Das Nolde Museum Seebüll gibt in seiner neuen Jahresausstellung einen Einblick in die zwei konträren Bildwelten des expressionistischen Künstlers
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16.06.2025
Die 69. Jahresausstellung 2025 im Nolde Museum Seebüll widmet sich Emil Noldes Verständnis von Stadt und Land. Der Wechsel ist zentral in seinem Leben: Die Sommer verbrachte der Künstler meist in ländlicher Abgeschiedenheit, die Winter im Trubel der Hauptstadt Berlin. Die aufregenden Bilder des Berliner Nachtlebens mit Tanz, Theater und Kabarett stehen neben bezaubernden Tier-Aquarellen aus dem Berliner Zoologischen Garten. Insgesamt zeigen über 110 Werke den ganzen Nolde mit seinen famosen Blumendarstellungen, bewegten Meeren und unendlichen Landschaften.
Der bedeutende Expressionist Emil Nolde (1867–1956) teilte seine Lebenszeit zwischen Stadt und Land, seinem Sommerwohnsitz im heutigen deutsch-dänischen Grenzgebiet und einer Atelierwohnung für den Winter in Berlin. In diesen beiden sehr unterschiedlichen Welten empfängt er die Anregungen für seine Kunst: einerseits in seiner abgelegenen Heimatregion und andererseits in der pulsierenden Großstadt. Dort verbringt das Ehepaar Nolde die Wintermonate, ab 1910 können sie eine Atelierwohnung in der Tauentzienstraße mieten, ab 1929 in der Bayernallee im Westend.
Bildende Künstler zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind magnetisch angezogen von einer der wichtigsten Metropolen in Europa. Berlin mit seinem Nachtleben, mit Tanz, Theater und Kabarett wird auch für Emil Nolde zur Inspirationsquelle. Insbesondere in den Jahren 1910/11 setzt er sich bildnerisch mit der Großstadt auseinander. Max Reinhardt, Intendant des Deutschen Theaters und der Kammerspiele, überlässt Nolde Freikarten. Im dunklen Zuschauersaal malt Nolde, assistiert von Ada, mit schnellen, präzisen Pinselstrichen mit Aquarellfarben und Tusche eine Folge von weit über 300 Aquarellen und Tuschpinselzeichnungen, konzentriert auf die Ausdrucksmöglichkeiten der Figuren, ihre Bewegungen und den Tanz, ihre Gestik, ihre Gebärden. In den beschwingten Aquarellen und in den strahlenden Ölgemälden huldigt Nolde der quirligen Großstadt.
Gleichzeitig ermöglicht das Berliner Leben den direkten Kontakt mit Freunden, Sammlern, Kunsthistorikern, Museumsdirektoren und Galeristen. Es ist der Ort zum Netzwerken für den ehrgeizigen Künstler, der von seiner gesellschaftlich gewandten Frau Ada unterstützt wird. Als „Malermensch“ bezeichnet er sich selbst vielfach. Damit betont er die Unterscheidung zwischen Künstler und Mensch, die für sein Selbstverständnis zentral war.
Dr. Christian Ring, Direktor des Nolde Museums, entwickelt jedes Jahr aus dem reichen Künstlernachlass eine neue „Jahresausstellung“. Das Thema 2025 führt den Gedanken von „Welt und Heimat“ aus dem Jahr 2023 fort. Christian Ring beschreibt seinen Grundgedanken: „Wir befragen in den Jahresausstellungen Noldes reichhaltiges Werk zu allen Aspekten seines Lebens und gehen dem Bezug zum Heute nach. Emil Nolde verstand es wie kein anderer Künstler, die Gegensätze zwischen pulsierendem Großstadtleben und der stillen Abgeschiedenheit des Landlebens in seiner Kunst zu verarbeiten“, erklärt Christian Ring weiter. „Mit dieser Ausstellung möchten wir nicht nur einen Einblick in sein Schaffen geben, sondern auch die Bedeutung dieser beiden Pole für sein Werk erfahrbar machen. In Seebüll wollen wir, ganz im Sinne des Stifterehepaares Ada und Emil Nolde, dem „suchenden, geistigen Wanderer aus allen Landen … Glück und künstlerisch-geistige Erholung geben“.
Seit 1957 zeigt das Nolde Museum in Seebüll in der jährlich wechselnden Ausstellung eine beeindruckende Auswahl an Ölgemälden, Aquarellen und Druckgraphiken, die exemplarisch für Noldes Werk stehen. Neben den bekannten Meisterwerken werden auch seltene Stücke aus seinem umfangreichen Nachlass präsentiert. In diesem Jahr sind 32 Werke erstmals in Seebüll zu sehen. Mit der weltweit größten Sammlung seiner Arbeiten ist Seebüll der zentrale Ort, um tief in das Schaffen dieses bedeutenden Künstlers einzutauchen.
69. JahresausstellungEmil Nolde – „Malermensch“ in Berlin
01. März bis 31. Oktober 2025
Täglich 10 – 18 Uhr