Preußen-Auktion bei Lempertz

Reichlich Gold und zarte Farben

Drei gewichtige Privatsammlungen bereichern die Berliner Preußen-Auktion von Lempertz, bei der vor allem Porzellane von Meissen und KPM im Fokus stehen

Von Thomas Kemper
19.04.2021
/ Erschienen in Kunst und Auktionen Nr. 6

Lempertz eröffnet die Frühjahrsauktionen am 24. April mit der Berliner „Preußen Auktion“. Die rund 560 Lose dieses bewährten „Curated Sale“ sind durchweg von guter bis herausragender Qualität. Sie kommen aus den Bereichen Porzellan, Malerei, Plastik und Kunstgewerbe (Möbel, Glas) – und haben fast alle einen Bezug zu Berlin, Brandenburg-Preußen und dem entthronten Königshaus der Hohenzollern.

Wie seit Jahren am stärksten vertreten sind Erzeugnisse der Königlichen Porzellanmanufaktur (KPM), geschaffen von der Gründung 1763 bis ins 20. Jahrhundert. Neben zahllosen Einzeleinlieferungen konnten auch drei gewichtige, wenig bekannte Privatsammlungen akquiriert werden. Ein Beleg dafür, dass die gegenwärtige Pandemie Einlieferungen nicht zwingend abflauen lässt.

Die „Sammlung Renate und Tono Dreßen Teil II“ (Teil I wurde im November mit beachtlichem Erfolg in Köln verkauft) umfasst über 110 Lose und beinhaltet vorwiegend KPM- und Meissener Porzellane mit unmittelbarem Bezug zu Friedrich II. beziehungsweise höfischen Bestellungen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die zweite Privatsammlung von E. Solovyeva mit knapp 85 Losen gilt „Porzellanen mit Emaildekoren“. Und die dritte bündelt beachtliche 190 Lose mit Berliner Eisenguss. Der niederländische Sammler C. Lith trennt sich nach 30 Jahren von seiner Kollektion. In diesem Umfang und dieser Qualität ist in dem Bereich schon seit langer Zeit nichts mehr auf den Markt gelangt.

Plakette KPM Lempertz Preußen-Auktion
Die gerahmte Plakette aus Biskuitporzellan mit Profilbildnissen der preußischen Königsfamilie mit blauem Fond und vergoldeter Eichenlaub-Rahmung (KPM, Berlin, um 1815, ø 23 cm) soll mindestens 6000 Euro bringen. © Lempertz, Köln/Berlin

1763, unmittelbar nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges, kaufte König Friedrich II. die Manufaktur des Berliner Kaufmanns Gotzkowsky und gab ihr zunächst den Namen „Königliche Aechte Porzellän Manufaktur“ – später wurde daraus die KPM. Friedrichs Begeisterung für Porzellan hat ohne Zweifel ihren Ursprung in der Kollektion seiner Mutter Sophie Dorothea in Schloss Monbijou. Zugleich war Friedrich in seinen reifen Jahren dem guten Essen und der üppigen Tafelkultur sehr zugetan. Wirklich beeindruckend ist die große Zahl der angebotenen Porzellane aus fast allen großen Tafel- und Dessertservicen, die er bei der KPM oder der Meissener Manufaktur in Auftrag gab. Die Taxierung ist oft moderat. Dies gibt Neu-Sammlern die Möglichkeit, erlesene Stücke für wenig Geld zu ersteigern.

Es kann jedoch jetzt schon mit Sicherheit festgestellt werden, dass dies für das erste Los der Versteigerung nicht zutreffen wird – einen Speiseteller aus dem „Japanischen Service“, das Friedrich II. persönlich 1762 während des Siebenjährigen Krieges bei der Meissener Manufaktur in Auftrag gab, und der nachweislich aus der bedeutenden Sammlung von Erich Baron de Goldschmidt-Rothschild kommt, die im Mai 1988 bei Christie’s in Genf versteigert wurde (Taxe 6000 Euro). Teller derselben Provenienz waren in jüngster Zeit bei Sotheby’s New York (Arnhold Collection), bei Metz in Heidelberg und bei Spik in Berlin umworben.

Eine seltene große, naturalistisch geformte Blattschale, die vermutlich aus dem umfangreichen „Taffel-Service mit roth Mosaique Rand und rothen Indianischen Blumen“ stammt, das Friedrich II. im Dezember 1761 in Meissen bestellte, wird bei 3000 Euro aufgerufen. Der König schenkte das umfangreiche Service 1781 seinem General Wichard von Möllendorff – daher ist es als „Möllendorff-Service“ bekannt. Daraus kommen des Weiteren unter den Hammer: Ein Speiseteller (Taxe 1000 Euro), zwei Paar Dessertteller mit der typisch durchbrochenen Fahne (Taxe je 2000 Euro), ein Paar Muschelschalen aus einer pfälzischen Sammlung (3000 Euro) und schließlich zwei Pastetenheber (Taxe 500 Euro).

In den Manufakturlisten unter der Bezeichnung „Caffee-Zeug“ geführte Kaffee- und Teeservice aus der Frühzeit der KPM sind auffallend rar – aber seltsamerweise dennoch am Markt wenig gefragt. Nun wird zum wiederholten Mal – bei 8000 Euro – ein solches Service (Modell 16 „mit Zierahten“) mit herrlicher Blumenmalerei in Blau „en camaïeu“ aus einer Westdeutschen Privatsammlung offeriert, das um 1764 gefertigt wurde. 2019 waren noch 10.000 Euro taxiert gewesen, 2016 sogar 20.000. Das Service befand sich Anfang des 19. Jahrhunderts in der Sammlung der Thynne Family auf Longleat, dem Sitz der Marquesses of Bath in Somerset. Es wurde 2002 bei Christie’s London bei der Longleat-Auktion für über 20.000 Pfund weitergereicht. Ein bis auf wenige Details identisches Ensemble ist seit 1958 im Berliner Kunstgewerbemuseum.

Botanischer Teller KPM Lempertz Preußen-Auktion
Der prachtvolle botanische Teller mit der naturalistischen Wiedergabe einer „Erica vestita“ (KPM, Berlin, um 1806/07, ø 23,8 cm) ist ab 2000 Euro zu haben. © Lempertz, Köln/Berlin

Aus der klassizistischen Ära der KPM stammt ein prachtvoller botanischer Teller mit der naturalistischen Wiedergabe einer „Erica vestita“ (Abb., Taxe 2000 Euro). Er stammt wohl aus dem Service, das die KPM 1807 / 08 für „Sa Majesté l’Impératrice“ Kaiserin Joséphine Bonaparte fertigte. Dieser Teller wurde im Dezember 1999 bei Lempertz in Köln für 5500 D-Mark zugeschlagen. Im November 2006 präsentierte ihn die Kölner Kunsthandlung Hans H. Mischell auf der 7. Ars Nobilis in Berlin.

Für die Geschichte der KPM von Belang ist eine schlichte Gedenktasse auf Friedrich II. als Kriegsheld der endlosen Schlesischen Kriege (Taxe 500 Euro). Sie wurde 1793 mit braunrotem Druckdekor gefertigt – eine Technik, die der Kupferstecher Friedrich Berger bei der Manufaktur einführte. Im „Journal für Kunst und Kunstsachen, Künsteleien und Mode“ von 1810 ist die Technik am Beispiel dieser Tasse ausführlich beschrieben. Ein identisches Exemplar aus der Ex-Sammlung von Dallwitz befindet sich im Berliner Kunstgewerbemuseum. Eine eiförmige, massige „Apothekenbüchse“ (um 1780) zeigt auf einer Schauseite ein Profilbildnis „en grisaille“ des etwas ernst dreinblickenden „Alten Fritz“ in einem ovalen Medaillon, das mit einem Lorbeerfeston umfangen wird. Der dazugehörige Deckel weist zwei Beschädigungen auf, die eine Taxe von 2000 Euro plausibel machen. Wieder gibt es eine identische Vase mit gleicher Bemalung im Berliner Kunstgewerbemuseum.

Von besonderem Reiz und in vorzüglichem Erhaltungszustand sind zwei seltene Porträtmedaillons mit Profilrahmen und radierter Vergoldung, die der KPM-Modelleur Johann Georg Müller um 1785 von Friedrich II. und seinem Neffen und Nachfolger Friedrich Wilhelm II. in Biskuitporzellan als Gegenstücke modellierte. Die Taxe der signierten Stücke ist mit 1500 Euro bemerkenswert zurückhaltend. Möglicherweise handelt es sich bei diesen Stücken um jenes Paar, das von der Kunsthandlung Daniela Kumpf im Herbst 2006 auf der Kunstmesse München angeboten und dort von Dreßen erworben wurde.

Eine der interessantesten Arbeiten des brillanten, aus Österreich stammenden Porträtmedailleurs Leonhard Posch ist eine große gerahmte Plakette aus Biskuitporzellan mit Profilbildnissen der preußischen Königsfamilie mit blauem Fond und vergoldeter Eichenlaub-Rahmung. Ein gewölbtes Glas dient zum Schutz der äußerst feinen Reliefs. Dargestellt sind Friedrich Wilhelm III., Königin Luise und sieben ihrer neun Kinder (Taxe 6000 Euro). Zwei weitere Exemplare dieses Tondos wurden an selber Stelle bereits mit beachtlichen Ergebnissen zugeschlagen: im Mai 2008 aus einer Berliner Sammlung; und im November 2018 aus der New Yorker „Twinight Collection“.

Apothekenbüchse KPM Lempertz Preußen-Auktion
Das Potpourri, eine sogenannte Apothekenbüchse, mit dem Profilbildnis Friedrichs II. (KPM, Berlin, um 1780, H. 35,5 cm) geht mit 2000 Euro ins Rennen. © Lempertz, Köln/Berlin

Für Sammler des preußischen Dynastenporträts kommen einige Bildnisse der Hohenzollern zum Aufruf. Überaus reizvoll ist ein kleinformatiges Ölbildnis der Königin Luise von Johann Heinrich Schröder. Er war braunschweigischer und badischer Hofmaler, bevor er von Hof zu Hof reiste und seine Dienste anbot. Von diesem Porträt der preußischen „Königin der Herzen“ sind über ein halbes Dutzend Repliken, meist jedoch in Pastell, bekannt. Das Bild im originalen klassizistischen Rahmen geht bei 15.000 Euro ins Rennen.

Ein beeindruckendes „Möbel der Lüfte“ – so der Titel einer Publikation zur Geschichte des Kronleuchters in Europa von Peter Rath und Josef Holey (2020) – ist ein frühklassizistisches Exemplar aus der Berliner Werkstatt Werner & Mieth. Das Bravourstück mit hochadeliger Provenienz ist auf 60.000 Euro taxiert. Aus derselben Werkstatt stammt ein seltener Tischleuchter, wohl nach einem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel (Taxe 6000 Euro).

Auch die Sammler von „Berolinensien“, also Objekten zur Geschichte und Kultur Berlins, kommen zum Zuge. Zwei kleinformatige Porzellanbilder von 1838 / 42, die Ansichten von Berliner Bauten in der unmittelbaren Umgebung des Lustgartens von Karl Friedrich Schinkel zeigen, sind auf 20.000 Euro taxiert. Beide Darstellungen sind – entgegen der Angaben im Katalog – nach zwei Gemälden des KPM-Vedutenmalers Daniel Freydanck von 1838 entstanden. Sie sind auch beide im Katalog der Freydanck-Ausstellung aufgeführt (Berlin 1987, Kat.Nr. 2: Packhofgebäude, ohne Abb.; u. Kat. Nr. 5: Bauschule, mit Abb.).

Erich Köllmann, einer der großen Historiografen der KPM, hat im Vorwort des Katalogs einer großen KPM-Auktion von Lempertz in Köln einmal geschrieben: „Es gibt nun die Möglichkeit, hervorragende Stücke einer der besten deutschen Manufakturen zu erwerben.“ Das kann man für die kommende Auktion uneingeschränkt übernehmen – man muss nur hinzufügen: und viele weitere Objekte zur Kunst von Brandenburg und Preußen.

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