Die Schlösser und Burgen der Schatzkammer Thüringen bewahren besondere Kunst, faszinieren durch grüne Landschaftsräume und halten die Vergangenheit lebendig. Teil 1: von der Heidecksburg in Rudolstadt bis Schloss Friedenstein in Gotha
Von
22.08.2025
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Erschienen in
Weltkunst Nr. 244
Residenzschloss Heidecksburg, Rudolstadt
Schicksalsschlägen ist das alte Thüringer Geschlecht der Schwarzburger mit Beharrlichkeit begegnet: Zweimal brannte ihr Domizil in Rudolstadt, zweimal erstand es umso prächtiger wieder auf. Nach dem Feuer im Jahr 1575 verwandelte Graf Albrecht VII. von Schwarzburg-Rudolstadt seine Burg in ein Renaissanceschloss. Als dann 1735 der Westflügel des Residenzschlosses Heidecksburg den Flammen zum Opfer fiel, ließ Fürst Friedrich Anton diesen nach Plänen des Architekten Johann Christoph Knöffel im Stil des Dresdner Spätbarocks erbauen. Die Innenräume für Nachfolger Johann Friedrich gestaltete 1742 dann Gottfried Heinrich Krohne. Ein Clou – denn der Baumeister führte das Rocaille-Dekor ein. So sind die Rudolstädter heute stolz auf eines der bedeutendsten Rokoko-Interieurs Deutschlands. Der Festsaal trumpft mit konkaven und konvexen Wandschwüngen auf sowie einem Deckenfresko von Lorenz Deisinger, das den olympischen Götterrat zeigt. Seit 2007 lockt zudem die Dauerausstellung „Rococo en miniature“.
Dornburger Schlösser und Gärten, Dornburg-Camburg
Im Jahr 1920 verlegte Walter Gropius die Keramikwerkstatt des noch jungen Bauhauses in ein neues Zuhause hoch über dem Saaletal. 25 Kilometer östlich von Weimar, in einem Marstall der Dornburger Schlösser und Gärten, fand fortan der Unterricht im Geiste der schnörkellosen Moderne statt. Unter den Schülerinnen und Schülern der Keramikklasse befanden sich spätere Größen ihres Fachs wie Marguerite Friedlaender, Theodor Bogler oder Otto Lindig, zu den ersten Industriewaren der Werkstatt zählten die berühmten Bogler-Vorratsdosen. Das Dornburger Rokokoschloss aus dem Jahr 1732 wird von zwei weiteren Bauten flankiert: dem Alten Schloss mit mittelalterlichem Ursprung sowie dem Renaissanceschloss, das 1539 errichtet wurde. Erst 1824 ließ Großherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach die drei Schlösser zu einem Ensemble verbinden, Weinberge auf den Muschelkalkfelsen und üppige Rosenbeete komplettieren das malerische Ambiente. Die ehemalige Bauhaus-Werkstatt ist heute zugänglich – mit originalem Werkzeug und Objekten aus einer Zeit gestalterischer Umbrüche.
Schloss Friedenstein, Gotha
Selbst aus luftiger Höhe ist die Dimension des herzoglichen Gestaltungswillens noch gut zu erkennen. Auf den Ruinen einer geschleiften Festung bei Gotha entstand in den letzten Jahren des Dreißigjährigen Krieges einer der größten Paläste des 17. Jahrhunderts mit einem programmatischen Namen: Schloss Friedenstein taufte Ernst I. von Sachsen-Gotha-Altenburg seine frühbarocke Residenz, in der er auch Platz für die Verwaltungsbehörden seines Reiches mit einplante. Der Herzog mit dem Namenszusatz „der Fromme“ wurde als Reformer des Kirchen- und Schulwesens bewundert. Heute kann man im Schloss die Prunkgemächer der herzoglichen Familie sowie eine Wunderkammer mit zahlreichen Raritäten und das barocke Ekhof-Theater bestaunen. Die kostbare Kunstsammlung der Gothaer Herrscher ist nebenan im Herzoglichen Museum untergebracht.