„Berl-Berl“ im Berghain

Über die Zukunft der Sümpfe

Der dänische Künstler Jakob Kudsk Steensen verwandelt die Halle am Berghain in Berlin in ein digitales Sumpfgebiet – und eine Meditation über den Zustand unserer Ökosysteme

Von Simone Sondermann
23.07.2021

Der Berliner Technoclub Berghain hat schon vor Corona-Zeiten eine Nähe zur bildenden Kunst gepflegt. Werke der „Hauskünstler“ wie Marc Brandenburg oder Wolfgang Tillmans waren dauerhaft in den Räumen des ehemaligen Heizkraftwerks zu sehen, in der angeschlossenen Halle gab es Ballettaufführungen und Ausstellungen. Seit dem pandemiebedingten Stillstand hat die Kunst nun vorerst endgültig die Vorherrschaft übernommen. Die Schau „Studio.Berlin“ der Boros Foundation in den Clubräumen sorgte im vergangenen Spätsommer international für Aufsehen. Seit ihrer Wiedereröffnung vor gut einem Monat muss sie sich mit etwas weniger Platz begnügen, denn die die Halle am Berghain ist nun das Terrain des dänischen Künstlers Jakob Kudsk Steensen. Mittels diverser großformatiger LED-Screens hat er die zwei Stockwerke der kahlen Industriekathedrale in eine immersive Installation verwandelt, die die Besucherinnen und Besucher auf eine Reise in die Sumpfgebiete in und um Berlin mitnimmt.

Diese Reise führt in die eiszeitliche Vergangenheit Berlins, in die sorbische Mythologie des Naturraums Spreewald – Berl ist das sorbische Wort für Sumpf – und eröffnet mittels Gamingtechnologie zugleich einen Weg in die Zukunft. Seltsame Mottenwesen und körperlose Vögel bevölkern diese digitale, sich ständig wandelnde Sumpflandschaft, die durch das Sounddesign von Matt McCorkle und die Stimme der venezolanischen Künstlerin Arca im Halbdunkel der Halle in Berlin-Friedrichshain zum meditativen Gesamterlebnis wird.

Der dänische Multimediakünstler Jakob Kudsk Steensen
Der dänische Multimediakünstler Jakob Kudsk Steensen. © Hugo Glendinning

Jakob Kudsk Steensen hat für dieses Projekt mit dem Berliner Museum für Naturkunde zusammengearbeitet. Er digitalisierte Präparate aus dem riesigen Museumsbestand und baute sie in seine 3D-Fantasielandschaft mit ein. Das Museum begleitet die Ausstellung mit geführten Exkursionen in Berlin und Brandenburg, die zu den wenigen verbliebenen und bedrohten Feuchtgebieten der Region führen. Dass die Renaturierung von Bächen und Flüssen ein wichtiges Zukunftsprojekt ist, war vielen auch schon vor dieser Ausstellung bewusst. Sowohl die Dürren der letzten Jahre wie die jüngsten Überschwemmungen in Deutschland haben die Dringlichkeit dieses Themas noch einmal erschreckend unter Beweis gestellt.

Service

AUSSTELLUNG

„Jakob Kudsk Steensen: Berl-Berl“

veranstaltet von Light Art Space (LAS)

Halle am Berghain, Berlin

bis 26. September

Tickets und Infos unter lightartspace.org

 

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