KAWS in Berlin

Flieg mich zum Mond!

Zum ersten Mal stellt KAWS bei Max Hetzler in Berlin aus. In seinen neuen Bildern treffen Comicfiguren auf postapokalyptische Melancholie

Von Lisa Zeitz
08.07.2025
/ Erschienen in Weltkunst Nr. 243

Überhaupt, seine Charaktere: KAWS zitiert die Welt der Comics und der Popkultur von der Sesamstraße und den Peanuts über die Schlümpfe bis zu den Simpsons. Sein „COMPANION“ hat rundliche Gliedmaßen, wie Mickey Mouse, an jeder Hand nur vier Finger und ist geschlechtslos. Der Kopf ist eine Art verniedlichter Schädel mit Knochen, die rechts und links hervorragen wie auf einer Piratenflagge. Besonderes Merkmal, immer wieder, sind die Kreuze anstatt der Augen, in der Sprache der Comics eine Chiffre des Todes oder zumindest des Ausgeschaltetseins. Damit haben KAWS’ Figuren eine zombiehafte Spielzeugästhetik, sie verstören, weil sie das Unheimliche mit dem Putzigen verbinden, das Fröhliche mit dem Toten.

KAWS, „UNTITLED“, Acryl auf Leinwand (2025)
KAWS, „UNTITLED“, Acryl auf Leinwand (2025) © KAWS, courtesy the artist and Galerie Max Hetzler Berlin | Paris | London | Marfa

Die Skulpturen können aus Plastik und nur wenige Zentimeter hoch sein oder monumental aus Stahl oder Holz, aufblasbar auch mal 20 Meter messend. Auf Auktionen haben seine Werke schon oft die Millionen-Marke überschritten. Einmal, in Hongkong 2019, hat ein Simpsons-Motiv von 2005 sogar rund 13 Millionen Euro erzielt (mit Aufgeld). KAWS’ Popularität geht allerdings weit über die Kunstwelt hinaus und reizt auch Spielzeugfans und -sammler: Als der Onlineshop des MoMA eine 200-Dollar-Actionfigur von ihm ankündigte, war die Nachfrage so hoch, dass das System zusammenbrach.

Auch der Künstler selbst ist ein Sammler. Bis Anfang des Jahres zeigte das Drawing Center in New York „Selections from the KAWS Collection“, großartige Werke aus dem 20. und 21. Jahrhundert, von R. Crumb, Lee Lozano, Picasso, Hilma af Klint und Adolf Wölfli, neben 350 Zeichnungen auch einige Skulpturen, Spielzeug und Möbel. Mit seiner Leidenschaft für sogenannte Outsider-Artists engagiert sich KAWS schon seit Jahren für das American Folk Art Museum, dessen Kuratorium er angehört.

Dem Charakter „CHUM“ hat der Künstler unter dem typischen Totenschädel den Körper des Michelin-Männchens verpasst. Bei Hetzler ist er auf Leinwandbildern existenziellen Gefahren ausgesetzt. „CHUM“ droht zu ertrinken, oder er klammert sich an eine Klippe: Dabei ist die Komposition sehr reduziert, konzentriert auf die wenigen knallgrün behandschuhten Finger am Felsrand. Mit deren glatter Erscheinung kontrastieren die feinen Farbspritzer des Hintergrunds. Sie erinnern daran, dass Malerei aus Pigmenten besteht – und ein bisschen auch an funkelnde Sternenhimmel. 

Service

Ausstellung

„KAWS. Therapy“

Galerie Max Hetzler, Berlin

bis 9. August

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