Schmuck ist aus der Kunst- und Kulturgeschichte nicht wegzudenken, denn zu allen Zeiten hatten Menschen den Drang, ihn zu tragen. Das zeigt jetzt schön und lehrreich eine Ausstellung in Köln
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03.12.2025
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Erschienen in
WELTKUNST Nr. 248
Sprünge durch die Epochen und Kunstlandschaften sorgen in der Schau für Abwechslung und erhellende Zusammenhänge. Da fügt es sich bestens, dass das älteste Stück, eine Gemme aus Mesopotamien, datiert ins 6. Jahrtausend vor Christus, aus dem Besitz der Kölner Goldschmiedin Elisabeth Treskow (1898–1992) stammt und von ihr zu einem Siegelring verarbeitet wurde. Sie sammelte antiken Schmuck, der sie bei ihrer Arbeit ebenso wie die mittelalterliche Goldschmiedekunst inspirierte. Daraus entwickelte Treskow seit den Zwanzigerjahren eine moderne Archaik mit organischen Linien, rundgeschliffenen Edelsteinen, kräftigen Fassungen und anderen Reminiszenzen an uralte Techniken. Besonders intensiv beschäftigte sie sich mit der etruskischen, um 1920 wiederbelebten Granulation, bei der kleine Goldkügelchen die Kompositionen auf der Oberfläche der Schmuckstücke bilden. Sie war nicht die Neuerfinderin, wie gern behauptet wird, aber mit zahlreichen Werken in dieser Technik trug sie sehr zur Verbreitung und zur modernen Popularität der Granulation bei. Treskow ist eine Säulenheilige des MAKK, denn 1977 schenkte sie dem Museum ihren gesamten Schmuck samt Entwurfszeichnungen, ebenso zahlreiche Schmuckstücke und Gemmen aus der Antike. Einiges davon ist jetzt in der Ausstellung zu sehen.
Nach den Streifzügen durch den Linienzauber des Jugendstils, die Geometrie der Moderne oder die Exzentrik des Art déco faszinieren die Materialexperimente der Nachkriegszeit; man spürt die Aufbruchsstimmung der jungen Bundesrepublik. Ausführlich wird die Schmuckszene seit der Postmoderne der Achtziger zelebriert. Petra Hesse hat diesen Bereich in den letzten Jahren mithilfe von Stifterinnen und Stiftern stark ausgebaut. Wieder einmal zeigt sich: Der Autorenschmuck ist das derzeit kreativste Gebiet im Kunsthandwerk. So ironisiert Karl Fritsch den Edelsteinfetischismus mit Glassteinhaufen auf geschwärzten Silberringen, gießt Peter Chang surreale Kreaturen aus Kunststoffen oder verwandelt Gisela Nicolaysen einen Sektkorken in einen Ring. Manche Werke erzählen lustige Geschichten wie die Schuhkette von Ted Noten, andere bestehen aus alten Fotoplatten wie bei Bettina Speckner.
Seit 2018 ist der gesamte Trakt der historischen Sammlungen geschlossen. Der Grund: Brandschutz und Schadstoffbelastung. Die geplante Generalsanierung wurde im letzten November von der Dringlichkeitsliste gestrichen; die Stadt lässt das bedeutende Museum im Stich. Mit der elegant und inhaltsreich inszenierten Schmuckausstellung zeigt das MAKK, was es kann und welche Schätze es besitzt. In der Kölner Politik hat das offenbar noch niemand begriffen.
„Faszination Schmuck. 7000 Jahre Schmuckkunst im MAKK“
Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK)
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