Crowdsourcing heißt der Weg, unbekannte Motive von Bildern mithilfe der Netzgemeinde zu erschließen
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23.02.2017
Die Welt ist voller Geheimnisse – auch die Bilderwelt eines Archivs. Ruft man die Internetadresse ba.e-pics.ethz.ch auf, öffnet sich die Seite „e-pics“ des Online-Bildarchivs der ETH-Bibliothek, also der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. Dieses Bildarchiv verfügt über einen Bestand von mehr als drei Millionen Dokumenten, die bis weit in das 19. Jahrhundert zurückreichen. Dazu gehören Aufnahmen zur Wissenschafts- und Technikgeschichte der Schweiz und der ETH Zürich, verschiedene Sammlungen von Porträts, Landschafts- und Ortsansichten – teils Luftbilder – mit Schwerpunkt Schweiz, hinzu kommt das Fotoarchiv der Swissair und das Fotoarchiv der Fotoagentur Comet Photo AG.
Von all diesen Abbildungen wurden bereits, wie eine bescheidene Kopfzeile verrät, mehr als 370.000 digitalisiert und online gestellt. Man kann sie neben der allgemeinen Suchfunktion auch noch nach „Hochformat“, „Querformat“, „Panorama“ sowie „farbig“, „handkoloriert“ und „schwarz-weiß“ durchsuchen. Gut ein Drittel davon ist urheberrechtsfrei, bei den anderen wird die Quelle angegeben. Unter „Kategorien“ kann man umfangreiche Bildkonvolute nach „Schlagwort“, „Genre“ oder „Fotograf“ durchstöbern. Außerdem findet sich auch die – bei einer wissenschaftlichen Bibliothek zunächst seltsam anmutende – Frage: „Wissen Sie mehr?“ (zu der man auch direkt über den oben genannten Link gelangt). 3929 Elemente erscheinen dann als Thumbnails, die sich einzeln anklicken, vergrößern, herunterladen und drucken lassen. Man findet dort alle Informationen, über die das Archiv bisher verfügt.
Das schließt diverse Fragezeichen jedoch nicht aus. Und damit ist der Blog blogs.ethz.ch/crowdsourcing gefragt. Denn unter der Kategorie „Wissen Sie mehr?“ stehen „Bilder, die wir nicht genau beschreiben oder datieren können“. So werden seit Jahresbeginn Fach- und Sachkundige ermuntert, dem Archiv mitzuteilen, um was es sich da handeln könnte: um welchen Ort, welches Gebäude, welche Personen, welches Ereignis, welche Entstehungszeit. Bis zum 1. Februar (die Statistik wird jeden Monat aktualisiert) waren es 13.680 Hinweise, die bei 11.292 Bildern zu genaueren Angaben führten. 727 Sucher – zu 90 Prozent Männer – fühlten sich zu dieser Detektivarbeit herausgefordert. Und um den Ehrgeiz anzustacheln, gibt es auch eine Top-Ten-Liste dieser freiwilligen Helfer (1493 Tipps hat der Beste gegeben).
Lesenswert sind die Berichte unter der Rubrik „Sie wussten mehr!“, die erzählen, wie man „über verschlungene Wege und irreführende Spuren zu einem überraschenden Ergebnis“ kam. Das gilt gleichermaßen für den „Blick über die Mauer“ (in Berlin), die Luftaufnahmen während eines Flugs von Zürich über Stuttgart und Halle / Leipzig nach Berlin im Jahr 1934, für die Namen und Eigenarten von Dampfschiffen, die in Ansichtspostkarten einkopiert wurden, um die Landschaft touristisch aufzuhübschen, oder für Akteure bei der Fußballweltmeisterschaft 1954, die Spielminute eingeschlossen (Abb. Finalspiel Deutschland – Ungarn (3:2) in Bern, 24. Minute). In der „Information“ zum Bild wird stets aufgeführt, wer mit welchen Hinweisen und Argumenten herausfand, was man zuvor nicht wusste. Und die ausführlichen Kommentare im Blog lassen erkennen, welche Verführung diese Fragezeichen für echte Bilderdetektive sind.