Der Markt für afrikanische und ozeanische Kunst wird durch hitzige Debatten erschüttert. Auf einmal, so scheint es, steht der ganze Handel unter Raubkunstverdacht. Fünf Auktionshäuser haben sich zur Zukunft des traditionsreichen Sammelgebiets geäußert
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03.02.2022
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Erschienen in
Kunst und Auktionen 2/22
Und auch Christie’s betont: „In der Tat haben wir in den letzten Jahren ein wachsendes Interesse, traditionelle afrikanische und ozeanische Kunst zusammen mit Kunstwerken des 20. und 21. Jahrhunderts zu vermarkten. Dies ist eine Reaktion auf die wachsende Zahl großer kategorieübergreifender Sammlungen weltweit. Es gibt jedoch keinen besonderen Grund für uns, mit einer anderen Abteilung oder Disziplin zu verschmelzen. Wir werden uns weiterhin in erster Linie den traditionellen Sammlern in diesem Bereich widmen.“ Auch Lempertz will sich „auf bestehende Sammler und Einsteiger in dieses Gebiet konzentrieren“, so Teuten. „Wir haben derzeit keine Verkäufe moderner afrikanischer Kunst, also gibt es keine Abteilung, mit der wir uns „zusammenschließen könnten.“ Und beim Dorotheum klingt das ähnlich. „Wir bleiben ein Auktionshaus für Sammler“, meint Krumpl. Zwar liege „die Verbindung zwischen Moderner Kunst und afrikanischer Kunst auf der Hand, moderne Kunst aus Afrika ist aber in unsere Auktionen mit zeitgenössischer Kunst integriert, hier unterscheiden wir nicht regional“.
Und wie reagiert die Branche auf die Raubkunstdebatte? Auffallend zurückhaltend, muss man sagen. „Die Debatte hat uns noch nicht direkt betroffen“, so Teuten von Lempertz, „aber wir sind uns natürlich sehr wohl der Auswirkungen auf die Museen bewusst.“ Bei den Auktionshäusern steht freilich die Frage im Vordergrund, ob ein einzelnes Werk legal gehandelt werden darf. Krumpl betont: „Das Dorotheum war eines der ersten Auktionshäuser mit einer eigenen Abteilung für Provenienzforschung und es arbeitet eng mit Interpol und dem Art Loss Register zusammen, alle Auktionsobjekte werden streng geprüft, bevor sie zur Auktion kommen.“ Auch Christie’s stellt klar: „Das Haus hält sich an bilaterale Verträge und internationale Gesetze zum Schutz von Kulturgütern und Erbgütern. Wir verfügen über strenge Verfahren, um sicherzustellen, dass wir nur Kunstwerke anbieten, zu deren Verkauf wir berechtigt sind. Im Rahmen dieser Sorgfaltspflicht arbeiten wir eng mit der UNESCO sowie mit Interpol, dem US-Ministerium für Heimatschutz und der Kunst- und Antiquitätenabteilung von Scotland Yard zusammen.(…) Die Forschung und ihre Veröffentlichung ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Wir wenden beträchtliche Ressourcen auf, um die Herkunft der von uns zum Verkauf angebotenen Objekte zu erforschen, und verfügen über ein Programm spezifischer Verfahren, um verschiedene Anforderungen zu erfüllen. Dazu gehört, dass unsere Verkäufer prüfbare Nachweise vorlegen, um sicherzustellen, dass die von uns verkauften Werke nicht aus Konfliktgebieten stammen.“ Sotheby’s merkt dazu an, man führe „für jedes angebotene Objekt eine strenge Due-Diligence-Prüfung (die im Verkehr erforderliche Sorgfalt) durch, zu der auch die Einholung eines vom Verkäufer unterzeichneten Vertrags mit Garantien bezüglich des Eigentumsrechts und der Exportlizenzen gehört.“ Und natürlich sehen sich auch die Verantwortlichen von Lempertz und Bonhams an den Rahmen bestehender und neuer internationaler Gesetze und Verträge gebunden.
Business as usual also? Die großen Auktionshäuser möchten ihren Kunden garantieren, dass alle Käufe rechtmäßig sind. Der moralisch-ethische Teil der Restitutionsdebatte wird dabei allerdings (noch) ausgeklammert. Da aber momentan eine enorme Nachfrage nach Arbeiten besteht, die nicht vom weißen, männlichen Künstlerestablishment stammen – und dementsprechend die zeitgenössische Kunst aus Afrika preislich gerade durch die Decke geht –, stellt sich die Frage: Könnte die traditionelle Kunst des Kontinents nicht vielleicht auch von dieser Entwicklung profitieren?