Kunstwissen

Tom Schilling über Gerhard Richters "Seestück"

Der Schauspieler Tom Schilling hat zusammen mit den Jazz Kids sein Debütalbum „Vilnius“ aufgenommen: Wie auf dem Cover ein Gemälde von Gerhard Richter landete, erzählt er im Interview

Von Laura Storfner
22.05.2017

Was hat Sie an Gerhard Richters „Seestück“ so fasziniert, dass das Gemälde auf dem Cover Ihres ersten Albums landete?

Ich habe schon immer eine Schwäche für diese Malerei-Gattung gehabt. Irgendwie ist mir das Romantisch-Theatralische, das von diesen Motiven ausgeht, sehr nah. Richters Seestücke sind mir vor Jahren in der Neuen Nationalgalerie besonders aufgefallen. Das „Seestück (bewölkt)“ finde ich am schönsten aus dieser Reihe, weil es so ambivalent und ungreifbar ist. Mal empfinde ich die Klarheit, die es ausstrahlt, als wunderschön – ein anderes Mal als extrem nüchtern und deprimierend.

Wie fand Gerhard Richter die Idee?

Herr Richter hat sich für meinen Brief bedankt, der ihn offenbar überzeugt hatte. Wir haben dann am Telefon ein bisschen geplaudert – was für mich als Fan von ihm nicht ganz einfach war. Er war super freundlich, sehr zugewandt und wollte nochmal genau wissen, warum es unbedingt dieses bestimmte sein sollte und ob es mir nicht zu düster sei.

Inwiefern passt das Gemälde zur Musik, die auf dem Album zu hören ist?

Wir machen aus der Zeit gefallene Musik, für die ich mir immer ein völlig zeitloses Cover gewünscht habe. Dazu kommt, dass der Grundgemütszustand des Albums – und vermutlich auch mein eigener – die Schwermut ist. Die Musik ist fast ausschließlich in Moll komponiert. Viele Stücke verhandeln eine gewisse Sehnsucht oder sind melancholische Selbstreflektionen. Das Seestück von Richter ist das ultimative Sinnbild für die so geliebte Einsamkeit: Der Betrachter ganz allein mit Meer und Himmel. Man kann das sehr ich-zentriert lesen. Und gleichermaßen führt uns dieses Motiv – der unendliche Himmel und das Meer – unsere eigene Nichtigkeit in der Schöpfung vor Augen. Ein schöner Gegensatz.

In Ihrer Jugend wollten Sie selbst Maler werden. Malen Sie heute immer noch?

Nein, aus freien Stücken würde ich nicht mehr malen. Ich habe unglaubliche Hochachtung vor der Malerei. Ich bin vor vielen Jahren einen anderen Weg gegangen. Ich fände es – allein vor mir selbst – etwas peinlich, sie jetzt als Hobby zu betreiben. Da spiele ich lieber Tennis.

Im neuen Film „Werk ohne Autor“ von Florian Henckel von Donnersmarck spielen Sie einen Künstler, dessen Leben an das von Gerhard Richter angelehnt ist. Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Hierfür durfte und musste ich natürlich malen, was mir viel Freude gemacht hat. Aber tatsächlich nur, weil ich die Berechtigung gespürt habe, es zu tun. Ansonsten habe ich viel nachgedacht.

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Das Debüt-Album „Vilnius“ von Schauspieler Tom Schilling & The Jazz Kids: Gerhard Richters „Seestück (bewölkt)“ ziert das Cover (Foto: Beats International)

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