Auktionstage bei Leo Spik

Heilige und andere Vögel

Auf unserer Auktionen-Watchlist für diese Woche: allerlei Himmlisches – vom Flügelaltar bei Leo Spik bis zum stolzen Adler bei Koller

Von WELTKUNST Redaktion
30.11.2020

Ars nova bei Leo Spik

Ziemlich altklug schaut das Jesuskind in der Mitteltafel des spätgotischen Triptychons drein, so als wolle es die Welt zu Spekulationen über seinen Schöpfer auffordern. Die maßgebliche Expertin  Pilar Silva Maroto ist sich sicher: Der Spanier Fernando Gallego, der um 1440 bis 1507 in Kastilien lebte, soll den mit 67 mal 91 Zentimetern nicht sehr großen Flügelaltar „Madonna der Demut“ gemalt haben, den Leo Spik bei seinen Auktionstagen vom 3. bis 5. Dezember in Berlin versteigert. Auf den Seitenflügeln sind jeweils zwei Heilige übereinander angeordnet: links Andreas (oben) und Eustachius, rechts Johannes der Täufer und Katharina. Offensichtlich entstand der Altar unter dem Einfluss der Kunstrevolution in den burgundischen Niederlanden. Auch in Spanien fiel die „Ars nova“ auf fruchtbaren Boden, und einer der besten Vertreter der „hispano-flämischen“ Malerei war Gallego. Pilar Silva Maroto hat ihre Erkenntnisse bereits in der spanischen Kunstzeitschrift Ars Magazine publiziert. Das Triptychon bei Spik ist museumswürdig. Das Auktionshaus, das im vergangenen Dezember sein 100-jähriges Bestehen feierte, bleibt dennoch vorsichtig und hat die Taxe auf 120.000 Euro angesetzt.

Nolde Grisebach Auktionen
Unter mehreren Werken Emil Noldes lässt der „Mohn im Wind“ von 1926 mit 350.000 bis 450.000 Euro die Erwartungen bei Grisebach am höchsten anwachsen. © Grisebach

Hochzeit mit Mohnblumen

Es kann sich lohnen, bei einer Eheschließung ein Malertalent zur Feier einzuladen: Emil Noldes Gemälde „Mohn im Wind“ (1926) wurde 1931 als Hochzeitsgeschenk in die Schweiz verschenkt und befand sich seither in Familienbesitz. Von mehreren Werken des Expressionisten in der Abendauktion mit ausgewählten Werken am 3. Dezember bei Grisebach in Berlin bringen die Mohnblumen mit 350.000 Euro die höchsten Erwartungen mit. Weniger typisch ist eine kleine Marinemalerei, rasch hingeworfen während einer ausgedehnten Südseereise, die der Künstler 1913 mit seiner Frau unternahm. Die aquarellierte Tuschezeichnung „Dschunken im Gelben Meer“ ist mit vergleichsweise bescheidenen 40.000 Euro veranschlagt.

Geschenk ohne Gegenliebe

Noch ein Malergeschenk steht im Mittelpunkt der Auktion mit moderner und zeitgenössischer Kunst am 3. Dezember bei Neumeister in München – allerdings ein verschmähtes: Eigentlich wollte Max Pechstein im Jahr 1920 seinen ehemaligen Hausarzt mit einem Porträt von dessen Sohn „Frank mit Kindermädchen Anna Gärtner“ erfreuen. Die wenig entzückte Reaktion des Vaters bewog ihn, den enttäuschten Empfänger mit einem anderen Motiv zu versöhnen, das er recht ökonomisch gleich auf der Rückseite der Leinwand festhielt: Die „Keitelkähne“ bieten auch einen  Blick auf die Häuser des ostpreußischen Fischerdorfs Nidden, das Anziehungspunkt für Künstler war. Die untere Taxe liegt bei 350.000 Euro.

Dr. Eder Vortragekreuz Auktionen
Mindestens 7500 Euro verlangt Dr. Eder für das französische Vortragekreuz, das um 1350 in Frankreich gefertigt wurde. © Dr. Eder

Das Kreuz des Königs

Heilig’s Blechle: Sakrale Kunstwerke der Epoche zwischen 1300 bis 1500 aus edlem Metall werden am 5. Dezember bei Dr. Eder in Köln aus verschiedenen Privatsammlungen versteigert. Ein Vortragekreuz aus vergoldetem Kupfer wurde um 1350 in Frankreich gefertigt. Es zeigt Christus, Maria und Johannes als Vollgussfiguren, die beiden Schächer Dismas und Gestas auf Emailplaketten. Das Kreuz gelangte aus dem Nachlass König Leopolds III. von Belgien über den Kunsthandel in eine Stuttgarter Sammlung und hat jetzt einen Limitpreis von 7500 Euro. Ein französisches Silberkreuz der Zeit um 1500 mit einem Lamm Gottes im Hochrelief und den Baronen Seydlitz-Kurzbach als Vorbesitzer soll mindestens 5000 Euro bringen.

Bassenge Auktionen
Eine Rarität sind die zwei Workbooks von William Eggleston aus den Jahren 2006 bis 2008 mit jeweils 64 und 62 Farbabzügen, die Bassenge auf 20.000 Euro schätzt. © Bassenge

Laborbericht einer Fotolegende

1983 begegnete der Berliner Fotograf Wilmar Koenig seinem amerikanischen Kollegen William Eggleston, woraus eine Freundschaft erwuchs, mit ausgiebigen gemeinsamen Reisen. Bassenge versteigert in seiner Fotografie-Auktion am 2. Dezember in Berlin verschiedene Werke aus dem Nachlass des 2018 verstorbenen Koenig – darunter zahlreiche Abzüge Egglestons mit moderaten Taxen von 1000 bis 3000 Euro. Außergewöhnlich sind zwei Workbooks aus der Zeit um etwa 2006 bis 2008 mit jeweils 64 und 62 Farbabzügen (letzteres zusätzlich mit einer Originalzeichnung), die zum Schätzpreis von 20.000 Euro Einblick in die Arbeitsweise Egglestons geben.

In der Asiatika-Auktion bei Koller thront der „Adler auf Kiefer“ von Qi Baishi (1864–1957) mit einem Schätzpreis von 350.000 Franken über allem. © Koller

Greif dir den Vogel!

Sammlerjäger der modernen chinesischen Malerei sollten ihr scharfes Auge auf folgende Beute richten: Als Toplos kommt in Kollers Asiatika-Auktion am 3. Dezember in Zürich eine Arbeit Qi Baishis (1864–1957) mit einer Taxe von 350.000 bis 500.000 Franken zum Aufruf. Das signierte und mit zwei Künstlersiegeln gestempelte Werk zeigt einen stolzen Adler auf einem mit kräftigen, schnellen Pinselstrichen getuschten mächtigen Kiefernstamm. Ganz in der Tradition des Xieyi-Stils bringt der dieser Meister der Naturdarstellung die Charakteristika von Greifvogel und Baum auf Papier.

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