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Die Kunst des William-Adolphe Bouguereau

Wie blicken wir heute auf die Salonmalerei des späten 19. Jahrhunderts?

Von Lisa Zeitz
06.05.2019

Als sich der 21-Jährige aus La Rochelle im Jahr 1846 an der berühmten École des Beaux-Arts in Paris bewarb, wurde er prompt angenommen, wenn auch sehr knapp: William Bouguereau stand an der 99. Stelle von insgesamt 100 zu vergebenden Plätzen. Dieses erste Ranking tat seiner Karriere keinen Abbruch. Mit unserem Covermotiv „Le Dédain“ („Die Verachtung“) gewann er 1850 an der Akademie den Wettbewerb um den besten „ausdrucksstarken Kopf“. Wie meisterhaft er den Gesichtsausdruck der dunkelhaarigen Schönheit einfing! Ohne einen Muskel zu verziehen, strahlt sie eine unüberwindbare, fast schon in Richtung Ekel tendierende Abneigung aus. Vielleicht für einen unerwünschten Verehrer? Wir wissen es nicht, aber genau das ist der Reiz des Bildes, schließlich stehen wir als Betrachter der Angewiderten gegenüber. Sind etwa wir gemeint?

Unser Covermotiv „Le Dédain“ („Die Verachtung“) von William Bouguereau gewann er 1850 an der Akademie den Wettbewerb um den besten „ausdrucksstarken Kopf“
Unser Covermotiv „Le Dédain“ („Die Verachtung“) von William Bouguereau gewann er 1850 an der Akademie den Wettbewerb um den besten „ausdrucksstarken Kopf“

Eine steile Karriere

Der Stil des Porträts, das sich im Museum der École des Beaux-Arts befindet, ist noch stark von dem zwei Generationen älteren Ingres beeinflusst, der zu dieser Zeit an der Akademie lehrte. Später wurden Bouguereaus Bilder immer duftiger bis hin zur Zuckersüße. 1850, im selben Jahr, in dem er „Le Dédain“ malte, gewann er den prestigeträchtigen Prix de Rome und verbrachte einige Jahre in der Ewigen Stadt.

William Bouguereau,
William Bouguereau, "Die Jugend des Bachus", 1884, kommt nun bei Sotheby's unter den Hammer

Zurück in Frankreich, wurde Bouguereau im Lauf des 19. Jahrhunderts mit seiner Kunst zum reichsten Maler Frankreichs. Das Publikum riss sich um seine Bilder von Kindern, die er als barfüßige Bettler, mythologische Wesen oder Engelchen idealisierte. Dabei war sein eigenes Familienleben von Schicksalsschlägen gezeichnet: Von seinen fünf Kindern überlebte ihn nur eines.

Bouguereau auf dem Kunstmarkt

Das Gemälde mit den spielenden Mädchen gehörte einst Theo van Gogh und war seit 1903 im Berkshire Museum in Massachussetts. Letztes Jahr wurde das Werk bei Sotheby’s versteigert und erzielte 1,45 Millionen Dollar. Im Mai trug Bouguereaus Riesenbild „Die Jugend des Bacchus“ eine Schätzung von 25 Millionen Dollar (blieb aber unverkauft). Ein Anlass, den Künstler neu zu bewerten. Sebastian Preuss’ ausführlichen Artikel zu William Bouguereau finden Sie in der Mai-Ausgabe der Weltkunst Nr. 157/2019.

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Dieser Beitrag erschien in

Weltkunst Nr. 157/2019

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