener Gegensatz

Die alteingesessene Kunst und Antiquitäten kooperiert nun mit der Entdeckermesse Artmuc und öffnet sich so der zeitgenössischen Kunst

Von Gloria Ehret
24.10.2023

M​an darf gespannt sein! Die älteste Münchner Messe für Kunst- und Antiquitäten findet zum 102. Mal statt: Nicht mehr wie in den vergangenen Jahren im Haus der Kunst, sondern im MTC, einem Multifunktionsgebäude an der Ingolstädter Straße. Und noch eine Neuigkeit: Sie kooperiert dort mit der Artmuc Kunstmesse, die ihr zehntes Jubiläumsjahr feiert und sich mit über 150 Künstlerinnen und Künstlern und 36 Galerien als Bayerns größte Entdeckermesse für zeitgenössische Kunst bezeichnet. Die alteingesessene Kunst & Antiquitäten, deren qualitätvolles Programm sich trotz vieler Veränderungen über die Jahrzehnte behauptet, bietet mit 36 Ausstellern ein facettenreiches Spektrum, in dem dank einer Reihe von Spezialisten asiatische Kunst und Schmuck besonders breit vertreten sind.​

Eine feste Größe der Messe ist der Münchner Roderich Pachmann. Seit 1975 wissen Freunde der gehobenen alpenländischen Volkskunst, dass sie bei ihm fündig werden. Dass bedeutende Kunst jahrhundertelang zum Ruhme Gottes geschaffen wurde oder dem Heil im Jenseits dienen sollte, belegt die gefasste Halbfigur eines segnenden Christus um 1730 in Lindenholz mit originaler Fassung und Vergoldung, die Joseph Witwer, Spross einer bedeutenden Tiroler Künstlerfamilie, zugeschrieben werden kann. Unter den Möbeln bezaubert eine süddeutsche Modellkommode des 18. Jahrhunderts durch ihre originale Marmorierung.​

Borneo, Iban Dayak
„Baby Carrier“ Borneo, Iban Dayak, 19. / 20. Jh. © Michael Woermer Oriental Art, Bangkok / Hongkong

Zu den österreichischen Messeteilnehmern zählt Walter Moskat aus Wolfurt bei Bregenz, der einen Südtiroler heiligen Florian aus Lindenholz mitbringt, um 1680 mit originaler Fassung. Ob die zierliche, nur 28 Zentimeter hohe, vergoldete Türmchenuhr aus Kupfer mit Unrast um 1650 aus Augsburg oder Nürnberg stammt, sei dahingestellt: Uhrenliebhabern lässt sie in jedem Fall das Herz höherschlagen.​

Bei Franz Schauer aus Krems hat man die Wahl zwischen einem heiligen Nikolaus um 1500 mit zeittypischen Schüsselfalten (7600 Euro) und einem Paar ebenfalls süddeutsch-österreichischer Leuchterengel auf Sockeln aus dem 18. Jahrhundert (4800 Euro), auch sie in Lindenholz geschnitzt und in originalem Zustand erhalten. Der Münchner Kunsthändler Herold Neupert verblüfft mit Ausgefallenem wie einem geschnitzten hölzernen oberitalienischen Pallone-Schläger aus dem 16. Jahrhundert, einem Wismut-Kästchen aus der Zeit um 1570 oder einem Schrezheimer Fayencekrug, um 1780, mit dem Wappen der Herren von Erolzheim. Auch Karl-Heinz Hiermeier lässt ein facettenreiches Antiquitätenprogramm erwarten. Ladrón de Guevara (Dresden) offeriert Zeugnisse der Grand Tour und aus Pompeji, ebenso Mobiliar, Gemälde, Skulpturen und Dekorationselemente sowie Arbeiten auf Papier der klassischen Moderne. Albert Grenier ist mit einem „Fliederstrauß“ aus dem Nachlass des 1925 in Paris gestorbenen Malers vertreten, Ernst Ludwig Kirchner mit der Tuschfederzeichnung „Im Eiscafé“, um 1922. Dass zeitlos elegante Biedermeiermöbel jedes Ambiente bereichern, führt Dr. Tilman Roatzsch (Schnaitsee im Chiemgau) anhand einer kirschbaumfurnierten Wiener Chiffonière von Joseph Ulrich Danhauser sowie einem zierlichen Halbschrank aus Baden mit prächtigem Nussbaumfurnierbild vor Augen.​

Kopf eines Buddha angeboten von der Galerie Peter Hardt
Kopf eines Buddha, Sandstein, rötliche Farbe, Goldreste, 16 / 17. Jh., 40 x 26 x 22 cm, angeboten von der Galerie Peter Hardt, Radevormwald. © Galerie Peter Hardt, Radevormwald

Das Coloneum von Alwin Homeier (Regensburg) setzt Schwerpunkte bei Biedermeier und Art déco. Als Paradebeispiele seien ein mitteldeutscher zweitüriger Nussbaumschrank mit Giebel und schwarzen Säulen um 1810 / 15 und eine mondäne französische schwarz lackierte Eckbar mit geschnitzten Tänzerinnen aus den 1940ern ausgewählt. Bei Vater und Sohn Josip und Miroslav Kutnjak bilden Wiener Bronzen das Herzstück. Wer ahnt schon, dass sich eine wandelfähige Sphinx von Franz Bergmann, aufgeklappt, als nacktes Goldmädchen räkelt? Nach längerer Pause wieder dabei ist C. H. Art Christina Haubs, die zu ihrem Kunsthandel eine Restaurierungswerkstatt unterhält: Aktuell hebt sie einen süddeutschen Aufsatzsekretär, um 1800, in Nussbaum mit Palisandereinlagen sowie einen roten italienischen Couchtisch der 1980er-Jahre hervor.​

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