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Kraftwerk der Kunst

Der Kurort Bad Gastein hat sich mit seinem Sommerfestival einen Namen gemacht und bietet inzwischen auch eine Messe

Von Christiane Meixner
11.07.2023
/ Erschienen in Kunst und Auktionen 11/23

Wes Anderson wäre hier glücklich. Nicht bloß wegen der frischen Luft auf tausend Höhenmetern: Bad Gastein, dieser immer noch pittoreske Kurort im Salzburger Land, bringt alles mit, was den US-amerikanischen Regisseur fasziniert und verlässlich für Atmosphäre in seinen Filmen wie „Grand Budapest Hotel“ sorgt.

Da sind die Hotels, an denen in Jahren des Leerstands die Zeit genagt hat, die aber immer noch mit ihrer Grandezza locken. Häuser wie aus einer anderen Epoche. Da gibt es einen mächtigen Wasserfall für ein Kraftwerk, das 1914 seine Arbeit aufnahm und heute unter anderem ein Restaurant beherbergt. Und nicht zuletzt die Kunst renommierter Protagonisten wie Michael Sailstorfer, Jonathan Meese oder Jorinde Voigt, die alle schon hier waren. So viel Aufmerksamkeit, vor allem aber Transformation durch ein Jahrzehnt hat natürlich Konsequenzen: Die ersten luxuriösen Unterkünfte öffnen ihre Pforten, Hotelketten übernehmen die Traditionsbauten und probieren die Balance zwischen dem staubigen Charme der Vergangenheit und den Erwartungen ihrer anspruchsvollen Gäste.

Vielleicht ist dies die beste Zeit, um endlich die „Sommer.Frische.Kunst“ in Bad Gastein zu besuchen. Jenes Festival, das die Hamburger Galeristin Andrea von Goetz als künstlerische Leiterin mit Unterstützung des lokalen Tourismusverbandes ab 2011 etabliert und auf die internationale Landkarte gebracht hat. Seitdem arbeiteten jährlich bis zu sechzig Künstlerinnen und Künstler überall im Ort, vor allem jedoch im alten Kraftwerk. Das hiesige Artist-in-Residence-Projekt ist zur inspirativen Quelle für beide Seiten geworden. Noch immer steht von Mitte Juli bis Anfang September die zeitgenössische Kunst im Zentrum, sie bespielt Innenräume leerer Gebäude ebenso wie öffentliche Plätze. Auch im Kraftwerk finden Präsentationen statt, in den temporären Ateliers gastieren diesmal Kunstschaffende aus osteuropäischen Regionen.

„Art makes you see. Discover your way“, heißt das diesjährige Motto und meint es ernst mit der Entdeckungstour. Der Frankfurter Künstler und Illustrator Sebastian Meschenmoser hat eine „KunstWanderkarte“ entworfen, die man seinen weitläufigen Erkundungen zugrunde legen kann. 15 Stationen stehen auf dem Plan, sie führen vom Ortskern über die Kaiser-Wilhelm-Promenade bis hinauf ins Winterparadies Sportgastein. Hier überraschen die Fachwerk-Skulptur „Harfen“ von Olaf Holzapfel oder die Installation „In the name of a day“ von Kazunori Kura, gemacht aus den Gerippen ehemaliger Boote, die scheinbar irgendwann in den Bergen gestrandet sind.

Punkt 16 auf der persönlichen Landkarte der Sammler aber wird die „Art:Badgastein“. Eine kleine, sommerliche Kunstmesse mit Künstler-Lounge und gerade einmal zwanzig teilnehmenden Galerien. Sie verspricht – nach den Mega-Messen der vergangenen Monate – eine intime Atmosphäre, hebt sich aber zugleich bewusst von jenen Großveranstaltungen ab, die laut von Goetz „alle gleich aussehen und sich gleich anfühlen“. Premiere der Plattform für aktuelle Kunst war 2022, damals nahmen im ehemaligen Wasserkraftwerk neun Galerien aus Deutschland teil; darunter Kewenig, PSM, Kuckei + Kuckei, FeldbuschWiesnerRudolph, das nomadische Galerieformat The Fairest (alle Berlin) und van Horn (Düsseldorf). Nicht alle kehren zurück, dennoch sind es diesmal mehr als doppelt so viele Interessenten, die das Prinzip der Entschleunigung im Kurort bereits schätzen oder sich auf das Experiment einlassen.

„Im kommenden Jahr möchten wir auch ein bisschen internationaler werden“, bilanzierte Andrea von Goetz im vergangenen Jahr. Ganz so weit ist es noch nicht, doch das Feld der Teilnehmer weitet sich sichtbar. So kommt die Bonner Galerie Gisela Clement mit ihrer Künstlerin Ulrike Rosenbach. Die Pionierin der Videokunst zählt längst zu den kanonisierten Positionen und ist trotzdem noch zu entdecken: aktuell mit einer großen Soloschau im Karlsruher ZKM und am Stand von Clement, die frühe Arbeiten etwa der Serie „Art is a criminal Action“ zeigt. Bei der Hamburger Galerie Nanna Preußners hängen die auf Rastern basierenden Bilder von Rupert Eder, denen die malerische Geste etwas Schwebendes, Irreguläres verleiht.

Gesa Lange verfolgt ein ähnliches Prinzip, ihre Strukturbilder am Stand der Galerie Carolyn Heinz (Hamburg) manifestieren sich in Garn auf Transparentpapier. Aus Berlin reist die Galerie Klemm’s an, Sabine Schmidt (PSM) kehrt mit ihrem Programm auf die Messe zurück. Neu dabei ist Peter Buchberger mit Designikonen. „Wunderkunst“ aus München, als digitale Adresse etabliert, zeigt Arbeiten vor Ort. Mit Zeller van Almsick und Alba, einer jungen Initiative mit Fokus auf interdisziplinären Projekten, kommen zwei Galerien aus Wien. Letztere stellt Aufnahmen von Lars Eidinger in der Tradition der Street Photography aus, er selbst gilt als Multitalent – was zur „Sommer.Frische.Kunst“ ebenso passt wie zum Kraftwerk.

Nach der Messe wird die mächtige Architektur erneut zum Schauplatz diverser Ausstellungen wie auch Performances. Diese Transformation prägt Bad Gastein, dessen Zauber sich hoffentlich noch eine ganze Weile gegen jede Form von Konformität stemmen kann.

Service

KUNSTFESTIVAL & MESSE

art:badgastein

Kraftwerk, Bad Gastein

15. – 22. Juli 2023

sommer.frische.kunst 

14. Juli – 2. September 2023

artbadgastein.com

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