Auktionen

Die Befreierin aus Tibet

Anfang Dezember dreht sich traditionsgemäß in mehreren deutschen Auktionshäusern alles um Asiatika. Ob feuervergoldet oder mit Tusche hingehaucht: Lempertz, Van Ham und Nagel präsentieren Schätze der asiatischen Kunst

Von Steffi Kupka
02.12.2016

Garnelen hatten es Qi Baishi (1864– 1957) besonders angetan. Der Maler zählt zu den wichtigsten Vertretern der Malerei des 20. Jahrhunderts in China. Die Offerte der Asiatika-Auktionen im Dezember bei Lempertz enthält eine Malerei mit Garnelen desselben aus der bedeutenden Sammlung Anton Exner. Der österreichische Kunsthändler erwarb sie direkt von Qi Baishi. Das Bild ging später in den Besitz seines Sohnes Walter Exner über, der die Sammelleidenschaft von seinem Vater übernommen hatte. Der Stil von Qi Baishi hat einen verspielten, fast spitzbübischen Charme. Die Schönheit alltäglicher, unscheinbarer Dinge bannt er mit Leichtigkeit und Präzision gleichermaßen, stellt alle gängigen Motive, wie Landschaften, Gelehrte, Tiere und Blumen, dar. Von Qi Baishi lebensecht und dynamisch mit wenigen Pinselstrichen festgehalten, werden die Garnelen plötzlich elegant und grazil. Seine Kompositionen stehen ganz in der Tradition der chinesischen Tuschemalerei. Insekten und Kleintiere sind genauso wie Nutzpflanzen und Gräser in einer Weise dargestellt, die im Maler den genauen Beobachter erkennen lassen. Qi Baishi hatte jahrzehntelang Garnelen gezüchtet, um sie aus der Nähe observieren zu können. Die geschwungenen Fühler der Krebstiere suggerieren die Bewegung des Wassers. Das Werk ist auf 150.000 bis 200.000 Euro taxiert.

Anfang Dezember wird bei Lempertz Kunst aus China, Tibet und Nepal aufgerufen, gefolgt von Objekten aus Japan, Südostasien und Indien. Bei Van Ham findet die Asiatika-Auktion zur gleichen Zeit statt. Leicht versetzt versteigert Nagel in Stuttgart.

Unter den Skulpturen bei Lempertz ist eine feine Figur des Maitreya. Die sinotibetische, feuervergoldete Bronze aus dem 17./18. Jahrhundert sitzt in europäischer Sitzhaltung (bhadrasana) auf einem rechteckigen Lotos-Thron und hat die Hände zur Radandrehungsgeste vor der Brust erhoben (Taxe 50.000 bis 70.000 Euro). Aus der Provinz Buri Ram in Thailand kommt eine 53,5 cm hohe Bronzefigur des Avalokiteshvara, die ins frühe 8. Jahrhundert datiert ist (Taxe 20.000 bis 30.000). Die japanische Kunst ist bei Lempertz mit einem sechsteiligen Stellschirm vertreten, auf dem sich Langarmaffen, Gibbons, in einer Landschaft mit Bäumen und Sturzbach tummeln. Die Aufschrift des Malers im höfischen Malatelier Tosa Mitsutoki (1764–1819), Meister in 11. Generation, schreibt die Malerei Tosa Mitsunobu (1434– 1525) zu (Taxe 10.000 bis 20.000).

Ein seltener »Gardenien«-Teller aus Porzellan mit einem Durchmesser von 25,4 cm zählt bei Nagel zu den Toplosen der Auktion. Auf gelbem Grund sind in Kobaltblau Zweige mit Blüten und Früchten von Gardenien, Granatapfel, Lotos, Pfirsich und Trauben dargestellt. Das zuletzt in deutschem Adelsbesitz befindliche Stück wurde zwischen 1915 und 1917 in Peking erworben. Es ist mit einer unterglasurblauen Zhengde-Sechszeichenmarke versehen und datiert auf dessen Amtszeit 1506 bis 1521. Ähnliche Exemplare sind in den großen Museen in London, Schanghai und Peking zu finden (Taxe 100000 bis 150 000 Euro). Die Offerte beinhaltet auch ein Thangka des Panjara-Mahakala und seines Gefolges. Die sehr feine tibetische Arbeit ist in Gold und Tempera auf Baumwollgewebe mit Seidensatin-Einfassung ausgeführt und stammt aus dem 18. Jahrhundert. Die buddhistische Gottheit Mahakala wird von den Nomaden als »Schützer der Zelte« verehrt (Taxe 20 000 bis 30 000 Euro). Weiterhin wird eine feuervergoldete Bronze des Ekadashalokeshvara aufgerufen. Die tibeto-chinesische Arbeit ist 99 cm hoch und stammt aus der Zeit des Kaisers Qianlong (1736–1795). Der Schätzpreis des Avalokiteshvara mit den elf Gesichtern liegt bei 50.000 bis 80.000 Euro.

Auch bei Van Ham gehört eine Bronze zu den Toplosen. Bei der Figur »Grüne Tara« – die Übersetzung von Shyama-Tara bedeutet »grüne Befreierin« – handelt es sich um eine frühe und ungeöffnete Bronze aus Westtibet aus dem 15. Jahrhundert. Die helle Bronze ist mit fein ziselierten Mustern versehen und zeigt Reste einer Vergoldung sowie eine fein gravierte Inschrift auf dem Sockel. Im Inneren des Sockels wurden Reis und mehrere aufgerollte Papyrusstreifen hinterlegt, wie eine radiologische Untersuchung ergeben hat. Dies bedeutet, dass die Figur rituell geweiht ist und – im Gegensatz zu den meisten Exemplaren aus dieser Zeit – bis jetzt nicht geöffnet wurde (Taxe 12.000 bis 14.000 Euro). Den gleichen Schätzpreis hat eine vergoldete Buddha-Bronze aus dem 16. Jahrhundert, die ebenfalls aus Tibet stammt. Die Größe von 24,5 cm und die hohe Qualität des Gusses legen nahe, dass die Figur zunächst in einem Tempel aufgestellt worden war.

Service

AUKTIONEN

Van Ham, Köln, 8. Dezember (van-ham.com)
Zum Katalog Van Ham

Lempertz, Köln, 8./9. Dezember (lempertz.com)
Zum Katalog Lempertz

Nagel, Stuttgart, 9./10. Dezember (auction.de)

DIESER BEITRAG ERSCHIEN IN

Weltkunst Nr. 123/2016

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