Auktionsmarkt

Der Siegeszug der Comics

Der Handel mit Erstausgaben und Entwurfszeichnungen für die populären Bildergeschichten boomt. Es ist ein Geschäft mit eigenen Regeln. Dazu gehört etwa, dass die millionenteuren Hefte in Plastik eingesargt werden

Von Peter Dittmar
14.04.2023
/ Erschienen in Kunst und Auktionen Nr. 6/23

Solche Anmerkungen, die auf eine schnelle Gewinnmaximierung hoffen, sind immer wieder in den Ergebnislisten zu finden. Entscheidend ist dabei das Verhältnis der ursprünglichen Auflage zu den erhaltenen und zertifizierten Exemplaren der höheren Kategorie. So waren von der im Dezember 1940 erschienenen Nr. 1 von Captain America, auf dessen Titelseite der Superhero den Aggressor Hitler mit einem kräftigen Faustschlag niederstreckt, rund eine Million Exemplare gedruckt worden. Davon sind noch 186 in zertifizierten Kopien erhalten, eine davon besitzt CGC 9,8, drei sind mit 9,4 bewertet. Eines der letzteren Exemplare trug im vergangenen April 3,12 Millionen Dollar ein. Dagegen erhielt in diesem März bei Goldin ein anderes Heft der Ausgabe nur ein Höchstgebot von 122.000 Dollar, weil die Bewertung über CGC 3,0 nicht hinauskam. Wer allerdings die Geschichten lesen, die Bilder betrachten will, die in dem Plastiksarg unzugänglich sind, muss sehen, dass er auf einem der zahlreichen Comic-Märkte ein gebrauchtes Heft für einen zwei- oder dreistellige Betrag erwischen kann.

Doch geht es auf dem amerikanischen Comicmarkt nicht nur um die versiegelten Wertanlagen. Regelmäßig werden von den Auktionshäusern Entwurfszeichnungen angeboten. Die Heritage-Auktion am 10. März dokumentierte das Preisniveau. 225.000 Dollar für einen Entwurf Frank Frazettas für Daredevil, 1982, waren der beste Preis. An die zweite Stelle rückte Hergés „Tintin auf einem Kamel“ mit 175.000 Dollar – weitab von den Pariser Millionenbeträgen. Mit 109.400 Dollar folgte eine Seite von Winsor Mc Cays Little Nemo in Slumberland; 168.000 Dollar vor drei Jahren markieren bei ihm die Spitze.

Bill Watterson Calvin and Hobbes Heritage Auctions
Bei Heritage Auctions erzielte ein im Jahr 1987 entstandenes Blatt Bill Wattersons für „Calvin and Hobbes“ 480.000 Dollar. © Heritage Auctions, Dallas

Außerdem etablierte sich bei Heritage mit 71.900 Dollar für George Herrimans Krazy Kat eine neue Höchstmarke. Dagegen ließen die 15.000 Dollar für Robert Crumb erkennen, dass seine Konjunktur, die ihm vor 15 Jahren mehrfach Ergebnisse bis 60.000 Dollar, für den Titel von Fritz the Cat 2017 sogar 717.000 Dollar bescherte, abgeklungen zu sein scheint. Die 18.700 Dollar für ein Blatt von Enki Bilal verraten, dass die französische Bande dessinée eher in ihrem Ursprungsland geschätzt wird, denn da sind sechsstellige Erlöse für Bilal nicht ungewöhnlich.

In den USA treten die Zeichner meist gegenüber den Serientiteln oder den Serienhelden in den Hintergrund. Carl Barks musste sich mit Hammerpreisen von 100.000 und 70.000 Dollar als Obergrenze für seine Gemälde bescheiden – und das war bereits 1993 und 1994. Will Eisner, obwohl als Vater der Graphic Novel gepriesen, erreichte 2015 mit 39.000 Euro für sieben Seiten des Spirit sein Maximum. Dagegen behaupteten sich die Peanuts von Charles M. Schulz mit Hammerpreisen von 120.000 Dollar im Januar 2022 bei Skinner in Boston und mit 70.000 Dollar im November 2022 bei Michaan’s in Alameda / Kalifornien. Übertroffen wurden sie bei Heritage im November 2022 von einem Blatt Bill Wattersons für „Calvin and Hobbes“ mit 480.000 Dollar. Es war erst das zweite Mal, dass überhaupt eine kolorierte Originalseite dieses Strips bei einer Auktion aufgerufen wurde.

Yslaire Cahiers Baudelaire Artcurial Paris
Eine Titelseite von Yslaires „Cahiers Baudelaire Nr. 3“, 2018, wurde bei Artcurial in Paris bei 6500 Euro zugeschlagen. © Artcurial, Paris

In Europa beherrschen Paris und Hergé das Feld. Vorwiegend bei Artcurial, wo Bandes dessinées seit 2005 einen Schwerpunkt bilden. Aber gelegentlich auch bei Millon und ab und zu bei Sotheby’s und Christie’s. Bei Hergé muss es allerdings „Tintin“ sein, wenn Millionen ins Spiel kommen. Seine Serie Quick et Flupke, die von 1930 bis 1940 erschien, kann da nicht mithalten: 18.000 und 19.000 Euro trugen Zeichnungen kürzlich bei einer Online-Auktion von Sotheby’s ein.

Auch bei dem surrealen Bilderfinder Yslaire wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Als ihm Artcurial im Februar einen eigenen Katalog widmete, konnten nur neun der 28 Lose verkauft werden. Die Taxen von 3000 bis 25.000 Euro erwiesen sich als zu hoch. 6500 Euro für eine Titelseite von Yslaires Cahiers Baudelaires markierten die obere Grenze. Es war dieselbe Auktion, bei der für eine Seite von Jean Giraud alias Moebius zu Blueberry 76.000 Euro geboten wurden. Hugo Pratts „Corto Maltese mit Katze“ gab sich da mit 44.000 Euro eher bescheiden – jedenfalls gegenüber den sechsstelligen Zuschlägen vor einigen Jahren. Dagegen erinnerte das bereits genannte, mit 1,7 Millionen bislang drittteuerste Hergé-Blatt daran, was Charles de Gaulle einst gesagt haben soll: „International ist Tintin mein einziger Rivale.“

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