Janus la Cour

Außenseiter aus Dänemark

Nichts als Natur: Eine Ausstellung auf der Nordseeinsel Föhr zeigt die Moderne des dänischen Malers Janus la Cour und seinen Blick auf das Ursprüngliche

Von Sebastian Preuss
20.05.2025
/ Erschienen in Weltkunst Nr. 241

Es ist kein spektakuläres Motiv, das ist es bei Janus la Cour nie. Er malte einen Bach, wie er sich durch alle flachen Landschaften Mitteleuropas schlängelt, gesäumt von ein paar Bäumen, die sich im Wasser spiegeln. Links eine Anhöhe, im Hintergrund mündet eine Wiese am Waldrand. Keine Menschen, nichts von moderner Infrastruktur, die 1902, als das Gemälde entstand, schon allgegenwärtig war. La Cour fand dort seine Bilder, wo niemand hinschaute: Bäche, Uferwege, zerfurchte Abhänge, Geröll, Bodenkräuter, Wagenspuren im matschigen Feld. Und wenn er den Genfer See, eine Meeresbucht bei Sorrent oder in seiner dänischen Heimat malte, dann immer mit besonderen Blickwinkeln, die fast wie Störfaktoren die Szenerie aufmischen. So schieben sich verschattete Felsen vor die mediterrane Idylle oder das Alpenpanorama, saugt ein düsterer Wald das Licht auf, und ein Wasserbassin im Garten der Villa d’Este bei Rom erschiene durch den Bildanschnitt wie ein Schnappschuss, wenn das Geäst nicht so fein, die Wasseroberfläche nicht so sanft wie Perlmutt schimmernd gemalt wäre.

In der Geschichte der dänischen Malerei ist Janus la Cour (1837–1909) ein Außenseiter, einer, der ab 1860 die Landschaftsmalerei der Romantik weiterführte, dabei jedoch alles Romantische abstreifte und sich zugleich dem Impressionismus und allen Bildthemen der industrialisierten Welt verweigerte. Im europäischen Kontext ist la Cour noch so gut wie unbekannt. Dagegen arbeitet jetzt eine Ausstellung auf der Insel Föhr an. Das Museum Kunst der Westküste, 2009 von dem Unternehmer und Sammler Frederik Paulsen gegründet, widmet sich der Kunst in den Nordseeländern. Da passt die Pionierschau zu la Cour bestens.

Die meisten der Gemälde stammen aus der Sammlung des unlängst verstorbenen Mäzens Christoph Müller. Er erwarb fast 70 Werke des Malers. Prominenter Kurator der Ausstellung ist der Autor Florian Illies, der den Maler schon vor Jahren für sich entdeckt und hymnisch beschrieben hat. Mit im Boot ist Simon Elson, der beste La-Cour-Kenner. In seinem Buch „Macht der Stille“ von 2022 stellt er eindringlich die Qualitäten und die Modernität dieser Naturbilder heraus: die unkonventionellen, oft sperrigen Ausschnitte, das Spröde, Unscheinbare, die „Konstruktion“ der Stille, das serielle Arbeiten, das ihn Motive dutzendfach malen ließ. Auch zwei zeitgenössische Maler wurden zu bekennenden La-Cour-Liebhabern: Per Kirkeby (1938-2018) und Sven Drühl. Beide sind jetzt mit Bildern in der Ausstellung vertreten.

La Cour war ein Virtuose, der vom Flirrenden, Luftigen bis zur Feinmalerei alles beherrschte, sich jedoch in seiner Reduktion auf die pure Natur radikal beschränkte. Auf das Industriezeitalter, dessen Folgen er verachtete, reagierte er mit Gegenbildern einer kargen, ursprünglichen Landschaft. Wir tun diesen Bildern nicht Unrecht, wenn wir sie im Kontext unserer heutigen Sorge um die Natur betrachten. 

Service

Ausstellung

„Momente der Klarheit. Janus la Cour und das neue Bild der Natur“

Museum Kunst der Westküste, Alkersum auf Föhr

bis 22. Juni;

Nivaagaards Malerisamling, Nivå bei Kopenhagen

23. August bis 4. Januar 2026

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