Lange spielte Collectible Design in der Kunstszene nur eine Nebenrolle, doch das ändert sich gerade gründlich. Was in Berlin entsteht, ist aufregend und zukunftsweisend. Wir stellen Designerinnen und Designer vor, die die Freiheit der Formen feiern. Folge 1: Jerszy Seymour
Von
09.07.2025
/
Erschienen in
Weltkunst Nr. 240
„Das Wort schmutzig war meine wichtigste Kreation.“ Ein ungewöhnlicher Satz für einen Designer. Jerszy Seymour steht in einer unbeheizten Halle in Neukölln, davor ein staubiger Parkplatz, nebenan nutzt das alternative Kulturzentrum S27 ein einstiges Fischrestaurant. Es ist eine dieser merkwürdigen Zwischengegenden, die in Berlin immer weniger werden. Hier richtet er gerade sein neues Studio ein, für ihn selbst und für sein großes Ausstellungsprojekt „Mutuogenesis“, bei dem er mit der Tanzwerkstatt des S27 und dem Berliner Kunstgewerbemuseum zusammenarbeitet.
Experimentelle Plattformen für ein neues kreatives Miteinander zu schaffen ist ein zentrales Thema in Seymours Werk. Er wurde 1968 in Berlin geboren, wo seine Mutter, eine kanadische Primaballerina, am Theater arbeitete. Aufgewachsen ist er in London, hat die wilde Clubszene der späten Eighties dort erlebt und die Anfänge des Acid House, studierte Ingenieurswesen und dann Industriedesign am Royal College of Art. „Ich schaffe Situationen“, beschreibt er seine Arbeit. Dazu gehört vor allem das Dirty Art Department, ein zweijähriger Masterstudiengang am Sandberg Instituut in Amsterdam, den Seymour initiiert hat und leitet. Er steht Studierenden aller Fachrichtungen offen, die „schmutzige Kunst“ machen wollen, ohne saubere Trennung zwischen dem Freien und dem Angewandten, zwischen Objekt und Aktion, zwischen Spiel und gesellschaftlich-politischer Praxis. Hier geht es um das Design, ja um die Welt von morgen. Doch natürlich schafft Seymour auch Design für heute. Etwa den „Bureaurama“-Hocker mit passendem Schreibtisch, den der italienische Möbelhersteller Magis im Programm hat, leicht, robust, in knalligen Farben und mit einer Struktur, die an ein Industriegerüst erinnert. Sein „Neo-Workshop Chair“ für Disé sieht aus, als hätte er lange in einer Malerwerkstatt gestanden, und trägt einen Untertitel, der eine ganze Geschichte beinhaltet: über das Blau des Planeten, die Transformation der Realität und die vielfältigen Möglichkeiten eines glücklichen Endes.
Die Pariser Galerie Kreo bietet in kleinen Auflagen Objekte zwischen Kunst und Design von Jerszy Seymour an, wie die „Acid Tracks Ladder“, die für den Designer den Vibe von Acid-House-Musik bewahrt, oder den „Suicide Air Stool“ mit Kawasaki-Sitz, der an die waghalsigen Manöver beim Motocross erinnert. Am liebsten aber wäre es Seymour, man könnte seine Möbel selbst zusammenbauen. Für den „Workshop Chair“ von 2009 lieferte er die Bauteile aus Holz und ein spezielles Kunstwachs zum Zusammenkleben aus. Exemplare des Selbstbaustuhls gehören heute zur Sammlung des Vitra Design Museums, des MAK in Wien und des Centre Pompidou, ein weiteres steht im Schaulager des Bröhan-Museums in Berlin.
The Lucky Land Cooperative – A Foray into Cooperatives, Property and Land Based Autonomy
Episode 1 : Let a Thousand Coops Bloom
Ein Gespräch über kooperative Ökosysteme mit Ela Kagel, Julio Linares, Noa Treister und Tijana Cvetkovic vom Shared Visions-Netzwerk
Donnerstag, 10. Juli, 18:00 bis 20:00 Uhr
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Episode 2 : After the Robbery – How can Lands be Reclaimed?
Ein LARP-Workshop darüber, was eine Lucky Land Cooperative werden kann, mit einem gemeinsamen Feuer, Getränken und Musik zum Abschluss
Samstag, 12. Juli., LARP 13:00 – 18:00 Uhr & Bar und DJ-Set 18:00 – 23:00 Uhr
Ziegrastrasse 1, 12057 Berlin