Wols

Wegbereiter des Informel

Der Autodidakt Alfred Otto Wolfgang Schulze alias Wols war ein Pionier der Nachkriegs-Abstraktion. Auf dem Kunstmarkt steigen für seine Zeichnungen die Preise. Doch wie belastet ein Fälschungsverdacht das Angebot?

Von Michael Lassmann
31.07.2023

Wols’ Wahlheimat Frankreich stellte 40 Prozent der Offerte bereit, gefolgt mit großem Abstand von Großbritannien und Deutschland, die jeweils weniger als 20 Prozent beisteuerten. Gute Zahlen waren überall möglich; nur in den USA, wo der Künstler zu Lebzeiten ebenfalls Aufmerksamkeit gefunden hatte, macht er derzeit keinen Stich. In London platzieren Eigentümer ihre Ware jedoch gern: Dort holte im Juli 2014 bei Bonhams das Aquarell „Explosion der Kathedrale“ aus dem Stand 110.000 Pfund, obwohl die Erwartungen vorgeblich nur bei 12.000 gelegen hatten. Mit der gleichen Taxe wurde gegen Jahresende bei Tajan, Paris, eine Mischtechnik von 1949 / 50 ins Rennen geschickt, die sich immerhin auf 85.000 Euro verbesserte. 1949 entstand auch das „Trunkene Boot“, das knapp ein Jahr später im Wiener Dorotheum vorgestellt wurde und den vorgeschlagenen Kurs mehr als verdoppeln konnte (Zuschlag 105.000 Euro).

Wols Ville arabe Ville promenade N° II
Die um 1943/44 geschaffene „Ville arabe – Ville promenade N° II“ konnte 2018 bei Kornfeld in Bern die Schätzung von 30.000 Franken versechsfachen. © Kornfeld, Bern

In Deutschland mochte man sich hingegen nicht allzu weit von vorgeschlagenen Preisen entfernen: Bei Grisebach, Berlin, blieb im Juni 2016 eine ebenfalls ursprünglich unbetitelte „Figure etoilée d’yeux“ von 1949 mit 70.000 Euro an der unteren Taxe stehen. 2018 war ein besonders erfolgreiches Auktionsjahr: Gleich vier interessante Blätter schmückten im Juni die Offerte bei Kornfeld, Bern; mit Abstand am besten schnitt der Titel „Ville Arabe – Ville Promenade N° II“ ab, der die Schätzung von 30.000 Franken versechsfachen konnte. Mit der Datierung 1938 eine der frühesten Arbeiten präsentierte Andreas Sturies, Düsseldorf, im August, doch mit 16.500 Euro konnte das Aquarell „Sie und er auf der Brücke“ die Taxe (20.000) nicht durchsetzen. Dafür realisierte Sotheby’s, London, im Oktober mit dem surrealistischen Figurenstück „Die zwei Gabeln“ aus dem gleichen Jahr den bisherigen Bestwert: Die Bieter hoben es von 45.000 auf 160.000 Pfund.

Zu lesen ist allgemein, dass Wols sich erst seit den späten Dreißigerjahren der Zeichnung zuwendete; ein Aquarell, das im Dezember bei Bergé in Paris zum Aufruf kam, ist sogar einige Jahre früher datiert. Die Taxe von 60.000 Euro verfehlte es allerdings um 10.000. Aus dem Jahr 1943 stammt das noch stark figurative Aquarell „Die Menschenmenge“, das bei Van Ham, Köln, im Juni 2021 für 30.000 Euro ausgelobt wurde und mit einem Plus von 8000 abschloss. Für eine nachträglich in „Wurzeln“ umbenannte Tintenarbeit notierte das Dorotheum, Wien, den vorerst letzten sechsstelligen Wert; von vorgeschlagenen 25.000 verbesserte es sich auf 140.000 Euro. Das aktuellste Ergebnis kommt aus München: Ein menschliches Antlitz im Profil, in dessen Umrissen eine weibliche Büste, ein Hühnervogel und sogar ein Pferdekopf Platz finden, brachte gerade erst im Juni bei Karl & Faber 15.000 Euro. 

Wols Die Menschenmenge
Das noch stark figurative Aquarell „Die Menschenmenge“ (1943) wurde bei Van Ham, Köln, im Juni 2021 für 30.000 Euro ausgelobt und schloss mit einem Plus von 8000 ab. © Van Ham, Köln

Resümee

Mit 125 Losen blieb die Offerte an Zeichnungen und Aquarellen seit 2013 in etwa gleich. Die Quote der Rückgänge stieg indes rasant von 18 auf 44 Prozent.

Vierstellige Preise nahmen um 10 Prozent ab und liegen bei gut einem Viertel, Ergebnisse über 50.000 Euro erzielten 18 Prozent der Lose (plus 10 Prozent).

In die Spitzengruppe mit Werten über 100.000 Euro gelangten fünf Blätter, die hauptsächlich in die Vierzigerjahre zu datieren sind. Vor 2012 war dies nur zweimal gelungen.

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