Abendauktion bei Ketterer

Prominente Provenienzen

Auf unserer Auktionen-Watchlist für diese Woche: Werke aus berühmtem Vorbesitz – vom Kirchners Heimatgemälde bei Ketterer bis zum königlichen Konsoltisch bei Bukowskis

Von WELTKUNST Redaktion
07.12.2020

Villa Kunterbunt bei Ketterer

Nervlich und gesundheitlich gebeutelt flüchte sich Ernst Ludwig Kirchner im Herbst 1918 in die Berge: Sein Gemälde „Unser Haus“ – nun als Höhepunkt bei Ketterers Abendauktion mit moderner und zeitgenössischer Kunst am 11. Dezember in München angeboten – zeigt das Bauernhaus „In den Lärchen“, das erste Domizil also, das der Maler und seine Lebensgefährtin Erna Schilling im Schweizer Luftkurort Davos bezogen. Die 1918 begonnene großformatige Ansicht stellte er aufgrund wiederholter Überarbeitungen erst 1922 fertig. Insofern dokumentiert das Werk bereits seine allmähliche Entwicklung zum gesetzteren, stärker am Faktischen orientierten „Davoser Stil“. Als eines der wenigen Gemälde, die bislang durchgängig im Besitz der Familie des Künstlers waren, gelangt das aus der monografischen Ausstellung von 1979/1980 bekannte Hauptwerk nun zum ersten Mal auf eine Auktion. Dieser Umstand scheint bei der Schätzpreisfindung von einer halben Million Euro noch nicht gebührend berücksichtigt. Ebenfalls erstmals versteigert wird Emil Noldes Brustbild einer nicht identifizierten „Schauspielerin“ von 1919, das im vergangenen Jahr aus dem Bestand der Städtischen Sammlung Düsseldorf restituiert wurde (Taxe 400.000 Euro).

Auktionen der Woche Nagel
Das Paar Armlehnstühle aus Huanghuali, geschaffen wohl in der frühen Kangxi-Periode der Qing-Dynastie, könnte ein kaiserliches Geschenk gewesen sein. 20.000 Euro beträgt der Schätzpreis bei Nagel. © Nagel

Vom Kaiser und seiner Ärztin

Boshi Dafu ist der lautmalerisch ins Chinesische übertragene Name und Titel der deutschen Ärztin Dr. Ruth Boss (1888–1958). Diese lebte und arbeitete Anfang des 20. Jahrhunderts in der Hafenstadt Tianjin. Das Stuttgarter Auktionshaus Nagel ruft nun am 8., 9. und 11. Dezember der Nachlass Boshi Dafus auf, der in ihrem letzten Haus am Starnberger See im Dornröschenschlaf gelegen hatte. Erhalten sind auch Korrespondenzen, unter anderem mit keinem Geringerem als Aisin Gioro Puyi, dem letzten Kaiser von China. Das lässt darauf schließen, dass einige der besonderen Stücke im Nachlass – etwa ein Paar gut erhaltener Huanghuali-Stühle aus der frühen Kangxi-Periode der Qing-Dynastie (Taxe 20.000 Euro) – Dankgeschenke Puyis waren. Ruth Boss muss seiner Gattin Gobulo Wan Rong als Leibärztin Gutes getan haben.

Millionenschweres Mädchen

Von Künstlerhand zu Künstlerhand ging das Blatt mit den beiden „Tanzenden Akten“: Ernst Ludwig Kirchner zog die Lithografie 1914 selbst ab und schenkte sie seinem Freund Erich Heckel. Allein diese Provenienz macht das Werk, das alle wünschenswerten stilistischen Merkmale aus der Berliner Schaffenszeit von Kirchner aufweist, zu einer Besonderheit. Honoriert wird das mit einer Taxe von 80.000 bis 120.000 Euro. Noch vor den Werken der Moderne locken in der Abendversteigerung des 8. Dezember bei Lempertz in Köln allerdings 22 Altmeistergemälde aus der Sammlung des 2005 verstorbenen Unternehmers Hinrich Bischof. Ohne Konkurrenz ist dabei Georges de La Tours „Mädchen, in ein Kohlebecken blasend“ (1646–1648) mit einer Schätzung zwischen drei und vier Millionen Euro.

Auktionen der Woche, Karl & Faber, Franz Marc, „Das Rötliche Tier“, 1913
Als Improvisation in Aquarell- und Tempera-Technik führte Franz Marc um 1913 das „Rötliche Tier“ aus. Karl & Faber taxiert das Skizzenblatt nun auf 350.000 bis 550.000 Euro. © Karl & Faber

Farblehre eines Chauvis

Im günstigsten Fall nachsichtig belächelt würde heute wohl Franz Marcs sexistisch gefärbte Farbtheorie, die er seinem Freund August Macke einst in einem Brief auseinandersetzte: Demnach manifestiere sich in kühlem Blau „herb und geistig“ das männliche Prinzip, während das Weibliche („sanft, heiter und sinnlich“) in lichtvollem Gelb adäquaten Ausdruck finde. Für genderbewusste Sammler hält Karl & Fabers Auktion mit Moderner Kunst am 10. Dezember in München allerdings ein um 1913 von Marc doppelseitig bearbeitetes Skizzenblatt bereit, das auf seiner Rückseite dem titelgebenden „Rötlichen Tier“ keine eindeutige politisch unkorrekte Farbaussage zumutet, sondern stattdessen die Form prismenhaft aufbricht (Taxe 350.000 bis 550.000 Euro).

Auktionen der Woche, Bukowskis, Carl Milles, Zwei Wildeber, 1929
Der Schwede Carl Milles schuf 1929 die zwei Wildeber aus Bronze, die Bukowskis mit einer Taxe von ungerechnet 78.000 Euro versehen hat. © Bukowski

Tierisch beliebter Schwede

Carl Milles war ein schwedischer Exportschlager. Der Bildhauer (1875–1955) schuf in Europa und den USA öffentliche Bronzewerke in seinem monumentalen, oft auch pathetischen Naturalismus. Das in diesem Jahr 150. Geburtstag feiernde Auktionshaus Bukowskis bietet am 10./11. Dezember in Stockholm zwei lebensgroße Wildeber aus Bronze an, entstanden 1929 und auf umgerechnet 78.000 Euro taxiert. Avantgardistisch sind die Keiler nicht, aber in ihrer realistischen Ausdruckskraft ein kapitales Stück schwedischer Kunstgeschichte. Das gilt auch für einen Konsoltisch, der den gustavianischen Klassizismus prachtvoll repräsentiert. Einst war dieser im Besitz des Königshauses (Schätzpreis 7300 Euro).

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