Hilma af Klint & Wassily Kandinsky

„Ihre abstrakte Malerei war nicht weltfremd“

Das K20 in Düsseldorf zeigt erstmals Hilma af Klint neben Wassily Kandinsky, zwei Leitsterne der Abstraktion. Ein Gespräch mit der Direktorin Susanne Gaensheimer und der Kuratorin Julia Voss

Von Michael Angele
11.03.2024
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 222

Wie bringt man diese spiritistische Seite in der Ausstellung zum Sprechen?

JV: Bei uns sollen die Bilder im Vordergrund stehen. Wir würden schließlich nicht über diese Dinge sprechen, wenn es nicht die fantastischen Gemälde gäbe. Aber wer sich dafür interessiert, wird bei uns auch Notizbücher, großartige mediumistische Zeichnungen und historische Bücher finden.

26.000 Seiten Schrift!

JV: Ja, enorm. Klingt manisch. Dennoch hat af Klint nie versucht, andere zu missionieren. Sie hat gerade keine Religion geschaffen. Uns ist es wichtig, der Vorstellung etwas entgegenzusetzen, man müsse ihre Kunst als etwas ganz Feierliches, Quasireligiöses betrachten.

Wie schaffen Sie das?

JV: Das zeigen die Bilder: Af Klint – wie auch Kandinsky – verstand das „Geistig“ als Bewegung. Gegen das materielle Beharren, gegen alles Starre. Beide wollten das Denken in Bewegung versetzen, Festgefahrenes auflösen und Neues sich entwickeln lassen.

Ich kann ergänzend sagen, dass ich ein Schweben wahrnehme, wenn ich diese abstrakte Kunst sehe. Schwebende Kunst, wenn man so will: Das scheint zwar weit weg von der Kunstreligion eines George-Kreises. Aber auch af Klint hat einen Kreis: Die Fünf. Einen homoerotischen Frauenbund.

JV: Das ist richtig. Und eine Verbindung zum George-Kreis, die Kandinsky hatte, werden wir in der Ausstellung auch thematisieren. Das wird spannend. Mehr kann ich noch nicht verraten.

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