Ausstellungstipps

Die besten Ausstellungen im Dezember

Das sind unsere Ausstellungstipps für den Dezember: Tizians Frauenbild in Wien, der Expressionist Wenzel Hablik in Bielefeld und Design um 1900 in Stuttgart

Von Tim Ackermann
01.12.2021
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 193

CRANACH – KEMMER

St. Annen-Museum, Lübeck, bis 6. Februar 2022

Den Lehrer kennt die ganze Welt, der Schüler geriet selbst in seiner Heimat in Vergessenheit: Hans Kemmer lernte wohl vor 1520 bei Lucas Cranach d. Ä. in Wittenberg das Malerhandwerk und startete einige Jahre später in der Hansestadt Lübeck seine Karriere als Maler biblischer Szenen und gefragter Porträtist. Der Nachruhm blieb begrenzt. Nun erinnert das St. Annen­-Museum mit eigenen Beständen und Leihgaben an ihn und fragt im vergleichenden Anschauen der beiden Renaissancemaler, wie viel Cranach in Kemmers „Liebesgabe“ steckt.

MANET UND ASTRUC

Kunsthalle Bremen, bis 27. Februar 2022

Und noch eine Künstlerfreund­schaft mit Ungleichgewicht im kunsthistorischen Nachhall: Édouard Manet wird als Weg­bereiter des Impressionismus gepriesen, einer spontan das Leben beobachtenden Malerei. (Sein „Rendezvous der Katzen“ von 1868, entstand aber noch in der vorimpressionistischen Zeit und dürfte kaum eigener Kletterpartien auf dem Dach entstammen.) Zacharie Astruc ist dagegen als Kunstkritiker überliefert. Er schuf aber auch Gemälde und Skulpturen, die nun in Bremen neben den Wer­ken Manets illustrieren, dass die beiden Künstler eine Passion für die spanische Barockmalerei und den japanischen Holz­schnitt teilten und sich darüber im regen Austausch befanden.

TIZIANS FRAUENBILD

Kunsthistorisches Museum Wien, bis 16. Januar 2022

Als Maler des 16. Jahrhunderts war Tizian wohl kein „Frauen­versteher“ im modernen Sinn. Dennoch ist es spannend, wie nun das KHM seine Frauenbil­der zum Thema macht, dafür Mode und Haartrachten analy­siert und die offensichtlichen Idealisierungen hinterfragt: Tizian wandelte seine Motive nach männlichen Kundenwün­schen ab – und machte aus der „Jungen Frau im Federhut“ von 1534/1536 im selben Zeitraum noch eine „Junge Frau im Pelz“ mit Busenblitzer und eine „Bella“ im geschlossenen Kleid.

DESIGN UM 1900

Landesmuseum Württemberg, Stuttgart, bis 1. Mai 2022

Guter Geschmack ist keinesfalls Privatsache. Das wusste man in Stuttgart schon sehr früh: Am dortigen Landesgewerbe­museum zeigte der Vorstand Gustav Pazaurek ab 1909 seine „Sammlung der Geschmacks­verirrungen“ und führte so dem Publikum vor Augen, was ihm ästhetisch absolut unakzeptabel erschien. Gleichzeitig wuchs im Haus die Muster­ und Vor­bildsammlung mit gelungenen Kreationen an. Auf beide Bestände baut nun die Schau „Geschmackssache“ des Landes­museums Württemberg im Alten Schloss auf. Zum 125-­jäh­rigen Jubiläum des Landes­gewerbemuseums soll mit „vor­bildlichem Design um 1900“ noch einmal geklärt werden, was geht – zum Beispiel die in den 1920er ­Jahren von Paul Grießer entworfene charmante Holzspielzeugente. Und was leider gar nicht geht: Vasen in Form eines in der Hand gehaltenen Füllhorns. Grusel!

DER SPÄTE CONSTABLE

Royal Academy of Arts, London, bis 13. Februar 2022

Die Kunst des 19. Jahrhunderts bewundern wir auch für ihre Brüche mit den Konventionen. Und einer, der in seinen späten Werken besonders frei agierte, war der englische Maler John Constable. Ab ungefähr 1820, dem gewählten Startpunkt dieser Ausstellung der Royal Academy, bis zum seinem Tod im Jahr 1837 wurde sein Duktus zunehmend expressiver. Die Ölstudie „Rainstorm over the Sea“ (ca. 1824–1828) etwa wirkt auf heutige Augen fast modern. Und im Gemälde „On the River Stour“ (ca. 1834–1837) lösen sich die Formen der Bäu­me in einem Wirbelsturm kleiner Pinselstriche auf. Wäre die Palette heller, man könnte an Impressionismus denken.

WENZEL HABLIK

Kunstforum Hermann Stenner, Bielefeld, bis 6. März 2022

Mit knallbunt und kristallin aus der Erde gewachsenen Architek­turutopien und nicht minder zerklüftet in den Himmel stre­benden Landschaften wie „Glet­scher“ (1907) leistete der 1881 in Westböhmen geborene und ab 1908 in Itzehoe lebende Wen­zel Hablik seinen Beitrag zur ausgeflippteren Seite des deut­schen Expressionismus. Über 200 Werke sind bei der großen Würdigung im Kunstforum Hermann Stenner zu sehen.

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