Das K20 in Düsseldorf zeigt erstmals Hilma af Klint neben Wassily Kandinsky, zwei Leitsterne der Abstraktion. Ein Gespräch mit der Direktorin Susanne Gaensheimer und der Kuratorin Julia Voss
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11.03.2024
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Erschienen in
WELTKUNST Nr. 222
SG: Das Gemälde von af Klint gehört zu einer Serie mit dem Titel „Die Zehn Größten“. Sie hat fast ausschließlich in Serien gearbeitet, und das müssen wir auch in der Hängung berücksichtigen. Können wir diesen Reihen einzelne Werke von Kandinsky gegenüberstellen? An der Frage, wie direkte Vergleiche räumlich funktionieren könnten, arbeiten wir gerade.
JV: Wir haben noch kein Dokument einer Begegnung gefunden. Aber Kandinsky hielt sich 1916 fast drei Monate lang in Stockholm auf, und die Zeitungen waren voll mit Berichten über seine Ausstellung in der Galerie Gummeson. Die Vorstellung, dass eine Künstlerin, die sich für ihre Zeit interessiert hat, dieses Ereignis nicht mitbekommen haben könnte, halten Daniel Birnbaum und ich für so gut wie ausgeschlossen. Wir kuratieren gemeinsam die Ausstellung.
JV: Ja, so hat Kandinsky in Stockholm ein Gemälde mit dem Motiv des heiligen Georg ausgestellt, des Drachentöters, und ein Jahr zuvor malte af Klint die Serie „Die Taube“, die in Szenen mit dem heiligen Georg übergeht. Wir werden darauf in einem eigenen Raum eingehen.
JV: Das hat mich auch sehr verblüfft zu Beginn meiner Beschäftigung mit af Klint. Ich habe mich bei den Recherchen für die Biografie erst mal auf andere Dinge konzentriert, weil ich nicht wusste, wie ich damit umgehen soll. Journalisten und Historiker sind darin ausgebildet, den historischen Spuren von Personen mit Geburts- und Sterbedaten nachzugehen, aber nicht denen von Geistern. Da musste ich mich dann auf ihre Quellen verlassen.