Ausstellungen im Sommer

Unsere Ausstellungstipps für Juli

Von den Frauen der Pop-Art im niederländischen Gorssel bis zu essbaren Kunstwerken in der Berliner Prater Galerie. Diese sechs Ausstellungen sollten Sie im Sommer nicht verpassen

Von Tim Ackermann & Sina Ehlers
01.07.2025
/ Erschienen in Weltkunst Nr. 243

ZWISCHEN OBJEKT UND EMANZIPATION

Museum More, Gorssel, 22. Juni bis 28. September 2025 

Die Rolle der Frau in der Pop-Art ist eine zwiespältige, die selten hinterfragt wird. Doch die Ausstellung „Pop Models. Women in European Pop Art“ des Museum More im niederländischen Gorssel macht nun genau diesen Zwiespalt zum Thema: Sie verdeutlicht den Sexismus der Zeit anhand einiger männlicher Vertreter, die Frauen als zu begehrende Objekte darstellten, wie etwa Allen Jones, der weibliche Schaufensterpuppen zu Sesseln umfunktionierte. Dagegen positioniert die Schau auf der anderen Seite das Schaffen der Pop-Künstlerinnen, die oft im Schatten standen, manchmal aber auch bekannt wurden, wie die belgische Malerin und Schauspielerin Evelyne Axell. Dass sie und andere Frauen in Selbstporträts ihrerseits erotische Vorstellungen bedienten, darf man als Selbstermächtigung in dieser freiheitsliebenden Epoche verstehen.

Evelyne Axell, „Ice cream“, 1964
Evelyne Axell, „Ice cream“, 1964 © VG Bild-Kunst, Bonn 2025/Courtesy Bounameaux Art Expertise/Foto: Paul Louis

GESCHICHTEN AUF LEINWAND

Städel Museum, Frankfurt, 2. Juli bis 28. September 2025

Engel und Harlekine, Bauersleute und Reiter, Gefolterte und Maskierte: Nach Max Beckmann hat niemand mehr die Welt so sehr als Bühne gemalt wie der 1929 geborene DDR-Maler Werner Tübke. Mit historischem Personal erzählte er zeitgemäße, teilweise auch rätselhafte Geschichten. Früh zeigte sich Eduard Beaucamp überzeugt von diesen Arbeiten, und 2023 schenkten der F.A.Z.-Kritiker und seine Frau Barbara Beaucamp ein Konvolut an Tübke-Werken dem Frankfurter Städel Museum. Die 46 Zeichnungen und Aquarelle aus allen Schaffensphasen des Malers sind jetzt zu sehen.

Werner Tübke, „Beerdigung im winterlichen Tienschan-Gebirge“, 1962
Werner Tübke, „Beerdigung im winterlichen Tienschan-Gebirge“, 1962 © VG Bild-Kunst, Bonn 2025

KUNSTWELLEN

Kunstmuseum Wolfsburg, 9. Mai bis 28. September 2025

Reinspringen und sich treiben lassen: Mit „Freischwimmen. Köpper in die Kunst!“ lädt das Kunstmuseum Wolfsburg bis zum 28. September dazu ein, in die vielfältige Welt der Kunst einzutauchen. Statt strenger Präsentationen wagt sich die Ausstellung weit hinaus auf das offene Meer der Möglichkeiten. Unter den rund 100 Werken von über 30 Künstlerinnen und Künstlern erwarten die Besuchenden etwa die fließenden Farben in einer atmosphärischen Lichtinstallation von James Turrell, die Skulptur „Fluffing the Pillows H (Silo, Reling)“ von Nairy Baghramian, die an einen alten Seesack erinnert, sowie Fotografien von Robert Leebeck, die das sommerliche Freibadleben der 60er-Jahre eingefangen haben. Janette Laverrières Sitzplattform zum Chillen und Christian Falsnaes kleine Bühne, auf der jeder zum Tanz-Star wird, verstärken noch das Freizeitgefühl.

Nairy Baghramian, „Fluffing the Pillows H (Silo, Reling)“, 2013
Nairy Baghramian, „Fluffing the Pillows H (Silo, Reling)“, 2013 © Nairy Baghramian/Foto: Atelier Baghramian

DIE WELTKUNST IN DER BOURSE DE COMMERCE

Pinault Collection, Paris, bis 25. August

Fast ein Jahrhundert hat es bis zur wundersamen Verwandlung gedauert: Das Kunstmagazin WELTKUNST, gegründet 1927, ist selbst Kunst geworden! Zwar spricht die Inhaltsbeschreibung von Georges Adéagbos Installation „Le Souvenir d’un présent invisible“ vage von „einem Kunstmagazin“. Die Entscheidung fiel jedoch auf die WELTKUNST-Februarausgabe des Jahres 2018 mit der „Schlafenden Muse“ von Constantin Brâncuși auf dem Cover, die nun im Pariser Museum Bourse de Commerce auf einem Marmortisch neben einem Buch, einer Bronzekrone und einem Tabakskrug aus der Republik Benin liegt. Adéagbo setzt in seinen Werken verschiedene Gegenstände derart in Spannungsverhältnisse, dass die Dinge eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln scheinen. Daher passt er ausgezeichnet in die Ausstellung „Corps et âmes“ der Pinault Collection, die bis zum 25. August den Anteil von Körper und Seele auch in den Werken von Marlene Dumas, Philip Guston oder Arthur Jafa erforscht.

Georges Adéagbo, „Le Souvenir d’un présent invisible (Genève d’hier, Genève d’aujourd’hui)“, 2018
Georges Adéagbo, „Le Souvenir d’un présent invisible (Genève d’hier, Genève d’aujourd’hui)“, 2018 © VG Bild-Kunst, Bonn 2025

WENN LEBENSMITTEL ZUR KUNST WERDEN

Prater Galerie, Berlin, bis 7. September

Für solche Umnutzungen ist Berlin berühmt: In einem alten Pförtnerhäuschen im Ernst-Thälmann-Park bietet im Sommer die kommunale Prater Galerie ein Programm zum Thema „Ökosysteme der Fürsorge“ an. Noch bis zum 16. Juli zeigt Künstlerin Marisa Benjamim Pflanzen-Installationen. Dabei werden Blüten und Früchte zu verzehrbaren Kunstwerken. Vom 31. Juli bis zum 7. September präsentiert das Künstler:innenkollektiv Club Real einen Audiowalk, der die Geschichte des Parks aus der Perspektive der dort lebenden Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen erzählt.

Marisa Benjamim, „Tasting en Plein Air“, Kulturforum Berlin, 2024 © The artist/Foto: Andres Galeano
Marisa Benjamim, „Tasting en Plein Air“, Kulturforum Berlin, 2024 © The artist/Foto: Andres Galeano

HASE, HONIG, HOMMAGE

Museum Schloss Moyland, Bedburg-Hau, 13. Juli bis 26. Oktober

Wie kommt man in einen Werkdialog mit einem Vorbild wie Joseph Beuys? Marina Abramović führte im Jahr 2005 die bis heute vielleicht bekannteste Aktion des Künstlers in den Räumen des Guggenheim Museums auf – eine Hommage an Beuys, den sie seit 1973 persönlich kannte. In „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ (1965) hielt Joseph Beuys mit einer zweiten Haut aus Honig und Blattgold einen toten Hasen im Arm. 38 Zeichnungen und Objekte erklärte er dem leblosen Körper eines Tieres, das neben Fortpflanzung und Auferstehung eine Vielzahl weiterer ikonografischer Bedeutungen hat. Eine Ausstellung im Museum Schloss Moyland zeigt vom 13. Juli bis zum 26. Oktober die Dokumentationen zu den beiden Performances. Dazu bringt das Marina Abramović Institute 13 Performancekünstlerinnen und -künstler in einen neuen Dialog mit der Leitfigur Beuys.

Marina Abramović, „,7 Easy Pieces‘, Performing Joseph Beuys’ ,How to Explain Pictures to a Dead Hare‘ (1965)“, Solomon R. Guggenheim Museum, New York, 2005
Marina Abramović, „,7 Easy Pieces‘, Performing Joseph Beuys’ ,How to Explain Pictures to a Dead Hare‘ (1965)“, Solomon R. Guggenheim Museum, New York, 2005 © Courtesy of the Marina Abramović Archives/Foto: Attilio Maranzano

Service

AUSSTELLUNGEN

POP MODELS. WOMEN IN EUROPEAN POP
Museum More, Gorssel

WERNER TÜBKE. METAMORPHOSEN
Städel Museum Frankfurt

FREISCHWIMMEN. KÖPPER IN DIE KUNST!
Kunstmuseum Wolfsburg

CORPS ET ÂMES
Pinault Collection, Paris

ÖKOSYSTEME DER FÜRSORGE 
Prater Galerie, Berlin

MARINA ABRAMOVIĆ UND MAI IM DIALOG MIT JOSEPH BEUYS
Museum Schloss Moyland, Bedburg-Hau

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