Auktionen

Kilian von Seldeneck – der Verstärker

Der Berliner Auktionator Kilian von Seldeneck geht neue Wege: Um Galerien und ihre Künstler in Corona-Zeiten zu unterstützen, veranstaltet er in der Julia Stoschek Collection eine gemeinsame Versteigerung mit marktfrischen Werken

Von Christiane Meixner
03.07.2020

Natürlich kann man Kunst auch jenseits von Messen kaufen. Und doch schaffen letztere eine besondere Atmosphäre, weil sich das Angebot unglaublich verdichtet und die Qualität der Arbeiten im direkten Vergleich einsichtig wird. Dieses Instrument fehlt den Galerien, Corona-bedingt, nun seit Monaten. Eine Situation, die durchaus dafür sorgen könnte, dass jeder für sich und so gut wie möglich allein durch die Krise navigiert. Praktisch aber passieren andere Dinge: Es gibt privat organisierte Messen wie jüngst von Johann König in der zur Galerie umgebauten Kirche St. Agnes oder spontane Charity-Initiativen für noch nicht etablierte Künstler in Not. Und es gibt aktuell mit der „KvS-Auction Nr. 3“ neue Allianzen, die die klassischen Schranken zwischen Primär- und Sekundärmarkt überwinden – erst einmal als Reaktion auf akute Bedürfnisse, aber auch mit Potenzial.

Innovatives Auktionsformat

Das Format verantwortet Kilian Jay von Seldeneck. KvS hat der Auktionator der Berliner Niederlassung von Lempertz eigens für besondere Projekte: Am 8. Juli versteigert er in der Julia Stoschek Collection zeitgenössische Kunst direkt aus Berliner Ateliers und Galerien. In Absprache mit den Galeristen, die von der Versteigerung ebenso profitieren wie der Verein der Freunde der Nationalgalerie, an den fünf Prozent der Einnahmen gehen. Für künftige Ankäufe, die mindestens so wichtig für den Kulturbetrieb sind wie die privaten Initiativen.

Es ist die dritte Versteigerung, für die von Seldeneck die Plattform Auktion experimentell nutzt. Diesmal geht es darum, das hiesige Angebot international sichtbar zu machen. „Das ist schwieriger geworden, nicht zuletzt weil die Messen ausgefallen sind“, erklärt er. Nun gehe es darum, „jenseits der etablierten Grenzen“ miteinander zu kooperieren. „Dieser Netzwerkgedanke ist der eigentliche Innovationskern von KvS“, so der Gründer.

Schulterschluss mit den Berliner Galerien

Tatsächlich machen bei der Auktion namhafte Galerien wie Société, Sprüth Magers, Alexander Levy, Thomas Schulte, Neugerriemschneider, Eigen & Art sowie König mit. Entsprechend hochkarätig sind die 37 Lose, deren Startgebote auf knapp 600.000 Euro kommen. Das Lichtobjekt „Supercube star (blue)“ von Olafur Eliasson wird für 80.000 Euro aufgerufen, ein abstraktes Großformat von Katharina Grosse soll mindestens 100.000 Euro bringen. Die digitalen Prints der Serie „The Ngombo“, von der polnischen Künstlerin Maria Loboda in einer raren Auflage von jeweils drei Abzügen realisiert, beginnen bei 3000 Euro und zeigen den Inhalt diverser Handtaschen: Alltägliches wie Stifte, Kopfhörer oder Notizzettel vermischen sich mit rätselhaften Knochen und Pflanzenteilen. Julius von Bismarck hält die verheerenden Waldbrände der Gegenwart auf einer ebenso monumentalen wie eindrucksvollen Fotografie fest (Startpreis: 18.000 Euro). Kaspar Müller übersetzt die Toilettenpapierzeichnungen seiner Tochter, die während des Lockdowns entstanden sind, in leichtfüßig Gemälde, die ebenfalls die jüngste Vergangenheit kommentieren (Startpreis: 10.000 Euro). Um die fragile, verletzbare Existenz kreist schließlich auch ein Frauenporträtt von Martin Eder, das von Kilian von Seldeneck mit 25.000 Euro aufgerufen wird.

Die Grenzen zwischen Galerie, Privatsammlung und Auktion verschwimmen 

Bis zur Auktion sind alle Lose im Ausstellungshaus der Sammlerin Julia Stoschek zu sehen. Auch das dokumentiert die neuen Wege: Man kooperiert und stellt zur Verfügung, was die eigene Kompetenz im Kunstbetrieb ausmacht. Zu Recht blickt Kilian von Seldeneck stolz auf „das coole Programm, das wir alle auf die Beine gestellt haben“ und das nach den ersten Tagen der Vorbesichtigung zahlreiche internationale Anfragen verzeichnet. Nicht zuletzt, weil Galerien wie Künstler ihre Kontakte nutzen, um auf die Werke aufmerksam zu machen. All diese Faktoren sind Bausteine für den Erfolg der nahen Versteigerung – und die Frage, ob KvS die Aktion bald noch einmal wiederholt. „Das ist jetzt spekulativ“, meint von Seldeneck, „aber so lange es keinen Impfstoff gibt, wird es keine Messen geben. Und so lange sind alle innovativen Formate gefragt“.

Kilian von Seldeneck KvS Julia Stoschek Collection
Der Auktionator Kilian Jay von Seldeneck geht mit der Versteigerung in den Räumen der Julia Stoschek Collection neue Wege (Foto: Teresa Marenzi)

Service

AUKTION

KvS Auction Nr. 3, Julia Stoschek Collection, Leipziger Str. 60. Berlin
Vorbesichtigung: tgl. bis 8. Juli 12-18 Uhr. Auktion: 8. Juli ab 18 Uhr, kvs-auctions.de

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