Der Illustrator Sergiy Maidukov zeichnet seit einem Jahr sein Leben in Kiew und den Ausnahmezustand in der Ukraine. Ein Gespräch über die Angst, das Zeichnen im Kriegsalltag und die Sehnsucht nach seiner Tochter
Von
10.02.2023
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Erschienen in
WELTKUNST Nr. 209
Klar, ich zeige sie ihr auf meinem großen Monitor, und sie tut jedes Mal so, als ob sie sie sehr mag. (lacht wieder)
Oh ja, ich sehe diese Arbeit bereits jetzt als eine Art Retrospektive, und das Besondere daran ist, dass es nicht nur um die extrem glücklichen oder furchtbaren Momente geht, sondern um den Alltag. Ich denke jeden Tag über mögliche Motive nach, es fühlt sich an wie eine Brille, die ich tragen darf.
… aber wir werden Gebiete verlieren, ja, das habe ich damals gedacht.
Ich habe Angst davor, dass der Krieg zwei oder drei Jahre dauert, finanziell, emotional. Selbst wenn Sie nur ein oder zwei Tage kein Wasser haben, was zurzeit immer wieder passiert, beeinflusst das Ihr Leben einfach sehr. Ich gehöre zu jenen Ukrainern, die davon überzeugt sind, dass Russland den Krieg bereits verloren hat. Aber der Preis, den wir alle dafür zu zahlen haben, steht noch nicht fest. Das ist die traurige Wahrheit. Was mir Sorgen macht: Russland hat riesige Möglichkeiten, immer wieder neue Soldaten einzuziehen, die Ukraine ist ja viel kleiner. Viele meiner Freunde und Verwandten, die an der Front kämpfen, erzählen mir, dass sie kriegsmüde sind. Bisher wurde ich noch nicht eingezogen, aber das kann sich ändern, je länger sich der Krieg hinzieht.
Ich versteigere Bilder und spende den Erlös an die Armee und Krankenhäuser und auch an Freunde, ja. Ich weiß nicht, ob sich das in Ihren Ohren viel anhört, aber eine meiner Arbeiten wurde gerade für 50000 Euro verkauft, und auf einer zweiten Auktion wurden sechs Bilder für 15000 Euro ersteigert, das erlöste Geld habe ich komplett gespendet.
Sport. Ich gehe zweimal in der Woche laufen, ich gehe dreimal in der Woche schwimmen, und ich mache regelmäßig Yoga. Und im Sommer mache ich Ausflüge mit dem Rad, Trips über 100 Kilometer. Ach, und ich trinke fast keinen Alkohol.
Dass ich Tickets für meine Frau und Tochter kaufen könnte, damit sie zurück in die Ukraine kommen können.