Bei der Tefaf in Maastricht tragen Kunst- und Antiquitätenhändler in diesen Tagen wieder Kostbarkeiten aus aller Welt zusammen: edle Gefäße, virtuose Malerei und vollendete Skulpturen. Die Messe ist ein Museum auf Zeit, das beweist, wie wertvoll die Vergangenheit ist
Die Tefaf wächst und verjüngt sich. Europas wichtigste Bühne für die Schätze vergangener Jahrhunderte steigert die Zahl ihrer Aussteller im Vergleich zum letzten Jahr noch einmal um neun auf 279 Teilnehmer. Gleichzeitig wertet sie ihre Sektion „Tefaf Modern“ sichtbar auf: Allein 13 neue Teilnehmer an der Kunstmesse in Maastricht setzen auf Zeitgenössisches etwa vom 1963 geborenen Schweizer Ugo Rondinone oder der deutschen Konzeptkünstlerin Rosemarie Trockel, präsentiert von der Galerie Sprüth Magers.
Mehr Moderne und Künstler der Gegenwart
Rondinones große Steinarbeiten stehen am Stand von Kamel Mennour aus Paris. Es gäbe klassischere Positionen im Programm wie Alberto Giacometti oder Lee Ufan. Dass sich der Kunsthändler ganz auf einen Protagonisten der Gegenwart konzentriert, wirkt wie ein Fanal: Auch Maastricht setzt jetzt auf Contemporary! Georg Laue sieht das weniger zugespitzt. Der Münchner Kunsthändler agiert als Board Member der Tefaf und verweist auf das kundige Publikum jener Messe, das sich noch mehr Auswahl und Expertise im Bereich der Moderne wünsche.
Der Duft der weiten Welt
Straußeneier wurden im 18. Jahrhundert als kostbare Exotica gehandelt und verarbeitet – wie hier mit vergoldeter und ziselierter Bronze zum Potpourri für duftende Kräuter und Essenzen. Die Düsseldorfer Galerie Gierhards bietet an ihrem Stand ein seltenes Paar mit jeweils drei vergoldeten Delfinfüßen für 65 000 Euro an. Es wurde zwischen 1720 und 1730 in Paris geschaffen: Wahrscheinlich erfrischte es die Luft für Mitglieder der französischen Königsfamilie. Foto: Ralph Gierhards Antiques/Fine Art
Grünes Leuchten
Ab 1890 experimentierte René Lalique mit Glas, um daraus Schmuck zu formen. Als knapp zehn Jahre später sein Collier im ägyptischen Stil entstand, war der legendäre Pariser Gestalter auf der Höhe seiner Kunst: Acht Reihen luzider grüner Perlen werden von vier gläsernen Elementen in Form grüner Skarabäen gehalten. Die goldene Fassung mit ihren schwarz emaillierten Dornen machen das außer-gewöhnliche Stück des Art déco komplett. Angeboten wird es vom Londoner Juwelenhändler Wartski Ltd. für einen sechsstelligen Betrag. Foto: Wartski
Damenwahl
Die indische Moghul-Zeit hat wunderbare Miniaturmalereien hervorgebracht. Bei den Motiven handelt es sich meist um mythische Szenen, die Darstellung ruhmreicher Kriege oder herrschaftlichen Lebens. Die Galerie Kevorkian ist auf antike Kunst der indischen und islamischen Kultur spezialisiert, aus Paris bringt sie „Zwei Frauen in einer Landschaft" mit: Ein farblich raffiniert komponiertes Blatt (14 x 11 cm), zwischen 1730 und 1750 entstanden und preislich bei 20 000 Euro angesiedelt. Foto: Galerie Kevorkian
Teure Mitgift
Giovanni Strozzi und Maria Carnesecchi heirateten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die Ehe hielt nicht ewig – im Gegensatz zu jenen zwei florentinischen Hochzeits-Cassoni, die sich unter den Hochzeitsgaben befanden. Diese Herkunft legt das Wappen im Zentrum der reich verzierten Fronten aus teils vergoldetem Nussbaum nahe. Die Galerie Neuse bietet beide Truhen an, die in bedeutenden Sammlungen wie der des Bankiers Guy de Rothschild waren. Foto: Galerie Neuse
Weisses Gold
Nach der Zerstörung von Kotte im Süd-westen des heutigen Sri Lankas entwickelte sich Colombo zum Zufluchtsort für Künstler: Im frühen 17. Jahrhundert entstand dort vermutlich die knapp 20 Zentimeter große Elfenbein-Plakette, die Amir Mohtashemi an seinem Stand präsentiert. In Auftrag gegeben wurde die Schnitzarbeit von Jesuiten, als Vorlage diente aller Wahrscheinlichkeit nach ein Kupferstich von Hieronymus Wierix, der den Sieg der himmlischen über die irdische Liebe darstellt. Foto: Amir Mohtashemi
Das Blaue vom Himmel
Jingdezhen gilt nicht umsonst als Geburtsstadt des Porzellans, wie diese mehr als einen Meter hohe, dreibauchige Vase aus der Kangxi-Periode beweist. Obwohl in der Region verschiedene Keramiken produziert wurden, ist die Stadt vor allem für ihre blau-weißen-Porzellane bekannt, die an den europäischen Höfen beliebt waren. Das vorliegende Stück, angeboten von Vanderven Oriental Art für um die 400 000 Euro, gehörte einst einem Mitglied des New Yorker Geldadels: dem Privatbankier J. P. Morgan. Foto: Vanderven Oriental Art
Das Beste und Kostbarste an antiker Kunst, Malerei, Silber und Porzellan
Für die Tefaf ist das nicht selbstverständlich, gegründet wurde sie 1987 schließlich als Messe für exquisite Antiquitäten. Den Anspruch lösen bis heute die prächtigen Stände wichtiger Händler für Antikes und Alte Meister ein. Auch Gold- und Silberobjekte sind gut vertreten oder ausgesuchtes Porzellan, für das insbesondere die Münchner Kunsthandlung Röbbig steht oder die New Yorker Händlerin Michele Beiny. Sie alle sind passionierte Experten, genau wie die Sammler mit Interesse für spezielle Epochen und Genres.
Enormes Zukunftspotenzial
Andere orientieren sich breiter und erwerben ebenso leidenschaftlich Wunderkammerobjekte wie Kunst der Moderne oder der Gegenwart. Darauf, so Laue, reagiere die Tefaf mit ihrem Angebot herausragender Galerien für Moderne und Contemporary, die auch diesen Sektor mit dem Besten bestücken können, was der Kunstmarkt zu bieten habe. Mathias Rastorfer, CEO der Galerie Gmurzynska, spricht mit Blick auf den neuen Akzent von einer „Leitmesse mit enormem Zukunftspotenzial“. Vor 17 Jahren waren die Zürcher zum letzten Mal auf der Tefaf vertreten – zurück kommen sie mit einem Highlight, Mirós „Métamorphose“ von 1936.
Hauptrolle für Hummer
Wenig ist über den niederländischen Stilllebenmaler Philips Gijsels bekannt, der 1650 in in die Den Haager Lukasgilde aufgenommen wurde. Eine Vorliebe für Krustentiere, deren Schattierungen er virtuos wiedergab, zieht sich wie ein roter Faden durch seine Gemälde. In den ungeordneten, doch stets durchdachten Kompositionen spielen Hummer die Hauptrolle – so auch in dem Stillleben, das P. de Boer für 80 000 Euro anbietet. Neben dem Krebs besticht die 65 mal 110 Zentimeter große Leinwand mit Austern und einem Krug aus Irdengut, auf dem sich das Licht bricht. Foto: Kunsthandel P. De Boer
Fabelhaftes Innenleben
Der seltene Prunk-Aufsatzsekretär bei
Senger (Bamberg), ein wahres Wunderwerk der Intarsienkunst, ist wohl in Prag um 1725/1730 entstanden. Mythologische Szenen in grandiosen Trompe-l’oeil-Architekturen beeindrucken außen auf den Flügeltüren, während die vielen Schubladen im Inneren mit Tierwesen aus Aesops Fabeln illustriert sind. Neben verschiedensten Hölzern von Buchsbaum über Oliven- bis zu Amaranthholz kommen auch Zinn, Messing, durchgefärbtes Elfenbein und Perlmutt zum Einsatz. Der Preis für das einzigartige Möbel liegt im mittleren sechsstelligen Bereich. Foto: Senger Bamberg Kunsthandel
Glänzend gewappnet
Das wertvollste Objekt bei Koopman Rare Art ist ein spektakulärer vergoldeter Silberschild aus der Zeit des Regency für 5 Millionen Pfund. 1817 modellierte und zeichnete der britische Bildhauer John Flaxman die Szenen aus Homers „Ilias" (in der Mitte Apollo mit Sonnenwagen), die von Rundell & Bridge in Silber gegossen und getrieben wurden. Das Wappen seines Besitzers Ernst August, Herzog von Cumberland und später König von Hannover, ist auf der Rückseite eingraviert. Foto: Koopman Rare Art
Himmlisch geschmückt
Adelige Damen, die im Spanien des 17. Jahrhunderts viel auf sich hielten, trugen ihren katholischen Glauben stolz auf der Brust: In Provinzen wie Salamanca bestimmten aufwendige, mit Diamanten besetzte Goldkreuze, die an einer Schleife um den Hals gebunden wurden, die Mode. Wer den Glamour des ausgehenden Siglo de Oro ins eigene Schmuckkästchen importieren will, sollte für das 9 mal 4 Zentimeter große Exemplar von 1700 um die 40 000 Euro einplanen. Angeboten wird es von der spanischen Händlerin Deborah Elvira Young, die sich auf historischen Schmuck ihrer Heimat spezialisiert hat. Foto: Deborah Elvira
Post von einer Unbekannten
Den Namen des Malers, der zwischen 1520 und 1530 die „Junge Dame am Clavichord, Cecilia" festhielt, kennt niemand mehr. Man nennt ihn – angelehnt an sein Lieblingsmotiv – schlicht den Meister der weiblichen Halbfiguren. Ob es sich um einen Künstler oder eine ganze Werkstatt handelt, ist nicht dokumentiert. Fest steht, dass sein bekanntestes Porträt „Drei musizierende Mädchen" heute auf Schloss Rohrau hängt. Zwischen 400 000 und 500 000 Euro soll die Schreibende bei Kollenburg kosten. Foto: Kollenburg Antiquaires
Als die Formen tanzen lernten
Während andere Künstler seiner Generation Aquarelle und Gouachen als Skizzen betrachteten, sah Wassily Kandinsky sie als eigenständige Kunstwerke. Ab 1935 begann er, mit einer neuen Technik zu experimentieren: Tempera trug er auf schwarzes Papier auf, um seine opaken Lilanuancen und Blautöne auf dem Bildgrund zum Vibrieren zu bringen. Die vorliegende Gouache „White Form (La Forme Blanche)" aus der Sammlung der Familie Louis-Dreyfus vollendete Kandinsky 1939, nachdem er sich in Neuilly-sur-Seine nieder-gelassen hatte. Stephen Ongpin rechnet für die tanzenden Formen mit 640 000 Euro. Foto: Stephen Ongpin Fine Art
Der Frühe Vogel
Friedrich Elias Meyer, ab 1748 in Meißen tätig, schuf seine Porzellantiere am liebsten nach lebenden Modellen: So wirkt auch die Blauracke aus dem Hause KPM, die Michele Beiny für 75 000 Dollar im Paar anbietet, so naturgetreu, als würde sie sich gleich von ihrem Ast erheben. Während die Ausformung aus der zweiten Hälfte der 1760er-Jahre stammen dürfte, geht der Goldbronze-Sockel auf den Pariser Ebenisten Henry Dasson (1825–1896) zurück. Foto: Michele Beiny
Die Tefaf überstrahlt auch diesmal alles
Stärke zeigt die alte Kunst an den nach wie vor unvergleichlich aufwendigen Ständen zahlreicher Händler. Flankiert werden sie von musealen Spitzenstücken der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden: So begegnet man in der aktuellen Sonderschau etwa der Krone Augusts des Starken von 1697 aus der Rüstkammer oder einem seltenen Satz von fünf Meissener Vasen aus der Porzellansammlung. Insgesamt sind es 23 Objekte, von denen ein Teil aus den Paraderäumen und dem Semperbau in Dresden stammen. Beide eröffnen überhaupt erst im Herbst dieses Jahres wieder. In Maastricht lassen sich die Schätze jetzt schon bestaunen – damit ist die Tefaf der Zeit sogar ein Stück voraus.
Service
Messe
Tefaf Maastricht
16. bis 24. März
Maastrichts Expositie en Congres Centrum tefaf.com
Ein Rückblick auf das vergangene Jahr in Porzellan: Europäische Stücke behaupten sich im Spitzensegment mit erstaunlichen Zuschlägen, aber auch im Mittelfeld bleibt der Markt stabil. Der Höhepunkt war die Auktion der legendären „Twinight Collection“
Der französische Maler des 17. Jahrhunderts Lubin Baugin (1610–1663), von dem nur fünf Stillleben bekannt sind, sorgt derzeit für Aufsehen auf dem Kunstmarkt. Sein erst kürzlich wiederentdecktes „Stillleben mit Financiers“ („Nature morte aux financiers“) erzielte am 16. August 2025 bei Vichy Enchères einen sensationellen Preis: Statt der ursprünglich geschätzten Summe verdoppelte sich die Schätzung auf 440.000 Euro. Der Zuschlag ging an einen privaten Käufer und markiert einen neuen Höchstwert für ein Werk Baugins. Schon zuvor hatten Gemälde des Künstlers beachtliche Ergebnisse erzielt, etwa „Adam et Eve pleurant Abel“, das 2023 in Toulouse versteigert und vom Louvre erworben wurde, oder „Olinde et Sophronie sur le bûcher“, das 2016 bei Sotheby’s in New York einen Zuschlagspreis von rund 240.000 Euro einbrachte. Das „Stillleben mit Financiers“ hat nicht nur einen Auktionsrekord gesetzt, sondern auch das Interesse von Sammlern und Museen neu entfacht. Für Baugin, dessen „Nature morte aux gaufrettes“ bereits im Louvre hängt, bedeutet dieser Zuschlag ein spätes, aber glanzvolles Comeback.
Mit der PIN-Benefizauktion am 15. November feiern die Freunde der Pinakothek der Moderne ihr 60-jähriges Jubiläum. Und wieder stehen herausragende zeitgenössische Werke zum Bieten bereit. Die Raster, Zellen und Verbindungslinien von Neo-Geo-Künstler Peter Halley, Jahrgang 1953, sind keine leeren Formen, sondern visualisieren Denkmodelle. In „Dada Ji“ übersetzt er soziale Strukturen, inspiriert von Foucault und Baudrillard, in leuchtende Flächen und thematisiert dabei Zugehörigkeit sowie Isolation. Der Titel der Arbeit referiert auf das hinduistische Wort für den Großvater väterlicherseits. Die farbenfrohe Gesellschaftstheorie des einflussreichen Konzeptmalers wird der preisliche Spitzenreiter der Auktion. Der Freundeskreis erwartet mindestens 140.000 Euro für das 173 mal 162 Zentimeter große Unikat aus dem Jahr 2005.
Seit vielen Jahren ist das Kölner Auktionshaus Breker auf historische technische Geräte wie Schreibmaschinen, Telefone und Chronometer spezialisiert. Mit einem feinen Gespür für diese Raritäten und Liebhaberstücke bringt das Haus regelmäßig Sammlerinnen und Sammler aus aller Welt zusammen. Besonders großes Interesse weckte bei der Auktion am 13. September eine außergewöhnliche Hand-Luftbildkamera des schwedischen Herstellers Hasselblad mit Sitz in Göteborg. Es handelte sich um das Modell HK 7 aus dem Jahr 1941. Diese präzise gefertigte Kamera, einst für militärische Zwecke entwickelt, zog die Aufmerksamkeit vieler Bieterinnen und Bieter auf sich – nicht zuletzt wegen ihres verführerisch niedrigen Startpreises von lediglich 900 Euro, der schnell zu einem spannenden Wettbieten führte. Am Ende fiel der Hammer bei beachtlichen 32.000 Euro!