Hans Rottenhammer

Geschmeidiger Grenzgänger

Die Auswahl an Gemälden des süddeutschen Malers Hans Rottenhammer auf dem Kunstmarkt war in den vergangenen Jahren größer denn je. Ein Millionenzuschlag zu Beginn des Jahrzehnts befeuerte den Markt

Von Michael Lassmann
05.11.2021
/ Erschienen in Kunst und Auktionen Nr. 17

In seinen Figurenbildern zu religiösen und mythologischen Stoffen vollzog Hans Rottenhammer (München 1564–1625 Augsburg) den Übergang vom Manierismus zum Frühbarock. Gleichzeitig wird die Bedeutung des lange in Rom und Venedig tätigen Malers vor allem an seiner Rolle als Vermittler italienischer, insbesondere venezianischer Bildtraditionen des späten 16. Jahrhunderts in Süddeutschland und den spanischen Niederlanden festgemacht. Orientiert an Meistern des Seicento wie Tizian, Veronese und Tintoretto, aber auch den flämischen Landschaftsmalern um Gillis van Coninxloo, wurde er insbesondere im 19. Jahrhundert als Vertreter eines zeittypischen Eklektizismus wahrgenommen; erst die Ausstellung in Lemgo 2008/09 – die erste monografische Darstellung zu seinem Schaffen überhaupt – arbeitete heraus, dass Rottenhammer trotz der genannten Einflüsse durchaus zu eigenständigen Bildlösungen gefunden hatte. So übernahm er die großangelegten, auf Fernwirkung bedachten Kompositionsmuster venezianischer Freskanten auch für die kleinen Formate seiner feinmalerisch ausgeführten Kabinettstücke und trug so entscheidend zur Entwicklung eines neuen Bildtypus bei.

Ebenso ist zu lesen, dass er durch die miniaturhafte Oberflächenglätte seines Farbauftrags die Malerei auf Kupfer aufgewertet habe. Zwar war die Verwendung von Kupferplatten als Bildträger aufgrund ihrer Stabilität auch außerhalb Italiens damals bereits gängige Praxis, doch angesichts der offenbar massenhaften und entsprechend standardisierten Fertigung wurden solche Bilder vielfach als Billigware von geringem künstlerischen Wert gehandelt. Die handwerkliche Perfektion der Produkte, die Rottenhammers Werkstatt verließen, verlieh ihnen hingegen das Prestige kostbarer Luxusartikel. Anerkennung fand bereits in Rom die agile Geschmeidigkeit seines Figurenstils – auch unter befreundeten Kollegen wie Jan Brueghel d. Ä. und Paul Bril, für die er häufig die Staffagen ausführte.

Rottenhammers Leben ist nur lückenhaft dokumentiert; vor allem über seine Anfänge wissen wir wenig. Gesichert ist, dass er nach einer Lehre bei dem Münchner Maler Hans Donauer 1589 über Venedig für mehrere Jahre nach Rom ging, um dort seine Ausbildung abzuschließen. 1596 ließ er sich für weitere zehn Jahre in Venedig nieder. Offenbar gelang es ihm dank fürstlicher Patronage, sich dort in kurzer Zeit zu etablieren: Unter anderem gewann er potente Sammler wie den Herzog von Mantua, den Grafen von Schaumburg und den glücklosen Habsburger-Kaiser Rudolf II. In Anbetracht seines Erfolgs ist nicht ganz schlüssig, warum er 1606 nach Deutschland zurückkehrte, wo er bis zu seinem Tod in Augsburg lebte; immerhin sprechen zahlreiche Ausstattungsarbeiten, unter anderem für die Residenz in München, den Goldenen Saal des Augsburger Rathauses, Altarbilder für die Familie Fugger und diverse Kirchen für eine zunächst gesicherte Auftragslage; 1609 rief ihn schließlich der Graf von Schaumburg an seinen Hof. Doch seine vorzeitige Entlassung wegen der säumigen Abgabe einer Bestellung war bereits ein erstes Indiz für den langsamen Abstieg des Künstlers: Auch anderen Auftraggebern entging nicht, dass der mittlerweile alkoholkranke Maler kein zuverlässiger Lieferant mehr war.

Die Auswahl an Gemälden war größer denn je: Mit 50 Losen wuchs die Offerte seit 2011 um gut 50 Prozent. Treiber für die fleißigere Akquise waren wohl zwei sechsstellige Ergebnisse und ein Millionenzuschlag gleich zu Beginn des Jahrzehnts. Doch bei weitem nicht alles, was den Käufern in ungewohnter Fülle angeboten wurde, wollten sie um jeden Preis besitzen. Zwar konnte die Quote der Rückgänge von der guten Hälfte auf 40 Prozent gesenkt werden, die Zunahme der Hammerpreise unter 10.000 Euro spricht aber für sich: Während zuvor nur drei Lose für vierstellige Beträge den Besitzer gewechselt hatten, blieben seither 40 Prozent der Transaktionen in diesem Bereich.

Im Gegensatz dazu verteuerten sich gesuchte Qualitäten spürbar, auch wenn die Preisspitze mit Werten über 100.000 Euro wenigstens prozentual nicht signifikant zulegte. Rottenhammer wird weiterhin international gehandelt, und zwischen den einzelnen Märkten kam es nicht zu markanten Umschichtungen. Mit einer Ausnahme: Britische Häuser drosselten ihr Engagement fast um die Hälfte und stellten nur noch 15 Prozent des Warenaufkommens. Davon profitierten vor allem Anbieter in Frankreich, Italien und Spanien; Deutschland hält mit einem knappen Viertel weiterhin den größten Anteil der Offerte.

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