Kunst & Antiquitäten München

Ein Haus voller Kunst

Die Messe Kunst & Antiquitäten im Münchner Haus der Kunst führt durch Epochen und Kulturen von der Buddhafigur bis in die Abstraktion der Gegenwart

Von Gloria Ehret
19.10.2022
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 205

Kaum zu glauben: Die Altmünchner Veranstaltung Kunst & Antiquitäten findet bereits zum 101. Mal statt! 40 Aussteller bieten eine verführerische Vielfalt an bildender und angewandter Kunst seit dem Spätmittelalter sowie aus fremden Kulturen. Dabei haben die Österreicher einen bedeutenden Anteil. Magister Rochus Probsts „Kunstwelt“ (Graz) bietet eine sinnliche venezianische „Venus mit dem blinden Amor“: Das um 1710 entstandene Ölgemälde wird Giovanni Battista Pittoni zugeschrieben. Ebenso im Angebot ist eine auf 1801 datierte Alt-Wiener Porzellantasse mit Syrakusansichten von Konrad Wassermann. Ebenfalls aus Graz bringt Dr. Christian Steeb eine toskanische Nussbaum-Anrichte aus dem späten 16. Jahrhundert mit. Bei Walter Moskat (Wolfurt) sind Topstücke wie eine auf 1592 datierte, vergoldete Dosenuhr mit einem Soldaten mit Speer als Stundenanzeiger und zwei deutschen Wappen und ein kleines signiertes Öl-Stillleben auf Holz (1936) vereint. Franz Schauer aus Krems ist der Mann für Steinplastiken aus dem 18. Jahrhundert. Ein lebendig aus Sandstein gehauener heiliger Michael (6500 Euro) oder das Rotmarmor-Epitaph mit fein ausgearbeiteter Wappenzier (9800 Euro) warten auf neue Besitzer. Aus dem nahe Passau gelegenen österreichischen Schärding bringt Markus Strassner eine Auswahl reich verzierter kleiner Kassetten nebst einer reliefierten Elfenbein-Prunkplatte mit. Unter den Gemälden hebt er eine signierte „Paysage de Crozant, Le Puy Barriou“ von Armand Guillaumin, um 1899, hervor. Andreas Wurzers Wiener Galerie bei der Oper legt einen Schwerpunkt auf originale japanische Farbholzschnitte. „La Geisha“ hat der 1902 in Paris geborene und 1960 in Karuizawa verstorbene Paul Jacoulet seinen handsignierten Farbholzschnitt von 1935 genannt. Vom berühmten Utagawa Hiroshige zeigt Wurzer „Fujikawa, sanchû no sato kyûmei Miyakoyama“ von 1855. Kawase Hasui betört mit der stimmungsvoll-romantischen Mondlandschaft „Matsushima, Futagojima“ von 1933 aus der ersten Auflage.

Eine Kunst-&-Antiquitäten-Messe ohne das Münchner Kunsthändler-Ehepaar Pachmann wäre nicht vorstellbar: Roderich Pachmann verweist auf eine italienische Mikroschnitzerei des Antonio Bonini um 1770 in Silberpappel sowie auf ein seltenes Gebetbuch aus St. Gallen von 1774, dessen Deckel und Buchrücken aus vergoldetem Silber besteht, das mit massivem Silberfiligran-Rocailledekor und Marken versehen ist. Wohl der privaten Andacht dürfte der Weilheimer „Christus in der Rast“ aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts in originaler Fassung aus Lindenholz gedient haben. Unter den Skulpturen, Ikonen und ausgefallenem Kunsthandwerk bei Martin Viktor Puch fällt die von Karl Voss signierte, 1873 datierte und „Venus von Milo“ genannte Büste aus Carrara-Marmor ins Auge (45 000 Euro). Brigitte Martini verblüfft mit einer süddeutschen Christus-Prozessionsfigur aus dem frühen 17. Jahrhundert, die dank der originalen Fassung ans Gemüt rührt. Herold Neupert hat es aus der Schellingstraße nicht weit ins Haus der Kunst: Unter seinen klassischen Antiquitäten hebt er einen Creußener Apostelkrug mit der Inschrift „Mathias Lederer Catharina Lederin 1669“ hervor.

Dr. Thomas Schmitz-Avila und seine beiden Söhne gehören zu den wichtigsten Möbelexperten des Landes. Dies spiegelt sich in einem aufwendig gestalteten Wiener Globustisch aus dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts mit reichem Innenleben, Löwenköpfen und -tatzen und bester Provenienz. Zum erweiterten Programm gehört die Tiroler Lindenholzskulptur eines heiligen Stephanus aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mit Resten alter Vergoldung und früherer Fassung. Auch diesmal präsentiert Möbelspezialist Dr. Tilman Roatzsch (Schnaitsee) erstklassiges Biedermeier wie einen klappbaren Wiener Salontisch in Kirschholz mit Schwarzlotmalerei um 1815 und einen eleganten Achtersatz rheinischer Stühle, ebenfalls in Kirschholz, deren Lehnen geometrisch durchbrochen sind. Alwin Homeier pflegt in seinem Regensburger Coloneum den Epochendialog zwischen Biedermeier und Art déco: Da konkurriert ein süddeutscher Kirschbaum-Zylindersekretär um 1820 mit reicher Inneneinteilung mit einem Paar französischer, schwarz lackierter Clubsessel mit verchromten Metallstangen (um 1930). Der rote Stoff der Kissen stammt aus der „Wiener Werkstätte“-Kollektion von Backhausen. Bei Bargherpur aus Aschaffenburg werden Teppichträume erfüllt, von einer feinsten Manufakturarbeit in Seide aus Teheran um 1860/70, zu dem der Zwilling im dortigen Teppichmuseum zu bewundern ist, bis zu Designerstücken. Dr. Michael Ewenstein bringt diesmal aus Berlin neben russischen Ikonen eine goldene russische Krawattennadel mit Türkis und Diamanten im Etui aus dem 19. Jahrhundert mit sowie ein goldenes Moskauer Zigarettenetui „Foros“ (um 1907/17). Zu Dr. Stefan Birbaumers und Lieselotte Eberhardts Vitrinenobjekten, Miniaturen und objets de vertu aus Elfenbein und Bronze gesellt sich aktuell ein 40 Zentimeter hoher, teilvergoldeter silberner Tafelaufsatz in Schiffsform aus Hanau, der um 1890 entstand.

Traditionell sind Gemälde des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, Schwerpunkt Süddeutschland, gut vertreten. Dr. Andreas Bühler bringt aus Stuttgart eine signierte und auf 1886 datierte Venedig-Ansicht mit Santa Maria della Salute von Gustav Schönleber mit. Dazu eine „Galante Szene im Park“, die Carl Spitzweg um 1838 ersann. Beide Gemälde sind in den jeweiligen Werkverzeichnissen aufgeführt. Von (Julius) Adam bis (Heinrich) Zügel reicht das Künstleralphabet der Galerie Gabelsberg, die Christof Gruber an zwei Münchner Standorten betreibt. In das Haus der Kunst nimmt er Franz Gräßels Querformat „Acht schwimmende Enten“ sowie Eduard von Grützners vielfiguriges Genrebild „Ein guter Braten“ (WVZ Balogh 481) mit. In Kampen auf Sylt widmet sich die Galerie Rudolf den großen Malern und Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts: In München zeigt sie Alexej von Jawlenskys monogrammierte, auf 1966 datierte und „1935.XII.N 23“ genannte Abstraktion neben Günther Ueckers signiertem und datiertem Bild mit schwarz lackierten Nägeln auf kreisrunder, schwarz bemalter Leinwand mit dem Titel „Der schwarze Schwan Lohengrin“ (1980). Brigitte Strehlers Kunstkabinett in Sindelfingen ist bekannt für seine große Auswahl an Kupferstichen des 16. bis 19. Jahrhunderts. Nach München bringt sie unter anderem von Maria Sibylla Merian altkolorierte „Insekten Surinams“ mit.

In fremde Welten und Kulturen taucht man bei der Kunsthandlung Peter Hardt aus Radevormwald ein, die sich seit 40 Jahren der alten asiatischen Kunst verschrieben hat. Da ist die fein detaillierte Bronzefigur Lakshmi-Narasimha (18. Jahrhundert) aus Südindien zu bestaunen. Nach Nepal entführt ein Buddha des 19. Jahrhunderts aus getriebener Bronze mit inkrustierten Edel- und Halbedelsteinen. Aus demselben Land und Jahrhundert stammt eine große Bronze-Kultlampe. Bei der Karlsruher Galerie Darya steht alte japanische Kunst im Fokus: Naturdarstellungen spielten eine bedeutende Rolle, wie das Lackpaneel der Meiji-Periode vom Ausgang des 19. Jahrhunderts mit Chrysanthemen, Wachteln, Schmetterlingen und einer Libelle zeigt. Die verschiedenen mehrschichtigen Lackierverfahren sind mit Einlegearbeiten im Shibayama-Stil mit Perlmutt kombiniert.

Schmuck ist auf dieser Messe traditionell bestens vertreten. Das Kunsthaus Nüdling aus Fulda, geleitet von Mutter und Tochter Charlotte und Dr. Elisabeth Nüdling, verführt mit einem breiten, goldenen Vintage-Kugelarmband aus Italien sowie einem Emailcollier mit Diamanten und Perlen. Anziehend ist auch eine um 1880 wohl in Frankreich gefertigte goldene Blütenbrosche „en tremblant“ mit Diamanten im Originaletui, bei der die Blüte auch als Haarnadel getragen werden kann. Ein Paar gelbgoldener Ohrstecker trägt die Tiffany-Signatur. Sabine Füchters Art & Antique Jewellery konzentriert sich auf Schmuck und Juwelen des 20. Jahrhunderts und klassische Armbanduhren. Auf dieser Messe warten eine ungetragene Rolex Datejust in Stahl/Weißgold von 1976 in sehr gutem Zustand sowie eine kleine goldene Reiseuhr Mappin & Webb, London, Paris, Rom, mit 8-Tage-Werk im originalen Lederetui auf Liebhaber. Damen könnten ebenso bei den „Day & Night“-Ohrclips von Tiffany & Co. nach einem Entwurf Angela Cummings’ in den 1980ern mit Perlmutt, Mondstein und 18 kt Gold schwach werden wie auch beim Art-déco-Kleiderclip, signiert „Caldwell“, Philadelphia, um 1926 mit Diamantbaguett und Brillanten.

Wolfgang Gützlaf bringt aus Berlin vor allem Jugendstil- und Art-déco- Schmuck mit, darunter eine französische Brosche aus der Zeit um 1900 in Gelbgold mit Diamanten und einer Perle sowie einen Ring von Jean Després, Paris, 1930er-Jahre in Gelb- und Weißgold, und eine Van-Cleef-&-Arpels-Clip-Brosche (um 1930) in Platin mit Diamanten. Seit 1993, als Miriam Schmitz-Amkreutz und ihre Tochter Laura „The old Treasury“ gründeten, präsentieren sie hochwertigen Schmuck des 20. Jahrhunderts mit einem Schwerpunkt auf modernem Design. Das Haus ist auf signierte Stücke bekannter internationaler Schmuckhäuser und renommierter Designer spezialisiert. Wer exotische Kriechtiere mag, der wird sich in die französische Tierbrosche aus Silber und Gold von René Boivin um 1970 verlieben. Ebenfalls aus Frankreich stammt der um 1980 gestaltete Armreif in Gold mit Rubinen und Diamanten und der Signatur „Rouge-Pullon“. Um eine Florentiner Arbeit handelt es sich bei dem etwa zur selben Zeit entstandenen Armreif in Sterlingsilber, Email und Bambus, signiert: Gucci. Ortrud Müller-Heffter aus München verzaubert mit Schmuck, in den sie alte oder gar antike Teile einfügt. Auch Brigitte und Tochter Saskia Seewald haben sich ganz dem Schmuck verschrieben. Hier hat man die Wahl zwischen betörenden Jugendstil-Diamantmond-Broschen, einem in Platin gearbeiteten Art-déco-Kreuz mit Smaragd und Diamanten oder einer Haiti-Perlenkette mit einer in Platin gefassten Brillant-Wechselschließe.

Service

Messe

Kunst & Antiquitäten München,

Haus der Kunst (Westflügel),

15. bis 23. Oktober

kunst-antiquitaeten.de

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