Art Karlsruhe

Glänzende Aussichten

Tradition und Innovation: Die Art Karlsruhe hat nach 20 Jahren eine neue Leitung, doch die Doppelspitze aus Kristian Jarmuschek und Olga Blaß setzt auf Kontinuität

Von Christiane Meixner
20.02.2024
/ Erschienen in Weltkunst Nr. 223

Es braucht schon etwas Fantasie, um im heftig rotierenden Blau-Schwarz-Rot-Gelb und den skizzenhaften Gestalten des Bildes jenen Georg zu erkennen, der „mit einem abgerissenen Strauß Autospiegel zur Tür hereinfällt“. Der Künstler Walter Stöhrer hat seinem Bild von 1975 aber nicht bloß einen ellenlangen Titel gegeben, sondern auch einen Zusatz. „Hommage à Konrad Bayer“ steht da und lichtet das Farbdickicht: Stöhrer verknüpft seine expressive Malerei mit der Literatur des österreichischen Dichters Bayer und schafft bildhafte Assoziationen von großer Anziehungskraft.

Kristian Jarmuschek und Olga Blaß leiten erstmals als Doppelspitze die Art Karlsruhe

Das Werk hängt auf der Art Karlsruhe am Stand des Galeristen Ewald Karl Schrade, und so weit könnte alles beim Alten sein, denn Schrade war als langjähriger Direktor der Messe stets auch mit seiner Galerie präsent. Nach zwei Dekaden an der Spitze hat er den Posten nun jedoch an Kristian Jarmuschek übergeben. Der Gründer der Berliner Messe Positions und der flottierenden Paper Positions bildet gemeinsam mit Olga Blaß künftig eine Doppelspitze. Und eines wird Jarmuschek, der selbst ebenfalls als Galerist tätig ist, sicher nicht tun: zur Tür der Art Karlsruhe hereinfallen.

Walter Stöhrer: „Georg fällt mit einem abgerissenen Strauß Autospiegel zur Tür herein“ (1975), Galerie Schrade. © Galerie Schrade
Walter Stöhrer: „Georg fällt mit einem abgerissenen Strauß Autospiegel zur Tür herein“ (1975), Galerie Schrade. © Galerie Schrade

Im Gegenteil. Die Messe hat sich bewährt, ist als wiederkehrende Plattform eines vitalen Kunstmarkts zum Magneten im süddeutschen Raum geworden und setzt deshalb auf Kontinuität. Gemälde stehen weiterhin im Fokus, eine Galerie wie Friese aus Berlin kann in diesem Umfeld mit den jüngsten Motiven ihres Malers Cornelius Völker glänzen: mit übergroßen Bonbons, die sich aus der Nähe betrachtet in abstrakte Pinselgesten zerlegen.

Werke von Picasso, Max Liebermann und Ernst Ludwig Kirchner sind Teil des Programms

Auch die klassische Moderne hat sich ihren Platz erobert. Picasso ist allein in fünf Galerien, darunter in der neu gegründeten belgischen LE Gallery, vertreten. Max Liebermann findet man am Stand von Ludorff, aus Düsseldorf, dazu Ernst Ludwig Kirchner, den auch die Schweizer Galerie Henze & Ketterer mitbringt, während Werke von Marc Chagall ebenso bei Jeanne aus München wie der Londoner Gilden’s Art Gallery hängen. Der bewährte Parcours der Skulpturen, wo mit Arik Levy oder Nigel Hall die etablierten Bildhauer etwa der Galerie Scheffel (Bad Homburg) unterkommen, wird ausgeweitet und um andere Formate ergänzt.

Reduziert hat sich allein die Zahl der teilnehmenden Galerien: Vergangenes Jahr waren es über 200, in der neuen Konstellation konzentriert man sich auf 177 Galerien aus 13 Ländern. Was der Messe keinesfalls schadet, die bei aller Großzügigkeit der Hallen in der Vergangenheit auch etwas unübersichtlich ausfiel. Solche Innovationen schärfen nicht zuletzt den Blick für subtilere Positionen wie die Künstlerinnen und Künstler der Galerie Heike Strelow, die aus Frankfurt anreist, mit zarten Geometrien von Hendrik Zimmer oder den stillen, abstrakten Horizonten von Mathias Kessler, die dankbar für ein ruhigeres Umfeld sind.

Das Format „Newcomer“ ermöglicht jungen Galeristen einen ersten Messeauftritt

Die neue Übersichtlichkeit sorgt für Neuteilnehmer wie die spannende Galerie Cosar aus Düsseldorf. Meyer Riegger (Karlsruhe/Berlin), mit Namen wie Peppi Bottrop oder Miriam Cahn im Programm, nehmen nach einer Auszeit nun erneut teil. Das Format „Newcomer“ ermöglicht jungen Galeristen wie Malte Pawelczyk oder der Mailänder Tempesta Gallery ihren ersten Messeauftritt überhaupt. Eine sichtbare Innovation geht schließlich von Galerien wie Bege aus Ulm, Claeys (Freiburg) und Judith Andreae, die 2012 in einer ehemaligen Schule in Bonn eröffnete, aus. Das Trio zeigt ausschließlich Arbeiten von Künstlerinnen in Einzelpräsentationen und stärkt so den Anteil weiblicher Positionen auf der Art Karlsruhe, der damit auf ein Drittel steigt. 

Service

Messe

Art Karlsruhe,

Messe Karlsruhe,

22. bis 25. Februar

art-karlsruhe.de

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