Rezepte nach Stillleben

Wie schmeckt die Kunst?

Viele Zutaten finden ihren Weg auf die Leinwand. Kann man sie zu kulinarischem Leben erwecken? Für unsere neue Serie haben wir Rezepte nach Stillleben entwickelt und die leckersten Gemälde von Barock bis Pop auf den Tisch gebracht. Folge 1: Überbacken nach Georg Flegel

Von Lisa Zeitz
11.08.2023

Georg Flegels „Stillleben mit Käse und Kirschen“ ist ein Spätwerk des Künstlers, der 1566 in Olmütz auf die Welt kam und die meiste Zeit seines Lebens bis zu seinem Tod 1638 in Frankfurt verbrachte. Das kompakt komponierte Ölbild, gemalt auf eine kleine Buchenholztafel, zeigt einen glänzend polierten Silberteller, auf dem sich rote und gelbe Kirschen, Johannisbeeren und Mandeln spiegeln, einen aufgeschnittenen Käse mit einem Messer und einem Stück Brot, daneben ein kostbares venezianisches Weinglas. Es gehört zur Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart. Das köstliche Meisterwerk ist sozusagen ein gefundenes Fressen für die kunstgeschichtliche Entschlüsselung christlicher Symbole. Es eröffnet Sinnebenen, die weit über die Zutaten hinausgehen. Brot und Wein spielen auf das Abendmahl an, die roten Johannisbeeren auf die Leiden Christi. Der Kunsthistoriker und Flegel-Experte Kurt Wettengl erklärt die Libelle, die sich auf dem Brot niedergelassen hat, als Symbol der göttlichen Schöpfung oder auch der Vanitas, „ebenso ist der Käse ein christologisches Symbol, die Kirschen lassen sich als Paradies- und Himmelsfrüchte deuten“. Und zu den Mandeln weiß er, dass der süße Kern ein Hinweis auf die göttliche, die äußere Schale Zeichen für die menschliche Natur Christi sei.

Georg Flegel Stillleben mit Käse und Kirschen
Georg Flegel, „Stillleben mit Käse und Kirschen“, 1635. © Staatsgalerie Stuttgart

Wir denken bei dem Gemälde diesmal weniger ans heilige Abendmahl, sondern ans profane Abendbrot und fragen uns, was wir mit den Zutaten anstellen können. Es ist eine leichte Übung: Kirschmarmelade und Johannisbeergelee gehören in jede Speisekammer. Den Käse interpretieren wir mit seiner grauen Ascherinde als Rochebaron, einen Weichkäse aus der Auvergne, der cremig und nicht so scharf wie Roquefort ist – er gilt unter Käsefreunden als „ideal für Blauschimmel-Einsteiger.“ Alternativ könnte man auch einen milden Ziegenkäse aus dem Loiretal nehmen, Le Cabrissac, der ebenfalls in Asche gewälzt wird und Flegels Käse daher nicht unähnlich sieht. Wir bedecken eine Scheibe Landbrot großzügig mit dem Käse, geben etwas Marmelade und Gelee drauf und stecken sie für zehn Minuten bei rund 180 Grad Umluft in den vorgeheizten Backofen, bis der Käse schmilzt und das Brot knusprig wird. Wir genießen diesen Snack mit einem Glas Weißwein von der Loire – aber Achtung, zuvor gibt es noch ein paar Mandeln, denn Flegels Zeitgenossen hatten einen Tipp für den Weingenuss: „Der zuvor ißt drey Mandelkern wirt nicht leichtlich betrunken.“ 

Georg Flegel Stillleben kochen
Das überbackene Käsebrot nach einem Stillleben von Georg Flegel. © Foto: Lisa Zeitz

Rezept

Zutaten für 2 Personen

  • 2 große Scheiben Landbrot
  • Ca. 300 g Käse Rochebaron oder Le Cabrissac
  • 2 Löffel Kirschmarmelade
  • 2 Löffel Johannisbeergelee
  • 6 Mandeln

Die Käsebrote mit Klecksern Marmelade und Gelee für 10 Minuten bei 180 Grad in den Backofen.

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