300. Auktion bei Rehm

Jubiläum in Augsburg

Das Auktionshaus Rehm bietet in seiner Jubiläumsversteigerung eine feine Auswahl von Rokoko-Möbeln bis zur Malerei der Moderne

Von Sabine Spindler
09.03.2022
/ Erschienen in Kunst und Auktionen Nr. 3/22

Als im Auktionshaus Georg Rehm vor zwei Jahren der Nachlass des Münchner Antiquitätenhändlers Forchhammer versteigert wurde, lieferten sich zwei Top-Händler für historische Möbel ein lang anhaltendes Bietergefecht. Sie konkurrierten um ein barockes Kommodenpaar, das bei 9500 Euro zum Aufruf kam. Beide wussten, dass hier ein bedeutendes Trierer Möbel wieder auf den Markt gekommen war. Der Kampf dauerte einige Minuten. Der Hammer fiel erst bei 123.500 Euro.

Der Augsburger Versteigerer ist kein Jäger kalkulierter Rekorde wie manch anderer. Aber Episoden wie diese prägen das Image. Aus den Untiefen von Nachlässen und Sammlungsauflösungen spült Georg Rehm in regelmäßigen Abständen Interessantes, Vergessenes, Museumswürdiges wieder in den Kreislauf von Sammlern und Händlern.

Rehm Jubiläum Auktion
Der „Table de Salon“ (um 1750) ist dem Ebenisten Roger Vandercruse zugeschrieben. Er stammt aus einer bedeutenden Füssener Privatsammlung und wird bei 8000 Euro aufgerufen. © Rehm, Augsburg

Das Forchhammer-Wunder ist schwerlich zu überbieten. Aber die 300. Auktion, die am 10. und 11. März stattfindet, hat unter circa 900 Ikonen, Gemälden, Schmuckstücken und Möbeln ihre Highlights. Als sächsische Arbeit bezeichnet des Auktionshaus einen hoch aufragenden, mit Nussbaumholz furnierten Aufsatzsekretär. Imposant krönt ein gesprengter Giebel das sparsam intarsierte Schreibmöbel, das auf die Zeit um 1730 datiert und mit 4500 Euro limitiert ist. Eine rückseitige Beschriftung verweist auf einen der Vorbesitzer: einen Domkapitular aus dem heute sachsen-anhaltinischen Naumburg. Im 18. Jahrhundert unterstand das Bistum noch der Verwaltung des Kurfürstentums Sachsen. Auffällig an der dreischübigen Kommodenbasis ist, dass die Einlegearbeiten nicht spiegelverkehrt angeordnet sind. Mit etwas Fantasie lassen sie an ein angedeutetes Monogramm denken.

Die feinste Möbelofferte zwischen niedrigst taxierten barocken Wellenschränken und dekorativen Biedermeiermöbeln zu Limitpreisen zwischen 400 und 2000 Euro aber stammt aus Paris. Der mit Edelhölzern, Bronzemontierungen und Marmorplatte ausgestattete „Table de Salon“, eine Kreuzung aus Beistelltisch und Schränkchen, ist dem Ebenisten Roger Vandercruse zugeschrieben. Er gehörte Mitte des 18. Jahrhunderts zu den besten seines Metiers. Gilles Jourbert, Ebenist des französischen Königs Ludwig XV., orderte bei ihm unter anderem Stücke für die Ausstattung des Schlosses Fontainebleau und den Salon der Madame du Barry. Die Beschläge, die spitz zulaufenden Beine und die von intarsierten Blumen umrankte Urne auf der Frontseite sprechen die Sprache der Zeit um 1750/60. Das Möbel ist aus einer bedeutenden Füssener Privatsammlung nach Augsburg gekommen. Erworben hatte es der Vorbesitzer einst im international angesehenen Kunsthandel Röbbig, München. Nun werden mindestens 8000 Euro erwartet.

 

Rehm Jubiläum Auktion
Die Schweizer „Madonna mit Jesusknaben“ (um 1400) erzielte vor 35 Jahren im Auktionshaus Ruef 64.000 D-Mark. Nun kommt sie bei 7500 Euro zum Aufruf. © Rehm, Augsburg

Aus Füssen stammt auch eine reizvolle Suite historischer Mörser mit Stücken vom 16. bis ins 19. Jahrhundert, die aus dem breit gefächerten Jubiläums-Angebot mit Uhren und Elfenbeinschnitzereien herausragt. Erst vor drei Jahren hat eine Kollektion bei Lempertz in Köln gezeigt, wie viel Attraktivität und Kulturgeschichte in diesen für die Pharmazie, aber auch für die Malerei und die Kochkunst so wichtigen Gerätschaften steckt. Die angebotenen Exemplare aus Messing, Stein und Bronze stammen aus einer Apothekenauflösung. Dass der Stil der Zeit auch bei Mörsern seine Spuren hinterlässt, reflektiert unter anderem ein reizendes Eisengussexemplar aus dem 18. Jahrhundert. Im Zuge der Antikenbegeisterung ähnelt es einer Kratervase aus hellenistischen Zeiten. Der Startpreis liegt bei 200 Euro.

Georg Rehm, seit 1994 Inhaber und Geschäftsführer des vom Vater gegründeten Unternehmens, schaut mit dieser Jubiläumsauktion auch auf 43 Jahre Firmengeschichte zurück. „Wir sind die Kleinen unter den Großen“, charakterisiert er im Gespräch mit KUNST UND AUKTIONEN nicht ohne ein Augenzwinkern den Platz seines Hauses innerhalb der deutschen Auktionslandschaft. Das Aufgeld nicht mitgezählt, hämmert der 65-Jährige jährlich rund 1 bis 1,5 Millionen Euro zusammen. Wenn der gebürtige Augsburger eine Erfahrung gemacht hat, dann ist es diese: Interessante, begehrte Kunstwerke und Antiquitäten werden weder von Sammlern noch vom Handel übersehen. Beste Beispiele dafür sind der Hammerpreis von 130.000 Euro für Carl Spitzwegs heiter-ironisches Gemälde „Gratulant mit Blumentöpfen“. Oder die 270.000 Euro für Max Liebermanns Gemälde eines Gartenlokals am Wannsee, das sein Limit von 80.000 Euro mehr als verdreifachte. Im Bereich Kunstgewerbe überraschte Rehm mit einer attraktiven Empire-Bronze-Tischuhr mit einem Mohren. Bei 1500 Euro aufgerufen, ging sie für stolze 12.000 Euro in neue Hände.

Für negative Schlagzeilen sorgte allerdings vor mehr als zehn Jahren ein Teppich. Die Geschichte verkörpert nichts anderes als die pyramidenförmige Hierarchie des Kunstmarkts. Auf 900 Euro hatte Rehm einen blaugrundigen Perser taxiert und ihn für 19.700 Euro an einen Käufer mit ungeahnten Spezialkenntnissen weitergereicht. Ein Jahr später brachte dasselbe Stück bei Christie’s umgerechnet 7,2 Millionen Euro. Rehms Einlieferin pochte auf Schadenersatz. Das Gericht wies die Klage in dem Sinne zurück, dass ein regionaler Universalversteigerer nicht in jedem Gebiet bis in die speziellsten Wissensverästelungen vordringen kann.

Rehm hat längst wieder das Vertrauen der Einlieferer gewonnen. Die Forchhammer-Auktion vor zwei Jahren bescherte ihm das beste Ergebnis seit Gründung des Unternehmens. Nicht nur das Bietgefecht um das Kommodenpaar bleibt in Erinnerung. Als Franz von Defreggers Gemälde „Eine wichtige Nachricht“, mit dem Defregger den von Andreas Hofer angeführten Freiheitskampf gegen napoleonische Besetzung thematisierte, für 200.000 Euro einem Tiroler Sammler zugeschlagen wurde, war nicht nur das Limit von 15.000 Euro mehr als verzehnfacht. Rehm hatte auch einen der höchsten Auktionspreise für den brillanten Genremaler des 19. Jahrhunderts erzielt.

Die Malerei der sogenannten Münchner Schule und des süddeutschen Raums ist in der Jubiläums-Auktion im März erwartungsgemäß mit bekannten Namen vertreten. Mindestens 2400 Euro erwartet man für einen postbiedermeierlich romantisierten „Sonntagsspaziergang“ des Spitzweg-Nachfolgers Willy Moralt, der bis weit ins 20. Jahrhundert auf seinen Bildern vergnügliche Ausflügler und Einsiedler in idyllischen Landschaften im Stile seines Lehrers arrangierte. Das angebotene kleine Kabinettstück, das den Blick auf die Stadtkulisse von Landshut von einem hoch gelegenen Ausflugslokal wiedergibt, hat Moralt mehr als einmal mit kleinen Veränderungen in der Staffage gemalt. Der Markt hält sich bei dem 1947 verstorbenen Künstler bislang relativ bedeckt mit seiner Investitionsbereitschaft. Bei Schäublein fiel der Hammer 2017 für einen „Sonntagsspaziergang“ bei 2000 Euro, bei Neumeister drei Jahre zuvor bei 5500 Euro. Otto Pippel ist mit einer impressionistisch angehauchten Landschaftsszenerie mit weidenden Kühen zum Limit von 1500 Euro vertreten. Mit dem gleichen Preis gelangt auch eine 1875 entstandene Ansicht vom Comer See zum Aufruf, mit der der Wiener Maler Carl Hasch an die mit klassischen Volksszenen ausgestatteten Italienbilder des frühen 19. Jahrhunderts anknüpft.

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Mindestens 8500 Euro soll das Gemälde „Blumenstillleben mit Uhr“ des aus dem schlesischen Brieg stammenden Landschafts- und Stilllebenmalers Oskar Moll erzielen. © Rehm, Augsburg

Aber auch Rehm bewegt sich mit seinem Angebot in Richtung Moderne. Bei 8500 Euro wird ein duftiges „Stillleben mit Kaminuhr“ des Hans-Purrmann-Freundes und von der französischen Moderne beeinflussten Carl Moll aufgerufen. Laut Auktionshaus ist das pastos gemalte Bild im Werkverzeichnis des Künstlers aufgeführt. Der deutsche Expressionismus ist mit zwei Lithografien Otto Muellers vertreten. „Waldlandschaft“ und „Badende“ werden mit je 3500 Euro aufgerufen.

Beim Skulpturenangebot geht Rehm hingegen bis in die Periode um 1400 zurück. Auf diese Zeit ist eine Schweizer „Thronende Mutter Gottes mit Kind“ (Abb.) datiert. Vor 35 Jahren erzielte sie im Auktionshaus Ruef einen Preis von 64.000 D-Mark, nun wird sie zum Limit von 7500 Euro angeboten. Für Sammler im süddeutschen Raum ist die Bildschnitzerfamilie Luidl ein Begriff. Berühmtester Vertreter ist Lorenz Luidl aus Landshut am Lech, der zwischen 1670 und 1710 an der Ausstattung zahlreicher Kirchen beteiligt war. Dem barocken Meister ist – laut eines rückseitig fixierten, nicht mehr taufrischen Gutachtens des renommierten Kunsthistorikers Norbert Lieb aus den Fünfzigerjahren – eine schwäbische Hausmadonna um 1680 zugeschrieben. Die vor einigen Jahrzehnten neu gefasste Skulptur mit dem nackten Salvator Mundi auf dem Arm ist moderat mit 2000 Euro limitiert. Spannende Bietgefechte sind bei der 300. Auktion in Augsburg also garantiert nicht ausgeschlossen.

Service

Auktion

300. Jubiläumsauktion,

Auktionshaus Rehm, Augsburg,

10./11. März,

auktionshaus-rehm.de

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