Die Bildgießerei Noack in Berlin ist eine der ältesten ihrer Art. Wir sprachen mit der Kuratorin Isabella Mannozzi über 125 Jahre Firmengeschichte, Ernst Barlach und ihre Ausstellungsarbeit
Von
03.06.2022
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Erschienen in
Kunst und Auktionen Nr. 10/22
Höre ich da eine Vorliebe für ein jüngeres Publikum bei der kuratorischen Arbeit heraus?
Grundsätzlich ist unser Anspruch in der Werkstattgalerie, den künstlerischen Werken ein Forum zu geben, die für unsere 125-jährige Firmengeschichte von Bedeutung waren. Dabei darf man nicht vergessen, dass Noack fast die gesamte deutsche Klassische Moderne gegossen hat. Aber wir verfolgen dabei auch den Ansatz, skulpturale Positionen mit heutiger Malerei oder Fotografie in unseren Ausstellungsprojekten zu verbinden. Hierzu zählten unter anderem die Mack-Ausstellung von 2020, im Jahr des 90. Geburtstags des Künstlers, eine Ausstellung mit Fotografien Andreas Mühes und des französischen Malers Emmanuel Bornstein sowie die Jimmy-Durham-Ausstellung „Take me to the River“ von 2019. Und natürlich unsere zuletzt viel beachtete Vivian-Maier-Schau, die wir in Zusammenarbeit mit der Howard Greenberg Gallery in New York auf die Beine stellen konnten.
Wie sieht das weitere Programm mit Zeitgenossen aus?
Ende des Jahres planen wir eine Ausstellung mit der deutsch-russischen Künstlerin und Ur-Enkelin von Karl Marx, Anna Bogouchevskaia. Eine ihrer Groß-Plastiken wird im Laufe des Jahres an der Rostocker Kunsthalle neben Werken anderer Künstler aufgestellt – unter anderem von Tony Cragg. In unserer Ausstellung präsentiert sie sich mit neuen Arbeiten zum Klimawandel an der Schnittstelle zwischen Figuration und Abstraktion. Zudem setzen wir im kommenden Frühjahr nach unserem großen Erfolg mit Vivian Maier unsere Ausstellungsreihe in der Fotografie mit Joel Meyerowitz fort. Seine Arbeiten sind vergleichbar mit denen der Amerikaner William Eggleston oder Stephen Shore, allesamt Pioniere der künstlerischen Farbfotografie, die vor allem Themen wie Porträt und Architektur innerhalb der Street-Fotografie behandelte.
Was ist kuratorisch eigentlich immer die größte Herausforderung?
Die stetige Herausforderung für mich als Kunsthistorikerin ist es, die Ausstellungen weitgehend frei von Wissenschaft und Akademismus zu halten, da sie sonst sowieso die wenigsten rezipieren könnten. Dabei arbeite ich ständig interdisziplinär. Bereits als Kostümbildnerin in Produktionen bei Film und Fernsehen habe ich interdisziplinäre Erfahrungen sammeln können. Ich empfinde die Übergänge in verschiedene Fachgebiete als fließend und sehr spielerisch. Manchmal sind es aber auch die eher banalen Herausforderungen, an denen man scheitern kann.
Zum Beispiel?
Bronzefiguren sind sehr schön, aber auch sehr schwer. Es ist oftmals eine Herausforderung, tonnenschwere Werke zu platzieren. Und selbst die leichteste Bronze kann man als Frau nur schwer alleine umstellen. Da bedarf es immer auch der Hilfe. Schon deshalb geht es nur im Team.
Wie lässt sich der Verlauf einer kuratorischen Arbeit beschreiben?
Einfach mal anfangen – meist entwickelt sich eine Schau beim Installieren. Ich bin ein Mensch, der viel aus dem Bauch heraus entscheidet. Man trägt die Gedanken über das kommende Projekt aber auch immer mit sich herum – und ist die Ausstellungseröffnung erst einmal da, ist das wie Katharsis.