Ausstellungstipps

Die schönsten Ausstellungen im Februar

In diesem Monat entdecken wir das rote Atelier von Matisse in Kopenhagen, bewundern Guido Renis göttliche Barockmalerei in Frankfurt und blicken auf die schönsten Dächer von Paris

Von Tim Ackermann
31.01.2023
/ Erschienen in Weltkunst Nr. 209

DÄCHER VON PARIS

Kröller-Müller Museum, Otterlo, bis 2. April

Was wohl die schönste Aussicht ist, die unser Planet zu bietet hat, darüber kann man streiten. Aber für viele ist es dann doch der Blick, der sich aus einem Fenster des obersten Stockwerks über die grauen Zinkdächer von Paris bietet. Zumindest ist die Faszination von Fernand Léger gut nachvollziehbar, der 1911/1912 an seiner Serie „Fumées sur les toits“ arbeitete und dabei in den Dampfschwaden, die aus den Schornsteinen drangen, das Erbe des Formenauflösers Cézanne erkannte. Légers malerische Experimente sorgten dafür, dass er seinen Stil veränderte und sich dem jungen Kubismus um Braque und Picasso anschloss. Die Ausstellung seiner Werke wird nun komplettiert von motivverwandten Bildern seiner Mitstreiter wie Delaunays „Étude pour ,La Ville’“ (1909–1910).

GUIDO RENI

Städel Museum, Frankfurt, bis 5. März

Von einem Maler, der zu Lebzeiten den Titel „Der Göttliche“ erhielt, darf man einiges erwarten. Und tatsächlich ist Guido Reni (1575–1642) aus Bologna hochspannend, nicht nur wegen seiner Biografie (Spielsucht), sondern vor allem wegen seiner Kunst: Im Gegensatz zum Zeitgenossen Caravaggio sind seine Bilder bunt und hell. Und die Gewänder flattern und knittern aufs Herrlichste im Gemälde des sprintenden Hippomenes oder in „Joseph und Potiphars Frau“ (um 1630). Warum bloß geriet dieser Könner später in Vergessenheit? Hier gibt es mehr zu Guido Reni.

ERNSTHAFT?!

Bundeskunsthalle, Bonn, bis 10. April

Steht ein Lauch auf einer Bühne und spielt Maracas. Sie finden das nicht lustig? Dann sollten Sie bedenken, dass das unbetitelte Bild von Mrzyk et Moriceau aus dem Jahr 2017 mehr sagt als tausend Worte – und dass man Witze ohnehin nicht gut erklären kann. Das Gemüse mit dem neckischen Hüftschwung hat es in die Bundeskunsthalle geschafft, wo eine Ausstellung „Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst“ präsentiert. Auf Hans-Peter Feldmanns schielende Nofretete und Magrittes Penispfeife ist man gefasst, aber Maria Lassnigs Selbstbildnis mit Kuhhörnern verleiht dem Parcours eine doch schwarzhumorige Note.

Mrzyk et Moriceau
Das Bild eines tanzenden Lauchs aus dem Jahr 2017 stammt von Mrzyk et Moriceau. © Courtesy the artists and Air de Paris, Romainville, Foto: Marc Domage

BESESSEN

Grassi Museum für Angewandte Kunst, Leipzig, bis 26. März

Wer erschöpft in einen Sessel plumpst, denkt dabei selten über das Wunder des weichen Sitzens nach. Das ist ein Fehler, wie diese Ausstellung mit ihrem Untertitel „Die geheime Kunst des Polsterns“ suggeriert. Tatsächlich steckt über Jahrhunderte gesammeltes Wissen unter dem gespannten Stoff, wie man an mehr als 100 Möbeln aus den vergangenen 400 Jahren erkennen kann. Viele, wie das von Eero Aarnio 1970 geschaffene „Pony“ aus der Löffler Collection in Reichenschwand, sind als Museumsobjekte nur noch zum Anschauen da. Doch an anderer Stelle kann man diverse nicht museale Polstersessel mit dem Hintern evaluieren. Dazu wird in Filmen und Fotos die Technik und die Geschichte des Polsterns griffig erläutert.

MATISSE’ ATELIER

Statens Museum for Kunst, Kopenhagen, bis 26. Februar

Die Kopenhagener gehen entspannt mit ihrer winterlichen Ausstellungssensation um, und daher lässt sich „Das rote Atelier“ (1911) von Henri Matisse selbst an einem Samstagnachmittag ganz in Ruhe bewundern. Das vom New Yorker Museum of Modern Art ausgeliehene Meisterwerk trifft hier auf die anderen Werke, die es zeigt: Der Teller „Weiblicher Akt“ (1907) im Vordergrund oder die Gemälde im Hintergrund wie „Akt mit weißem Schal“ (1909) können also in der Realität betrachtet und mit ihren Reproduktionen in der Studioszene verglichen werden. Dabei zeigt sich, dass Matisse die Werke im „Roten Atelier“ nicht exakt wiedergab, sondern teilweise veränderte, um seiner Komposition mehr Harmonie zu verleihen. Noch viel mehr Erkenntnisse bietet diese kleine aber hoch konzentrierte Schau. Man sollte sie nicht verpassen!

GERWALD ROCKENSCHAUB

Belvedere 21, Wien, bis 12. März

Acht bunte Längsstreifen hasten auf dem Screen durcheinander wie ein Haufen kopfloser Hühner. Ein violettes Quadrat und ein schwarzes Rechteck jagen sich gegenseitig durch ein anderes Bildschirmviereck. Auf einem dritten Monitor verbinden sich vier rote und ein gelber Kreis zu einer Blume – und fliegen gleich wieder auseinander. Die Schau „circuit cruise / feasible memory/regulator“ des in Berlin lebenden Österreichers Gerwald Rockenschaub wirkt wie visueller Techno: Tonlos, aber doch mit enormem Rhythmusgefühl beweist der auch als DJ aktive Künstler, wie unterhaltsam geometrische Formen sein können, wenn man ihnen in Animationsclips kunstvollen Lauf lässt. Dass die Hängung der 24 „bewegten Bilder“ exakt auf die moderne Glaspalast-Architektur des Belvedere 21 abgestimmt wurde, macht das Erlebnis noch toller.

Zur Startseite