Bild des Tages

Erinnerungen an Eberhard Havekost

Der deutsche Künstler konstruierte Bilder, um über die Mechanismen unserer Wahrnehmung zu reflektieren. Vor vier Jahren verstarb Eberhard Havekost überraschend in Berlin. Heute wäre er 56 Jahre alt geworden

Von Christiane Meixner
12.10.2023

„Ich vermisse Ebs als guten Freund, nachdenklichen Betrachter und herausragenden Künstler“, schreibt Max Hollein in einem Fanzine über Eberhard Havekost. Realisiert hat es der New Yorker Galerist Anton Kern, der Ebs gerade eine große Soloschau widmet. Er erinnert damit an Havekost, den großartigen Maler kleiner, mit Geheimnissen aufgeladener Momente, der heute Geburtstag hätte. Doch im Juli 2019 verstarb der gebürtige Dresdner mit 51 Jahren völlig unerwartet in Berlin.

Erinnerungen verbinden sich auch mit Dresden. Hier wurde Havekost geboren, absolvierte er eine Lehre als Steinmetz, floh kurz vor der Wende in den Westen – und kehrte 1991 an die Hochschule für Bildende Künste nach Dresden zurück. Hier knüpfte der Künstler bereits in den neunziger Jahren Kontakte zu Frank und Ralf Lehmann, die sein Talent früh erkannten und deren Galerie Gebr. Lehmann zu seinen wichtigsten Förderern zählt. Was sie sahen, war eine Malerei, die Sichtbares scheinbar exakt wiedergibt und es doch interpretierend verzerrt. Glatte Fassaden, die Coolness modernistischer Architektur, Gesichter wie aus der Werbung, der Verzicht auf überflüssige Details. Ein blaues Wegwerffeuerzeug in Nachsicht und seltsam beschnitten, ähnlich wie das Insekt auf dem Gemälde „Periplaneta americana“ von 2013. Solche Entscheidungen machen Havekosts Motive ebenso rätselhaft wie herausfordernd. Und gefragt in internationalen Museen, die immer wieder Ausstellungen zeigen.

Manche seiner Bilder wirken wie bearbeitete Fotografien. Tatsächlich griff der Künstler immer wieder auf Vorlagen zurück, um meist alltägliche Momente in die Malerei zu überführen. So stieg Havekost, der ab 2010 eine Professur an der Kunstakademie in Düsseldorf hatte, mit einem traditionellen Medium in das digitale Zeitalter ein. Seine Kunst will den Dialog, schafft ein Ping Pong der Wirklichkeiten. Man liebt die Gemälde ob ihrer Ästhetik, hat aber zugleich ein mulmiges Gefühl, weil alles wie eingefroren wirkt. Eberhard Havekost liebte die Flachheit im formalen Sinn, statt einer Illusion konstruierte er Bilder, mit denen es sich auseinander zu setzen gilt, um über die Mechanismen der Wahrnehmung zu reflektieren. Um nichts weniger ging es ihm, daran erinnern in Kerns Fanzine neben Hollein auch Fabrice Hergott als Direktor des Musée d’Art Moderne in Paris und Kurator Ulrich Loock. Frank Lehmann findet es tröstlich, dass der Künstler noch vier Jahre nach seinem Tod von den Zeitgenossen so intensive Spuren hinterlässt. Die Dresdner Galerie hat keine Havekost-Ausstellung, aber stets Werke von ihm im Showroom hängen.

Übrigens: Die Galerie nimmt Gemälde wie „Periplaneta americana“ mit auf die Kunstmesse Highlights, die am 18. Oktober in München beginnt.

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