Ausstellungen

Anna McCarthy über ihr München

Was die Arbeiten von Anna McCarthy verbindet, ist ein politischer Anspruch, der nie ohne Punk und absurden Humor auskommt. Karl Valentin und Gerhard Polt würden vor ihr den Hut ziehen. Wer eine ihrer Aktionen live erleben will, nimmt an der Eröffnung von Public Art Munich am 30. April teil.

Von Thurn und Taxis Fragebogen
29.04.2018

Wer in der Münchner Kunstszene unterwegs ist, kennt sie: Die Künstlerin Anna McCarthy, die ganz selbstverständlich in mehr als einem Medium zu Hause ist. Wenn sie nicht malt, schreibt, in der Galerie Sperling ausstellt oder Performances gibt, tritt sie mit ihrer Band auf. Uns hat sie verraten, was man in ihrer Lieblingsstadt München nicht verpassen sollte.

Anna McCarthy, was ist zurzeit Ihre Lieblingsstadt?
München.



Womit verbringen Sie dort Ihre Zeit?
In der Früh gehe ich meist spazieren mit dem Hund, zusammen mit einer Dame von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, und wir unterhalten uns manisch über Politik und Kunst – ein laufender Stammtisch sozusagen. Dann gehe ich in den Bavariapark und laufe im Kreis und schaue mir die versteckten nackten Männerstatuen mit Muscheln und Schnecken an. Dann treffe ich meistens jemanden wegen irgendeinem Projekt, derzeit ist es die Parade of the we/ak, die ich gemeinsam mit Gabi Blum inszeniere im Rahmen des Public Art Munich Programms. Am Abend habe ich derzeit fast immer Probe mit meiner neuen Band Moon Not War, und danach trinke ich Bier und klettere auf nackten Körpern rum, bis es wieder hell wird.

Welche Galerien besuchen Sie dort gerne?
Der beste Ort hierfür ist das Kösk im Westend. Es wird von den klügsten Frauen der Stadt betrieben und öffnet die Pforten für alle, die was machen möchten, sei es Ausstellungen, Gespräche oder Theater. Eine Kulturstätte auf Vertrauensbasis, wo unter anderem auch KÖSK Chor und Embryo proben, Fluchtrouten diskutiert werden und ich zuletzt meine THE MAN IN THE MOON (AND SHE LIKES IT) Bilder im Keller malen durfte. 



Können Sie uns ein Restaurant empfehlen?
Ich möchte das Saluki empfehlen, wo der Name wohl auf koreanische Windhunde hinweist, aber stattdessen feines Italienisches serviert wird vom sympathischsten Wirt Münchens: Herrn Klumpp. Anschließend kann man in der Großmarkthalle gegenüber um 3 Uhr morgens Kaffee trinken und kistenweise Papayas kaufen. 



Was bestellen wir dort?
Es ist nicht sehr schwer, sich zu entscheiden, da einem die Augen verbunden werden und man wahllos in irgendeine Richtung geschoben wird, bis man auf irgendwas trifft – das wird dann liebevoll zubereitet und frisch serviert. Wenn man Glück hat: mit Bier und wahnsinnig guter Musik aus dem alten Radio.


Wo trinkt man das beste Bier der Stadt?
Bier gibt es wirklich überall in München, es fließt auch an bestimmten katholischen Feiertagen aus den Wasserhähnen.

Welches Museum ist ein Muss?
Das Valentin-Karlstadt-Musäum ist natürlich spektakulär, ein Panoptikum des Grauens, ähnlich wie meine Neuentdeckung: Das Polizeimuseum. Ich musste dort mal einen Termin ausmachen, weil ich mich für die Polizeiuniformen der Olympiade von 1972 interessiert habe. Das waren Anzüge aus hellblauen Polyester ohne Embleme – die Uniformen sollten nämlich “freundlich und möglichst wenig militärisch” aussehen. Äußerst interessant.


Ein Gebäude in der Stadt, das Sie besonders lieben?
Derzeit ist es die Timofei Kapelle, a.k.a die Ost-West-Friedenskirche im Olympiapark. Ein illegaler Bau der seit den Fünfzigerjahren steht. Eine Kirche, eine Kapelle und ein Haus aus Schutt erbaut und liebevoll eingerichtet mit gefundenen und gebrachten Objekten, inklusive einer Decke aus Schokoladenpapier – eine Insel der Vernunft. 


Was müssen wir über Ihre Lieblingsstadt wissen, um dort wirklich anzukommen?
Nicht alle Bayern sind reich und rechts. 



Welchen berühmten Ort können wir uns sparen?
Das CSU-Gebäude. 



Welcher Flohmarkt ist der beste?
Ich habe ein Lager am ehemaligen Gelände der polizeilichen Reitschule, da gibt es sehr viele Sachen, von Stoffen, Kostümen bis hin zu People-Killing Pizza Machines. Wenn man Glück hat, bin ich gerade da und werfe Sachen weg, dann kostet das meiste nicht mal was, da spar ich mir lieber die Fuhre zum Wertstoffhof.


Bestes Kino oder Theater?
Das Werkstattkino ist definitiv das schönste Kino. Ich hatte das Glück, in meiner ersten WG mit einem der Betreiber zusammen zu wohnen, und wir konnten uns immer Filme wünschen oder er hat uns was besonders gezeigt. So habe ich zum Beispiel „Scorpio Rising“ von Kenneth Anger zum ersten Mal gesehen. 



Ein kulturelles Ereignis, das wir nicht verpassen dürfen?
Die Parade of the we/ak am 30. April natürlich. Wir veranstalten eine Prozession der „Schwachen“ zu Ehren von Väterchen Timofei und Natascha und besetzen anschließend das Olympiastadion, wo währenddessen ein Fußballspiel inszeniert wird und wir mit „Moon not War“ die Halbzeit an der Würstelbude bestreiten.


Die beste Hotel-Bar der Stadt?
Das Hotel Krone im Westend war lange eine gute Absturzbar, aber ich war schon lange nicht mehr da. Im Bayerischen Hof konnte man sich früher nachts heimlich in den Pool schleichen  – da gab es auch eine Bar.


Mit welchem Drink betrinken wir uns dort?
Ich trinke immer Bier. 



Womit überzeugt man den Türsteher?
Ich geh nicht in Clubs, die Türsteher haben. 


Zum Schluss: Ein Tipp, den wir in keinem Reiseführer finden?
Das verstehe ich als Aufruf zur Gentrifizierung, daher empfehle ich: Geht alle in das „Döner macht schöner“-Haus und das „Schnitzelhaus“ in der Schießstättstraße Ecke Schwanthaler. Da geht man einfach rein, wartet maximal eine Stunde und dann kommen lauter Sixpacks angefahren und eskortieren dich aufs Polizeipräsidium – ein echter Insider Tipp.

Service

Parade of the we/ak

Kunst-Prozession von Anna McCarthy und Gabi Blum von der Ost-West-Friedenskirche zum Olympiastadion
30. April 2018, 18.15 Uhr

PAM2018

Dieser Beitrag erschien in

Weltkunst Nr. 143 / 2018

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