Sammlerseminar

Wissenswertes zum Piktorialismus

Was unterscheidet die Fotogravüre vom Gummidruck? In welchen Museen sind Werke des Piktorialismus zu sehen, wo kann man sie kaufen? Unsere Übersicht gibt Antworten

Von Christiane Fricke
22.10.2020
/ Erschienen in WELTKUNST Nr. 173

Vom Bromöl- bis zum Pigmentdruck – ein kleines Glossar zum Piktorialismus

Bromöldruck: Variante des Öldrucks. Es wird kein Negativ in der Größe des endgültigen Bildformats benötigt. Eine direkte Vergrößerung auf das lichtempfindliche Bromsilbergelatinepapier genügt. Öl- oder Bromöldrucke wirken auf den ersten Blick wie Bromsilbergelatineabzüge mit dicker Gelatineschicht. Ist durch diese die Papierfaser zu sehen, liegt ein Öldruck vor.

Edeldruckverfahren: Sammelbegriff für die aufwendigen Kopierverfahren Pigment-, Gummi-, Öl- und Bromöldruck.

Fotogravüre (Heliogravüre): Alfred Stieglitz verarbeitete in seiner Zeitschrift Camera Work fast ausschließlich Fotogravüren in erlesener Qualität. Er ließ sie auf feinstem Japanpapier drucken und auf hochwertigem Papier aufziehen, dessen Farben zur Tönung der Bilder passten. Das manuelle Tiefdruckverfahren bringt äußerst detailreiche Bilder mit zarten Halbtönen und kräftigen Tiefen hervor. Die Bilder werden von der eingefärbten Druckplatte mithilfe einer Presse in beachtlicher, jedoch aufgrund der Abnutzung begrenzter Auflagenhöhe gedruckt.

Gummidruck: Ein Pigmentdruck, der anstelle von Gelatine Gummiarabikum verwendet. Belichtet wird bei Tageslicht in direktem Kontakt mit dem Negativ. Die im Licht zerfallenden Chromsalze härten die Schicht entsprechend der Belichtungsstärke. Beim Entwickeln in klarem Wasser lösen sich die unbelichteten Teile ab. Resultat ist ein einfacher Gummidruck in beliebiger Farbe, sehr haltbar, aber arm an Tonabstufungen. Beim mehrfachen Gummidruck wird das Papier erneut mit der lichtempfindlichen Emulsion behandelt, das Negativ an der gleichen Stelle aufgebracht und belichtet. Es gibt Gummidrucke mit bis zu zehn Schichten.

Leimdruck: Seit 1921 bis ca. 1935 gebräuchlich. Heinrich Kühn entwickelte ab 1929 den Leimdruck weiter, indem er statt Gummiarabikum Kölner Leim verwendete. Die lichtempfindliche Schicht wurde durch den Papierträger hindurch auf der Rückseite belichtet und gehärtet. Charakteristisch für Leimdrucke sind eine matte, raue Oberfläche, die Unschärfe und kräftige Farben in den Tiefen.

Lichtdruck: Bei diesem Verfahren wird auf eine Glasplatte eine bichromathaltige Gelatineschicht aufgebracht und über ein großformatiges Negativ belichtet. Unbelichtete Teile werden ausgewaschen, die belichteten Partien gehärtet. Letztere bleiben beim Auswaschen stehen. Dann werden sie eingefärbt und auf glattem Papier gedruckt. Charakteristisch ist ein feines Runzelkorn. Dieses Flachdruckverfahren ähnelt der Lithografie. Der Lichtdruck ist preiswerter als die Fotogravüre.

Ölpigmentdruck (Öldruck): Ein Meister des Öldrucks war Hugo Erfurth. Er sensibilisierte Gelatinepapier mit Bichromat, kopierte es unter einem Negativ und wusch das Bichromat aus. Das Quellrelief wird mit fetthaltiger Farbe angerollt oder angetupft. Kontrast und Tonwerte können durch Betupfen mit Farben von unterschiedlicher Konsistenz gesteuert werden. Dadurch ist der Öldruck dem Gummidruck überlegen, was seine Popularität bis in die 1930er-Jahre erklärt.

Pigmentdruck: Um 1860 entwickelt, eines der ältesten Edeldruckverfahren. Kein anderes Kopierverfahren verfügt über eine genauere Kontrastwiedergabe und einen größeren Tonwertreichtum. Eine mit farbigem Pigment versehene Chromgelatineschicht wird durch Licht gehärtet, die nicht gehärteten Bildteile werden ausgewaschen. So entsteht ein Relief aus pigmentierter Gelatine, dessen unterschiedliche Dichte ein Bild formt. Da die bilderzeugenden Substanzen wie Kohle oder Farbpartikel dem Licht gut widerstehen, sind Pigmentdrucke unbegrenzt haltbar. Das prädestinierte sie für Kunstreproduktionen und Buchillustrationen.

In welchen Museen lassen sich die Werke des Piktorialismus am besten studieren?

Den besten Überblick über die Kunstfotografie im deutschsprachigen Raum bietet das Portal piktorialismus.smb.museum der Staatlichen Museen zu Berlin. Originale lassen sich am besten in der Berliner Kunstbibliothek und im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg studieren. Auch das Museum Folkwang in Essen verfügt über einen sehr guten Sammlungsschwerpunkt zur Kunstfotografie um 1900. Frank Eugenes Werk ist mit über 350 Arbeiten im Münchner Stadtmuseum repräsentiert.

In Österreich finden sich nennenswerte Bestände in der Nationalbibliothek und in der Albertina in Wien. Anlaufstelle in Paris ist neben der Bibliothèque nationale de France, der Société française de photographie und dem Musée Guimet vor allem das Musée d’Orsay. Das Werk von Edward Steichen lässt sich in Europa am besten im Musée national d’histoire et d’art (MNAH) in Luxemburg studieren. Noch besser im Edward Steichen Archive im Museum of Modern Art in New York, dessen Fotoabteilung er 1942 begründete und bis 1967 leitete. Mit der Fotosammlung von Alfred Stieglitz besitzt auch das Metropolitan Museum in New York einen repräsentativen Überblick. Für das Werk von Stieglitz selbst empfiehlt sich auch der Besuch des George Eastman House in Rochester im Staat New York oder das Art Institute in Chicago. Ein guter Schwerpunkt auf der Kunstfotografie um 1900 findet sich in der Sammlung Heiting im Museum of Fine Arts in Houston.

Welche Händler sind auf dem Gebiet aktiv?

Führend im deutschsprachigen Kunsthandel sind Kicken Berlin und Johannes Faber in Wien. Für die amerikanischen Piktorialisten sind die New Yorker Galerien von Hans P. Kraus Jr. und Howard Greenberg die ersten Adressen. Die wichtigsten Messen sind die Paris Photo, ihr Ableger Photo London und die Paris Photo New York.

In welchen Auktionshäusern kann man Kunstfotografie ersteigern?

Fotografien des Piktorialismus tauchen im Auktionshandel immer nur sporadisch auf, in Deutschland vor allem bei Bassenge und Grisebach in Berlin sowie bei Lempertz in Köln. In Österreich sollte man das Dorotheum und Westlicht in Wien im Blick haben, in der Schweiz das Zürcher Haus Koller. Dominierend im Hochpreissegment sind nach wie vor die Global Player Sotheby’s, Christie’s, Bonhams und Phillips an ihren unterschiedlichen Standorten. Neben den Marktführern sind in New York Doyle und Swann auf dem Feld der Kunstfotografie in der Zeit um 1900 aktiv.

Welche Bücher bieten eine gute Einführung in das Thema?

Unverzichtbar für den Piktorialismus ist die Zeitschrift Camera Work (1903–1917), erschlossen in „Alfred Stieglitz. Camera Work. The Complete Photographs“ (2013). Als ein grundlegendes Standardwerk sei der Hamburger Katalog „Kunstphotographie um 1900. Die Sammlung Ernst Juhl“ (1989) empfohlen. Sehr hilfreich für fotografische Techniken ist Marjen Schmidts „Fotografien: Erkennen – Bewahren – Ausstellen“ (2018). Ergänzend kann der Folkwang-­Katalog „Verfahren der Fotografie“ (1999) konsultiert werden.

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