In diesem Monat freuen wir uns auf die Barockmalerin Michaelina Wautier in Wien, entdecken die fantastischen Mischwesen von Leiko Ikemura in Chur und feiern Wim Wenders‘ Lebenswerk in Bonn
ShareBündner Kunstmuseum, Chur, bis 23.11.
Zu den großen Märchenerzählerinnen unserer Zeit gehört Leiko Ikemura. In ihren Werken folgt die Natur neu erfundenen Gesetzen. So kann „Das Meer in der Bergen“ liegen, wie ihre Ausstellung im Bündner Kunstmuseum Chur verkündet. Für die 1951 geborene japanisch-schweizerische Künstlerin ist die Schau auch eine Rückkehr, denn 1989 verbrachte sie ein Jahr in einem Bündner Bergdorf, um sich von der Alpenwelt inspirieren zu lassen. Transformation und Kreisläufe sind zwei Urkräfte, die in Ikemuras Kunst wirken. In Chur begegnet man fantastischen Mischwesen, halb Mensch, halb Hase. Sie sind aus Ton geformt, der sich im Brennprozess der Veränderung unterwirft. Die Ebene des Zeitlichen betonen auch Filmprojektionen oder Landschaftsmalereien, die in Abstraktionen zerfließen. Die Welt ist hier voller Magie!
Sammlung Scharf-Gerstenberg, Berlin, vom 24.10. bis 15.2.2026
Die surrealistische Sammlung Scharf-Gerstenberg ist eine feste Adresse in Berlin. Nun bekommt die blutsverwandte The Scharf Collection erstmals einen musealen Auftritt mit 200 Werken in der Hauptstadt: Bis Februar 2026 bezaubern in der Alten Nationalgalerie Monets vernebelte Brückenimpression oder Bonnards Katze, die auf ein Stillleben mit Obst schaut. Doch auch die Gegenwartskunst, etwa von Katharina Grosse, ist vertreten.
Kunsthistorisches Museum Wien, bis 22.2.2026
Wer war Michaelina Wautier? Diese Frage kann auch das Kunsthistorische Museum Wien nicht vollständig beantworten, wenn es bis Februar 2026 die flämische Barockmalerin zeigt. Herkunft? Ausbildung? Das bleibt Spekulation. Entschlossenheit liegt im Blick von Wautier, als sie sich 1645 als Mittzwanzigjährige selbst vor der Staffelei porträtiert. So nimmt sie die anspruchsvolle Historienmalerei in Angriff und schafft vor 1659 das monumentale „Bacchanal“. Sie setzt sich dafür über Konventionen hinweg und studiert – außergewöhnlich für eine Malerin ihrer Zeit – männliche Akte. Erzherzog Leopold Wilhelm von Österreich kauft dieses und andere Bilder. Die Schau „Michaelina Wautier, Malerin“ zeigt auch erstmals in Europa ihre Serie „Die fünf Sinne“, in der Knaben genüsslich in Butterbrote beißen oder dem Flötenspiel lauschen.
Landesmuseum Württemberg, Stuttgart, bis zum 1.2.2026
Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Archäologie viele antike Stätten des Mittelmeerraums gut erforscht, und so wanderte das Interesse weiter nördlich auch zu anderen Kulturen. Eine Dynastie, die sich für die verborgenen Schätze unter der heimischen Scholle interessierte, war das Fürstenhaus Hohenzollern-Sigmaringen zwischen Baden und Württemberg. Dessen archäologische Sammlung mit internationalen und lokalen Fundstücken wurde 2021 vom Landesmuseum Württemberg übernommen und ist nun erstmals seit Langem wieder öffentlich zu sehen. Staunen kann man über kunstvolle Objekte, zum Beispiel die in Gammertingen ausgegrabenen – wie den goldenen Bommelohrring aus der Ära der Merowinger, dessen Rundungen an uralte Fruchtbarkeitssymbole erinnern, oder eine Zierscheibe aus Bronze mit Dämonendarstellungen.
Bonn, Kunstmuseum, vom 9.10. bis 22.2.2026 / Bundeskunsthalle, bis 11.1.2026
Die USA mögen gerade politisch nerven, aber in der Kunst liefern sie stets viel Gutes. Phänomenal ist etwa die Fähigkeit der Amerikaner, ihr Alltagsleben in popkulturelle Bilder zu übertragen. Dass dabei die Architektur und die Seelenlandschaft der Kleinstadt eine wichtige Rolle spielt, beweisen im Herbst gleich zwei Ausstellungen in Bonn. „Gregory Crewdson. Retrospektive“ im Kunstmuseum würdigt einen Fotografen, der die abgründigen Facetten der small town in hochinszenierten Einzelaufnahmen verdichtet: Nebel wabert, ein Mann steht reglos auf der Straße vor einem umgeknickten Laternenpfahl. Crewdsons düstere Bilder scheinen einen ganzen Thriller-Plot zu liefern. Als Vorbild wirft hier der Maler Edward Hopper seinen riesigen Schatten – genau wie in der zweiten Ausstellung in der Bundeskunsthalle: Dort zeigt Regisseur und Wahlamerikaner Wim Wenders in seinen Filmen und Fotografien eine tiefe Verehrung für hoppereske Situationen.