Museion in Bozen

„Krankheiten wandeln sich mit der Zeit“

Die Ausstellung „Kingdom of the Ill“ nimmt sich Fragen vor, die im Kunstbetrieb oft ausgeblendet werden. Sara Cluggish und Pavel Pyś erklären, wie Aktivismus die Museumswelt verändert, und was es mit der Identitätskrise der Kunstinstitutionen auf sich hat

Von Philipp Hindahl
24.11.2022

Zum Beispiel PAIN: Die Aktivist:innen hatten einen Einfluss auf Institutionen – vielleicht ist das ja ein hoffnungsvoller Ausblick. Wie sehen Sie den die Zukunft von Institutionskritik und Aktivismus?

SC: Wir hoffen, dass Institutionskritik nie verschwindet!

PP: Die klassischen Werke der Institutionskritik können sehr didaktisch sein, wenn sie einfach ein politisches Statement illustrieren. Aber jüngere Künstler*innen gehen die Themen viel abstrakter an.

SC: Dabei sind aber nicht nur Künstler:innen gefordert. Die Museen müssen sich auch bewegen.

Ian Laws Skulptur „There was a body, I was there, was a body“ von 2015. © Courtesy the artist, Foto: Lewis Ronald

Ihre Ausstellung ist Teil der  Reihe „Techno Humanities“, die das Museion als langfristiges Projekt angelegt ist, und die sich um Forschung, Subkultur und Ausstellungen dreht. Wie haben Sie darauf reagiert?

PP: Ursprünglich sind wir mit einem ganz anderen Vorhaben an das Museion herangetreten. „Techno Humanities“ war dann eine Art Filter: mit diesem Fokus auf Technologie, Wirtschaft, Ökologie und den Humanwissenschaften.

SC: Das hat der Schau einen Fokus und eine Struktur gegeben. Aber es gibt natürlich Raum für Fluidität, schließlich sind die Kategorien nicht so ordentlich.

Bart van der Heide, der scheidende Direktor des Hauses, hat mir erzählt, dass er glaubt, Museen wären in einer Identitätskrise, und die Reihe „Techno Humanities“ sei als Reaktion darauf konzipiert. Wie fügt sich „Kingdom of the Ill” in eine Krise, wo der Kanon unter Beschuss ist, wo Museen nicht länger das Monopol auf Sinnstiftung haben?

PP: Ich finde das super.

SC: Kannst du das näher ausführen?

PP: Natürlich schließt man mit jeder Entscheidung für eine Ausstellung jemanden aus. Man priorisiert, trifft Wertentscheidungen und ästhetische Urteile. Allerdings: Je mehr Institutionen Identitätskrisen durchmachen, desto besser. Die Institutionen ändern sich langsam, und der Diskurs ist schneller. Aber das bedeutet nicht, dass Museen am Ende sind.

Service

AUSSTELLUNG

„Kingdom of the Ill“

Museion, Bozen,

bis 5. März 2023

museoin.it

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