Auktionen

Auktionen der Woche: Ein Sommer voll neuer Eindrücke

Auf unserer Watchlist für diese Woche: von Noldes Blumenstrauß beim Ketterer-Jubiläum bis zur einsamen Akropolis bei Neumeister

Von Weltkunst Redaktion
13.07.2020

Glück im Unglück!

Es gäbe bessere Momente für ein Jubiläum, gewiss. Doch die 500. Auktion am 17. Juli bei Ketterer fällt nun einmal mitten in eine Zeit, in der sich der Kunsthandel nach harten Einschränkungen wegen Corona neu aufstellen muss. Der Versteigerer aus München tut dies selbstbewusst und mit einem hochkarätigen Angebot an ausgewählten Werken der Modernen und zeitgenössischen Kunst. Teuerstes Werk der Abendauktion ist Richters Doppelporträt »Christiane und Kerstin«, entstanden 1968 in Schwarz-Weiß und mit den typischen Verwischungen des begehrten Malers (Taxe 600.000 bis 800.000 Euro). Kaum weniger hoch sind die Erwartungen für Richters ehemaligen Künstler-Buddy Sigmar Polke, dessen Stoffbild „Ohne Titel (Würfel)“ von 1985 irgendwie den Anschein eines gemalten Glücksversprechen hat und zwischen 500.000 und 700.000 Euro kosten soll. Vollends optimistisch – trotz des düsteren Hintergrunds – stimmen die leuchtenden„Sonnenblumen mit Fuchsschwanz“, die Emil Nolde 1937 malte. Hier liegt der Schätzpreis ebenfalls bei 500.000 bis 700.000 Euro.

Leben auf großem Fuß

Seine gute Laune über die Sinnesfreuden des menschlichen Daseins hat sich Picasso nie vermiesen lassen. Das zeigt auch eine Kreidezeichnung des Spätwerks, die in der Moderne-Auktion bei Karl & Faber am 16. Juli in München neben dem Gemälde „Intérieur jaune“ von Marc Chagall als Toplos ins Rennen geht. Beide Werke sind auf jeweils 250.000 Euro geschätzt. Das „Homme à l’agneau, mangeur de pastèque et flûtiste“ betitelte Blatt des Spaniers zeigt in flotten Strichen drei nackte Männer die der Mythologie entsprungen sein könnten: Neben einem Melonenesser und einem bärtigen Hirten mit Lamm über der Schulter ist ein junger Mann in sein Flötenspiel vertieft. Die Proportionen sind verzerrt, die Füße der Figuren erscheinen im Vergleich zu ihren Köpfen riesenhaft. Das hat einen direkten Effekt auf die Perspektive: Der Betrachter liegt ihnen – und Picasso – zu Füßen.

Ich bin eine Dose

Dem fernöstlichen Klischee des geduldig nach Perfektion strebenden Künstlers schien der Japaner Kyohei Fujita (1921–2004) vorbildlich zu entsprechen: Viel Zeit widmete er der immer weiteren Verfeinerung seiner verzierten Glasdosen. Eine solche um 1980 entstandene Deckeldose kommt in Heilbronn bei Dr. Fischer am 18. Juli in der Auktion mit europäischem Glas und Studioglas zum Aufruf. Ihre Ausmaße sind mit 15 Zentimeter Höhe beachtlich. Die Außenwandung wurde mit Gold- und Silberfolienaufschmelzungen verziert, und im Glas finden sich eingeschmolzene Farbpartien in Blau, Lila, Weiß und Rot. Eine vom Dekor ähnliche und noch etwas größere Dose von 1992 befindet sich heute in der Sammlung des Metropolitan Museum in New York. Schon deswegen ist die genannte Taxe von 5000 bis 6000 Euro kein Fantasiepreis.

 

Beste Aussichten

Nanu, wo ist Athen geblieben? Noch ganz unverbaut ist der „Blick auf die Akropolis“, wie ihn der Maler Johann Jakob Frey 1856 sah. Ist ihm zu trauen? Zumindest die stattlichen Dattelpalmen im Vordergrund säen Zweifel, assoziiert man diese Gewächse doch kaum mit dem knochentrockenen Klima Attikas. Wenn man über solche Petitessen hinwegschaut, ist Freys hochromantisches Landschaftsgemälde einfach der Hingucker in der Auktion mit Alter Kunst bei Neumeister am 15. Juli in München. Geschätzt wird das Bild auf 20.000 Euro. Als Idylle angelegt ist ebenfalls das Ölbild „München – Praterinsel mit Isarbett“ von Johann Georg von Dillis’ (1759–1842), das für seine Entstehungszeit erstaunlich skizzenhaft wirkt: Von der Stadt ist kaum etwas zu sehen, ein paar leicht bekleidete Menschenschemen waten durch den munter dahinplätschernden Fluss (Taxe 6000 Euro).

Es kommt auf die Perspektive an

Einmal den Lauf der Zeit von oben herab betrachten: Als Highlight der Sommerauktion am 14. Juli im Auktionshaus Ursula Nusser in München wird diesmal zum Rufpreis von 3000 Euro eine Horizontaluhr aus dem 17. Jahrhundert angeboten, die mit der Gravur „Michael Wolff Warschau“ versehen ist. Ihre Bezeichnung verdanken diese alten Tischuhren der Tatsache, dass bei ihnen das Zifferblatt horizontal angebracht ist, oft auf einem kassettenförmigen Gehäuse. In diesem Fall ist es sechseckig und aus Messing. Die befensterte Wandung ermöglicht den Blick auf das Uhrwerk. Ebenfalls eine Rarität ist eine Fayenceplatte aus der Renaissance. Gefertigt wurde sie im 16. Jahrhundert in Urbino, ihr Dekor zeigt eine typische Bemalung mit Grotesken. Der Bieterwettkampf beginnt auch hier bei 3000 Euro.

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