In unserer Sonderausgabe zum Jahreswechsel versammeln wir Kunstziele aus aller Welt, die Vorfreude und Fernweh wecken. Vom Engadin bis Myanmar, hier sind unsere Sehnsuchtsorte
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15.12.2020
Wer Kunst liebt, ist gerne auf Reisen. In diesem Jahr haben wir erlebt das beides nicht so selbstverständlich ist, wie wir dachten. Aber weil dieser Zustand nicht von Dauer sein wird, versammeln wir traditionell in unserer Ausgabe zum Jahreswechsel Kunstziele in nah und fern, die der Redaktion besonders am Herzen liegen. Unser Redakteur Sebastian Preuss hat die Bergwelt des Schweizer Engadin bereist, wo er zwei ungewöhnliche Frauen traf, die das Erbe des Fin-de-Siècle-Malers Giovanni Segantini hochhalten. Der staatenlose Italiener hatte in den 1880er und 1890er Jahren das Leben der Bauern und die imposante Landschaft in glühenden Gemälden verewigt. „Die Dorfbewohner, ihre Kühe und Schafe erscheinen in urtümlicher Monumentalität“, schreibt Preuß, „und eine Archaik durchströmt die Bilder, die durch das Flirren der Pinselstriche in eine entrückte Sphäre überführt wird.“ Einfühlsam schildert unser Autor die Begegnung mit Giconda Leykauf-Segantini, der letzten lebenden Enkelin von Segantini, die in ihren Büchern den Lebensumständen ihres Großvaters nachspürt und seine Gemälde in sehr persönlicher Weise interpretiert.
Ein zweites Reiseziel war das noch immer leider viel zu wenig bekannte Wörlitzer Gartenreich, das Fürst Franz von Sachsen-Anhalt Ende des 18. Jahrhunderts als Musterort der Aufklärung, als idealtypische Vermählung von Ästhetik und Ethik, in der Nähe von Dessau anlegte. Die Münchner Sammler Sven Kielgas und Falk Morten von Oeynhausen wohnen mitten in diesen Parkanlagen und sind profunde Kenner der Geschichte und der Geheimnisse, die das Gartenreich birgt. Sie nahmen uns mit auf einen ausgedehnten Spaziergang, der uns die Augen öffnete, etwa für die zahlreichen amourösen Verweise, die in die Parkarchitektur eingebettet sind.
Und noch mehr Fernweh-Stoff: Der legendäre Kurator Kaspar König würdigt die Malerin Vivian Suter, die im Dschungel von Guatemala Leinwände bemalt. Die Berliner Fotografin Beatrice Minda hat in Myanmar Villen aus der Kolonialzeit fotografiert, die wie exotische Fantasiegebilde wirken. Und der ZEIT-Redakteur Thomas E. Schmidt bringt uns die faszinierende Welt der chinesischen Landschaftsdarstellungen nahe, die das Diffizilste und Feinnervigste sind, was die chinesische Kunst zu bieten hat. Obendrein haben Kunsthandwerk aus aller Welt versammelt, die ein Stück ferner Länder nach Hause bringen – und die wunderbare Geschenkideen sind.